Der Künstler Joe Ramirez inszeniert an fünf Wochenenden im August seine meditative Lichtinstallation The Gold Projections im Berliner Pierre Boulez Saal
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09.08.2019
Stille ist der neue Punk. Dieser Gedanke beschleicht den Betrachter, wenn er sich im August im Berliner Pierre Boulez Saal auf den eigens gedämpften Fußboden setzt, um abwechselnd auf zwei goldbemalte Scheiben zu blicken, auf die der Künstler Joe Ramirez seine hochauflösenden Traumbilder projiziert. Wir sehen die Lyrikerin und einstige Punk-Heldin Patti Smith, die im Wasser stehend und in meditativer Langsamkeit einen Erdball anhebt. Einen Mann, der in Anlehung an Caspar David Friedrichs „Wanderer über dem Nebelmeer“ eine wüste Landschaft überblickt und sie durchkreuzt, während sie sich verwandelt. Einen gold schimmernden nackten Rücken, dessen zarte, ruhige Bewegungen mal den Körper erkennen lassen, mal diesen zu einer an Landschaften erinnernden Fläche transformiert.
Der 1958 in San Francisco geborene Joe Ramirez ist gelernter Freskenmaler. Er projiziert seine Arbeiten auf von ihm in Handarbeit hergestellte und in traditioneller Technik vergoldete Holzscheiben. Neben den alten Meistern wie Giotto, El Greco und Goya zählt er auch den englischen Maler John Singer Sargent zu seinen Einflüssen, ebenso wie den russischen Filmemacher Andrei Tarkowski, der ihm, so Ramirez, „eine Sprache eröffnet hat“. Die Dreharbeiten zu „Vermilion“, eines der beiden Werke, die im Boulezsaal gezeigt werden, fanden in Südspanien statt, in einem Licht, das, so der Künstler, schon Francisco de Goya inspiriert habe.
Die Idee, den von Frank Gehry entworfenen Konzertsaal der Barenboim-Said-Akademie, der seit seiner Eröffnung im März 2017 das Berliner Kulturleben mit exquisiter Kammermusik bereichert, von einem Raum für Musik in einen Raum der Stille zu verwandeln, hat auch den Intendanten Ole Bækhøj begeistert. Der Boulezsaal ist für seine hervorragende Akustik bekannt, doch wenn er tagsüber den leeren Saal betrete, beeindrucke ihn auch stets die Lautlosigkeit an diesem Ort. Um diese auch während der „Gold Projections“ zu gewähren, die ganz ohne Musik auskommen und ihr Schweigen nur durch vereinzelte Texteinsprechungen unterbrechen, wurde extra ein neuer Boden eingezogen, der wenig Sound reflektiert, und für die Handys der Besucher gibt es versiegelte Beutel. „Stille ist für Musik das, was Dunkelheit für die Gold Projections ist“, erklärt Ramirez. Die Lücke, das Innehalten, der Raum dazwischen, in dem eine neue Erfahrung möglich ist.
Pierre Boulez Saal, Berlin
2. bis 31. August
geöffnet freitags und samstags von Sonnenuntergang bis 1 Uhr nachts