Porträtmalereien der Künstlerin Lotte Laserstein kommen bei Stahl in Hamburg zum Aufruf. Hauptwerk der Auktion ist das Bildnis von Lasersteins Mutter, die später im Holocaust ermordet wurde
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20.02.2024
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Erschienen in
Kunst und Auktionen Nr. 2
Lotte Laserstein (1898 – 1993) ist eine Ausnahmekünstlerin, die erst in den vergangenen Jahren wiederentdeckt wurde. Die jüdische Malerin, die in den Dreißigerjahren aus Deutschland nach Schweden emigrierte, war eine der ersten Frauen, die eine Kunstakademie besuchten. Laserstein wurde schon früh künstlerisch geprägt: Bereits mit 11 Jahren erhielt sie von ihrer Tante, der Malerin Elsa Birnbaum, die eine private Malschule leitete, Zeichenunterricht.
Sie wolle „einmal malen können wie Leibl“, sagte sie selbst. In einem gefühlvollen Porträt ihrer Mutter Meta Laserstein aus dem Jahr 1921, das das Auktionshaus Stahl in seiner kommenden Auktion für norddeutsche Kunst versteigert, kommt sie diesem Vorhaben sehr nahe: Das gedeckte Kolorit und die blockhaften Farbflächen erinnern an Werke des Realisten Wilhelm Leibl. Ihr Lehrer Leo von König vermittelte ihr, dass Gesicht und Hände die aussagestärksten Teile des Porträts sind. Im Bildnis der Mutter wird das deutlich an dem klaren Gesicht mit hellen Haaren und den gefalteten Händen vor schwarzem Kleid. Im Hintergrund stellt Laserstein die Stadt mit expressionistisch wuchtigen fensterlosen Häusern und einem kahlen Baum dar. Die Mutter ist im Mittelpunkt und scheint trotz der Düsternis um sie herum zu leuchten. Im Œuvre von Lotte Laserstein nimmt das Bild eine Sonderstellung ein, es findet sich kein vergleichbares Werk. Zudem zeigt es die enge Beziehung der Malerin zu ihrer Mutter, die nach dem frühen Tod des Vaters ihre zwei Töchter allein großzog und diesen, genau wie auch ihre Schwester Elsa Birnbaum, ein eigenständiges Leben vorlebte.
Vielleicht lernte Lotte Laserstein auch von ihrer Mutter, ihre Werke so gut zu vermarkten: Nach dem Besuch der Hochschule für die Bildenden Künste in Berlin, eröffnete sie in ihrem eigenen Atelier die „Zeichen und Malschule Lotte Laserstein“. Damit trat sie in die Fußstapfen ihrer Tante Elsa Birnbaum. Um bekannter zu werden veröffentlichte sie ihre Arbeiten aber auch in Zeitschriften, nahm jede Gelegenheit wahr, um an Ausstellungen teilzunehmen und beteiligte sich an Wettbewerben, z.B. für das Werbungsmotiv einer Kosmetikfirma. Das sorgte dafür, dass sie von ihrer Kunst leben konnte.
Die frühe Darstellung der Mutter ruft Stahl bei 50.000 Euro auf. Hier ist vermutlich noch Luft nach oben. Im Dezember 2022 erzielte ein Frauenporträt Lasersteins bei Bukowskis in Stockholm umgerechnet etwa 174.000 Euro. Die Provenienz des Werks ist lückenlos: Es wurde direkt aus dem Erbe der Künstlerin an den Einlieferer verkauft.
Daneben hat das Haus vier weitere Werke von Lotte Laserstein aus der Sammlung im Angebot, darunter noch ein weiteres Porträt ihrer Mutter Meta vor grünem Hintergrund aus dem Jahr 1939 und das Pastell „Käthe, die Schwester der Künstlerin mit Zigarette“ von 1961, jeweils taxiert auf 8000 Euro. Das Bild der Schwester, die den Betrachter frontal anblickt, entstand wenige Jahre vor ihrem Tod. Lotte Laserstein gelang es nicht, ihre Mutter und ihre Schwester ins Exil nach Schweden nachzuholen. Käthe versteckte sich in Berlin und folgte ihr erst 1946. Die Mutter überlebte nicht: Meta Laserstein wurde 1943 im KZ Ravensbrück ermordet.
STAHL, Hamburg,
Auktion: 24. Februar
Besichtigung: 19 bis 22. Februar