Ausstellungen

Mit Schwarzlot, Eisenrot und Kobaltblau

Düsseldorf erzählt von der Kunstfertigkeit und Kunst der Hausmaler des fränkischen Barock

Von Peter Dittmar
25.09.2019

Einen „Aufbruch zu neuen Malgründen“ verspricht das Hetjens Museum in Düsseldorf. Damit ist nicht die Entdeckung einer neuen Avantgarde gemeint. Es geht um einen Blick zurück auf ein reizvolles Kapitel der Glas- und Keramikgeschichte, um die Hausmaler des fränkischen Barock, die in den Jahrzehnten zwischen 1660 und 1730 vor allem in Nürnberg eigenwillige Akzente bei der Dekoration von Fayencen und Gläsern setzten.

Kunstzentrum Nürnberg

Die Stadt hatte den Dreißigjährigen Krieg verhältnismäßig glimpflich überstanden. Und mit dem Nürnberger Friedensmahl von 1649, mit dem die Nachverhandlungen der Übereinkünfte von Münster und Osnabrück besiegelt wurden, konnte sich die Reichsstadt noch einmal prunkvoll präsentieren. Die Bedeutung als wichtiges Handelszentrum schwand jedoch. Nicht zuletzt, weil die tonangebenden Patrizierfamilien die traditionellen Strukturen ihrer Herrschaft, die den für den Wohlstand der Stadt wichtigen Handwerkern allenfalls periphere Rechte beim Stadtregiment zubilligten, nicht den sich verändernden wirtschaftlichen Verhältnissen anzupassen vermochten. Trotzdem hatten die Künste in der Nach-Dürer-Zeit hier weiterhin ein Refugium. Immerhin gründete Jakob von Sandrart 1662 in Nürnberg die erste – noch private – Deutsche Akademie, die ein Jahrzehnt später durch seinen Onkel Joachim von Sandrart, dem Autor der Teutschen Academie der Edlen Bau, Bild- und Mahlerey-Künste, besondere Bedeutung gewann und – 1699 zur reichsstädtischen Akademie umgewidmet – bis heute besteht.

Der Beruf des Hausmalers

Zwar kannte die Stadt keinen Zunftzwang. Aber das Rugamt regulierte streng die Anerkennung von Meistern und die Ausübung der Berufe. So billigte sie dem aus Hamburg zugezogenen Johann Schaper, der als der erste der Nürnberger Hausmaler gilt, zwar 1658 das Meisterrecht als Glaser zu, gestattete ihm jedoch einen Lehrling nur als Glasmaler. Die Hausmaler waren Handwerker-Künstler, die allein oder im Familienverbund arbeiteten.

Große Werkstätten – wie die Cranach’sche Bilderfabrik – gab es nicht. Zum einen hatten sie – wie Schaper, Abraham Helmhack, Herman Benckert oder Johann Ludwig Faber – als Glasmaler gelernt, Kirchenfenster oder Wappenscheiben zu dekorieren. Diese Gruppe bevorzugte die Camaïeu-Malerei mit Scharffeuerfarben, vorwiegend mit Schwarzlot, aber auch mit Eisenrot und Kobaltblau. Zum anderen waren es Goldschmiede wie Wolfgang Rössler oder M. Schmid, die sich mit Email auskannten und die deshalb auf das größere Spektrum der Schmelz- oder Muffelfarben zurückgriffen, obwohl diese Aufglasurmalerei nicht die Festigkeit der Unterglasurfarben hatte. Die Rohware kauften die Hausmaler auf eigene Rechnung von Glashütten im Fichtelgebirge und von Fayence-Manufakturen – anfangs Delft, dann Hanau und seit 1712 auch Nürnberg.

Repräsentative Einzelstücke

Die Bemalung erfolgte in aller Regel im Auftrag von Adligen und wohlhabenden Bürgern. Das verraten Familienwappen wie Porträts mit Widmungen und den Namen der Abgebildeten auf Gläsern, Tellern und Krügen. Davon erzählt die Ausstellung, die sich neben den Beständen des Hetjens Museums und der Glassammlung des Kunstpalastes auf die Email-Gläser der Sammlung Schick und die Fayencen der Sammlung Neuner stützt. Stets sind es Einzelstücke – zur Repräsentation wie zum festlichen Gebrauch. Sie dienten, wie die großen Gläser mit Zunftzeichen zu erkennen geben – einer Brezel für die Bäcker oder Weberschiffchen für die Weber –, als „Willkomm“ bei zünftigen Treffen. Wohingegen die aufwendigen Reichsadler- oder Kurfürstenhumpen mit den Wappen der Herrschaften oder den Insignien des Reiches den Wohlstand eines Hauses sichtbar machen sollten. Diese prächtigen Email-Gläser sind zugleich Beispiele avant la lettre, denn sie entstanden bereits in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhundert, also vor der Hauptzeit der Hausmaler. 

Grafische Blätter als Motivvorlagen

Bürgerlich geben sich dagegen die Krüge und Becher mit Landschaften, biblischen Themen, Jagd- und Alltagsszenen, die sich keinem Auftraggeber zuordnen lassen. Beliebt waren auch moralisierende Sprüche. „Halts Mahs und Ziel / Trink nicht so viel“, mahnt da ein Glas einen Mann. Und ein anderes mit einer Dame und zwei Handwerkern warnt: „Einen Lieben und nicht mehr, daß ist denn Jungfern ein Ehr“. Die Bildthemen kopierten oder kompilierten die Hausmaler gewöhnlich von grafischen Blättern. Das belegt unter anderem ein Holzschnitt von Jost de Negker, der wiederum auf Hans Burgkmair zurückgeht, neben dem Reichsadlerhumpen, auf den dieses Motiv – nun farbig – übertragen wurde. 

Auch Goltzius und Merian hat man gern genutzt. Und drei Enghalskrüge zeigen „Hagar und Ismael in der Wüste“, offensichtlich nach derselben Vorlage gemalt: Ende des 17. Jahrhunderts von Faber, Anfang des 18. Jahrhunderts von Helmhack und schließlich 1740 / 50 als Ausklang der Hausmaler-Zeit von der Werkstatt Kordenbusch. Denn ein von Schaper signierter und 1660 datierter Deckelbecher gilt als Inkunabel der Hausmaler-Kunst. Und den Abgesang markieren in Düsseldorf unter anderem zwei Walzenkrüge mit Allegorien des Krieges und des Friedens, die um 1730 entstanden.

Obwohl fortan eher Gläser mit Schnittdekor und zierlich bemalte Porzellane aus den Manufakturen als à la mode galten, darf dieser Nebenweg eines Gewerbes zwischen Luxus und Nützlichkeit nicht unterschätzt werden. Das belegt nicht zuletzt die Meissner Anordnung, keine weißen Porzellane an Hausmaler zu verkaufen, um dieser Konkurrenz nicht förderlich zu sein. Und das wird im Hetjens Museum anschaulich, wo – thematisch geordnet – mehr als 80 Beispiele die Kunstfertigkeit und die Kunst der Hausmaler bezeugen.

Service

Ausstellung

„Aufbruch zu neuen Malgründen – Malerei des fränkischen Barock auf Glas und Glasur“

Hetjens Museum, Düsseldorf
bis 27. Oktober

www.duesseldorf.de/hetjens

Dieser Beitrag erschien in

KUNST UND AUKTIONEN NR. 15/2019

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