Seit zwei Jahren leitet Séamus Kealy den Salzburger Kunstverein. Der Kanadier setzt mit Filmkunst einen neuen Schwerpunkt im Programm des Hauses
Von
26.08.2016
Wenn Séamus Kealy Richtung Mönchsberg schaut, sieht er das Haus der Kollegin: Sabine Breitwieser thront als Direktorin des Museums der Moderne über der Stadt. Kealy, Chef des Salzburger Kunstvereins, sitzt unten an der Salzach im strahlend roten Künstlerhaus. Seine Institution belegt den zentralen Saal des Gebäudes aus Gründerzeiten. Das teilt er sich mit kulturellen Initiativen wie dem Netzwerk für Theater- und Kunstprojekte oder dem Ensemble für Neue Musik. Und mit dem Café Cult. Séamus Kealy mag diesen Mix. So kommt nicht bloß sein Publikum durch die große Eingangstür. Sondern jeder, der hier zu tun hat, durchquert das Künstlerhaus – und kann kurz entschlossen die laufende Ausstellung sehen.
Wer dies bei Stan Douglas versäumt hat, dem ist wirklich etwas entgangen. Im dunklen Ausstellungssaal war bis Anfang Juli die Videoinstallation „The Secret Agent“ des kanadischen Künstlers aufgebaut: eine raffiniert verschachtelte Geschichte um Terroristen und Spione, die auf dem 1907 erschienenen Roman „Der Geheimagent“ von Joseph Conrad basiert. Geblieben ist die Malerei von Carsten Fock. Der in München lebende Maler hat seine leuchtend farbigen Landschaften und abstrakten Zeichnungen direkt auf die Wände rund um die Haupthalle gebracht – wirklich für jeden sichtbar, der das Haus betritt. Kealy schätzt den Künstler und hat ihn eingeladen, war dann aber während Focks Vor-Ort-Arbeit unterwegs. Obwohl er kein Auto besitzt, weil die Stadt perfekt für sein Fahrrad ist, und obwohl der gebürtige Kanadier sich in Salzburg mit seiner Familie längst heimisch fühlt und sich sein Englisch mit immer mehr Hochdeutsch durchsetzt – das Rei- sen lässt sich nicht vermeiden: Kealy muss international vernetzt sein und wichtige Ausstellungen sehen, um informiert zu bleiben. Schließlich werden von ihm auch neue Impulse für Salzburg erwartet.
Manche hat er schon gesetzt. Eines der beiden Förderateliers im Haus wurde zuletzt an ein junges Künstlerkollektiv vergeben. Zusammen mit einem zweiten Stipendium soll es Salzburg langfristig „zu einem Anziehungspunkt für zeitgenössische Künstler machen“. Für die Stadt sei dies „very important“. Ähnlich mischte er zuvor sechs Jahre lang „The Model“ in Sligo auf – das wichtigste Haus für zeitgenössische Kunst an der irischen Westküste mit Ausstrahlung bis nach Dublin. Kealy hat es in jeder Hinsicht groß gemacht; auch weil er neun Künstlerateliers einrichten konnte. Schon in Irland war ihm das Thema Kino mit seinen Schnittpunkten zur Kunst wichtig. In der Sommerausstellung „The People’s Cinema“ kommt es nach Douglas’ Arbeit gleich wieder: Kealy hat rund 50 Protagonisten der Kunstszene gebeten, maßgebliche Filmszenen auszuwählen – vom Home-Video bis zum Hitchcock-Klassiker. Dass er als Kurator hinter das Konzept zurücktritt: kein Problem. Dem 44-Jährigen gefällt es, im Kollektiv konstruktiv zu sein. Sein Haus, das er vor zwei Jahren übernommen hat und das kleiner ist als die irische Institution, empfindet er als „Organismus“. Die Stadt erscheint ihm pittoresk, aber Kealy ist „tief beeindruckt von dem Respekt, den die Österreicher der Kunst entgegenbringen“. Er gibt gern zurück.
Andrew Phelps