Ein großer Betrugsfall erschüttert einmal mehr den Markt für antike Kunst, wieder einmal geht es um die millionenschweren Werke des alten Ägypten. Dabei bietet der Markt durchaus Besonderes zu bezahlbaren Preisen, vor allem Objekte aus Glas oder Keramik
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30.03.2023
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Erschienen in
Kunst und Auktionen Nr. 3/23
Es ist zum Verzweifeln! Während Auktionen mit alter bis zeitgenössischer Kunst im vergangenen Jahr mit Rekordumsätzen und neuen Künstlerrekorden für positive Schlagzeilen sorgten, wurden die Meldungen über den Handel mit antiker Kunst einmal mehr von einem Skandal überschattet. Kein geringerer als Jean-Luc Martinez, der ehemalige Direktor des Pariser Louvre, steht seit Mai letzten Jahres unter Verdacht, an einem Kunstbetrug in Millionenhöhe beteiligt zu sein. Er soll geraubte und gefälschte Kunst aus dem Alten Ägypten im Wert von über 50 Millionen Euro an den Louvre Abu Dhabi vermittelt haben. Die Anklage lautet auf Beihilfe zum Betrug und zur Geldwäsche; involviert sein sollen Diebesbanden, korrupte Experten und sogar renommierte Galerien, Auktionshäuser und Museen. Martinez weist die Anschuldigungen zurück, doch die Anklage wird aufrechterhalten und wie auch immer der Fall ausgeht – der Schaden für die gesamte Branche ist enorm.
Die Kunst des Alten Ägypten fasziniert die Menschheit seit Jahrtausenden und so überrascht es nicht, dass sich nicht nur der Louvre Abu Dhabi damit schmücken will. Auch die Nachfrage auf Auktionen ist nach wie vor sehr hoch. Ausnahmestücke erzielen regelmäßig sechs- und siebenstellige Preise und werden von den großen Häusern auch gerne außerhalb reiner Antikenauktionen angeboten. So versteigerte Christie’s in einem „Exceptional Sale“ im Juli 2022 eine Skulptur aus dem Alten Reich, die einst Georg III. gehörte. Die 65 Zentimeter große Kalkstein-Gruppe von Mehernefer und seinem Sohn aus der Zeit zwischen 2400 und 2300 v. Chr. wurde dem König von Großbritannien als Geschenk von Sir James Porter überreicht, als dieser von 1746 bis 1761 Botschafter in Konstantinopel war. Herausragende Provenienzen haben natürlich ihren Preis, in diesem Fall 5 Millionen Pfund, die – eventuell dank der durch Christie’s abgegebenen Garantie – auch erzielt wurden.
Herausragend war auch die Bronzeplastik einer Katze, die am 12. April bei Christie’s New York zum Aufruf kam. Weniger aufgrund ihrer Provenienz als vielmehr wegen ihrer stattlichen Größe von fast 40 Zentimetern. Da viele Tiere und insbesondere Katzen im Alten Ägypten eine bedeutende Rolle spielten und als heilig galten, wurden sie oft bildlich dargestellt. Hockende Katzen aus Bronze tauchen in verschiedenen Größen und Qualitäten auf. Meist sind sie nur ein paar Zentimeter groß, doch das Exemplar aus der ptolemäischen Zeit (332 – 30 v. Chr.) bei Christie’s war lebensgroß und dazu noch besonders realistisch modelliert. Das trug dazu bei, dass der hohe Schätzpreis von 700.000 Dollar mit dem Zuschlag bei 880.000 Dollar sogar noch gesteigert werden konnte.
Auch bei Gorny & Mosch in München wurden mit ägyptischen Bronzen sehr gute Ergebnisse erzielt. Eine gut 30 Zentimeter große Statuette der schreitenden Göttin Neith (Spätzeit bis ptolemäische Zeit, ca. 664 – 30 v. Chr.) wurde von 9000 auf 19.000 Euro gehoben, eine über 20 Zentimeter große Figur des löwenköpfigen Horus von Pe aus der 25. / 26. Dynastie (8. – 4. Jh. v. Chr.) wechselte bei 40.000 Euro den Besitzer (Taxe 50.000 Euro).
Löwenköpfig wurde auch Sekhmet, die Göttin des Krieges, dargestellt. Ihr nur fragmentarisch erhaltener Kopf aus Granit sorgte am 17. März bei Sotheby’s in Paris für einige Überraschung, als die Kollektion von André Mourgues, dem Partner des Balletttänzers, Kunstsammlers und Galeristen Alexander Iolas (1907 – 1987), versteigert wurde. Die Sammlung war ein Musterbeispiel für die gelungene Kombination aus moderner und antiker Kunst.
Werke von René Magritte und Max Ernst erzielten ebenso Höchstpreise wie römische Marmorskulpturen, griechische Vasen und der erwähnte Granitkopf aus der 18. Dynastie (ca. 1390 – 1353 v. Chr.), der aufgrund des fragmentarischen Zustands mit einer Schätzung von lediglich 15.000 Euro ins Rennen gegangen war, am Ende jedoch 400.000 Euro brachte.
Die Idee, antike und moderne Kunst zu kombinieren, ist nicht neu. Sotheby’s ging im Januar jedoch noch einen Schritt weiter, als unter dem Titel „The One“ ein neues Auktionskonzept vorgestellt wurde, in dem eine Mischung aus antiken Artefakten und modernen Erinnerungsstücken präsentiert wurde. Das ambitionierte Auktionsexperiment behauptete, „eine beispiellose Auswahl der besten Produkte menschlicher Errungenschaften“ zu bündeln. So fand sich unter den 20 Losen ein Trikot der Miami Heat, das der Basketballer Lebron James bei den NBA-Finals 2013 trug (Zuschlag 3 Millionen Dollar) neben einer japanischen Rüstung des 19. Jahrhunderts (Zuschlag 120.000 Dollar), ein mittelalterlicher Apostelkopf aus Sandstein (Zuschlag 580.000 Dollar) neben einem eleganten Kleid, das einst Prinzessin Diana getragen hatte (Zuschlag 480.000 Dollar). Das archäologische Highlight war eine bronzezeitliche Scheibe aus Dänemark, die aus dem Nachlass des Sammlers Robin Bradley Martin stammte. Das äußerst kunstvoll mit Spiralen gravierte Artefakt wurde vor etwa 3500 Jahren vermutlich von adligen Frauen entweder als Schmuck um den Hals oder als Gürtel um die Taille getragen. Nun erzielte es mit dem Zuschlag bei 650.000 Dollar mehr als das Dreifache der Schätzung. Interessant war die Tatsache, dass der Käufer der japanischen Rüstung auch bei einem Trikot der Los Angeles Lakers (Zuschlag 180.000 Dollar) und bei einem Rokokotisch von 1730 (Zuschlag 175.000 Dollar) Höchstbietender war und die Strategie von Sotheby’s, mit „The One“ den eklektischen Crossover-Sammler zu locken, voll aufzugehen schien.