Nach dem 20-Millionen-Rekord vor zwei Jahren ruft das Berliner Auktionshaus Grisebach diesen Winter wieder ein bedeutendes Gemälde von Max Beckmann auf. Es zeigt es seine Frau Quappi am Strand
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26.11.2024
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Erschienen in
Kunst und Auktionen 19/24
Am 28. November kommen Grisebach in Berlin wieder ausgewählte Werke unter den Hammer. Allein vier Positionen sind Max Beckmann gewidmet. Die früheste vertretene Arbeit ist die aquarellierte Tuschezeichnung „Strandansicht von der Terrasse aus gesehen“ von 1935. In dieser Zeit reiste der Maler gern ans Meer; zu seinen bevorzugten Urlaubszielen gehörte damals das niederländische Seebad Zandvoort. Möglicherweise ist auch diese improvisiert wirkende Zeichnung dort entstanden, für die man mit 120.000 Euro rechnet. Ein Jahr später fertigte Beckmann eines seiner zahlreichen Selbstbildnisse als Skulptur. Bei dem schwarz patinierten Guss von 1968 handelt es sich um einen von sechs posthumen Güssen aus der Gießerei Roman Bronze Works INC in New York. Der Preisvorschlag liegt bei einer runden Viertelmillion.
Den Höhepunkt des Abends und vielleicht sogar der gesamten Auktionssaison in Deutschland verspricht ein Hauptwerk aus Beckmanns niederländischen Exiljahren, die zur fruchtbarsten Phase seines Schaffens zählen. Es entstand 1938, ein Jahr nachdem er in Deutschland als „entarteter“ Künstler eingestuft und daraufhin mit seiner Frau Quappi nach Amsterdam geflüchtet war. Die deutsche Besetzung der Niederlande und die damit verbundene Bedrohung war noch fern, und so genoss das Ehepaar trotz prekärer finanzieller Lage noch eine vergleichsweise unbeschwerte Zeit. Das jedenfalls suggeriert die Strandszene „Quappi mit grünem Sonnenschirm“, in der der Maler seine junge Frau nahezu bildfüllend in anmutiger Pose auf einem Liegestuhl festhielt.
Auch dieses Bildnis entstand wie seine anderen Porträtarbeiten wohl nicht vor dem lebenden Modell, sondern aus der Erinnerung, da der Künstler so über oberflächlichen Ähnlichkeitsanspruch hinaus zum Inneren seines Gegenübers vorzudringen hoffte. Der Katalog zählt es zu seinen bedeutendsten weiblichen Bildnissen, was natürlich zu den höchsten Erwartungen berechtigt, nämlich runden 4 Millionen Euro. Nur ein Viertel dessen soll nach Vorstellung der Berliner das „Stillleben mit Orchideen und Birnen“ kosten, das Beckmann 1946 in Amsterdam als Geschenk für seine Frau anfertigte. Wer die Ikonografie des Arrangements genauer „lesen“ möchte, findet im erläuternden Katalogtext sicherlich hilfreiche Hinweise; dort wird auch die Aufhellung der Palette mit dem Wegfall der existenziellen Bedrohung durch seine mittlerweile besiegten Landsleute erklärt. Sie könnte freilich auch einen banaleren Grund haben, denn seine Frau erwähnte wenig später, dass im Bild „meine Lieblingsfarben Jadegrün und Rosa“ aufgeführt seien.
Übrigens: Die Vorbesichtigung läuft noch bis zum 27. November in der Fasanenstraße in Berlin.