Zum 250. Geburtstag Ludwig van Beethovens im Dezember 2020 beginnen schon jetzt die Festivitäten. Ganz vorn mit dabei seine Geburtsstadt Bonn
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13.01.2020
Was für Bayreuth Wagner und für Salzburg Mozart ist, das ist für Bonn Ludwig van Beethoven. Hier wurde er vor 250 Jahren, am 17. Dezember 1770, geboren. Das ist gewiss eines Festjahres wert. Und damit dieses wirklich ein Jahr währt, beginnen die Bonner Feierlichkeiten bereits am 16. Dezember, einen Tag vor seinem 249. Geburtstag – mit einem Eröffnungskonzert und allerhand Reden. Das Finale bestreiten dann, ein Jahr und einen Tag später, am 17. Dezember 2020, der Bundespräsident als Schirmherr und Daniel Barenboim mit dem West-Eastern Divan Orchestra. Natürlich mit der „9. Sinfonie“. In den zwölf Monaten dazwischen ist Beethoven omnipräsent. Akustisch. Und optisch.
Schon jetzt begegnet man allenthalben den Buchstaben BTHVN, jenem „Beethoven“ ohne Vokale, als Markenzeichen. Das sei, meint das Stadtmarketing, eindeutig und darum weltweit zu verstehen. Aber mit dem Denkmal auf dem Münsterplatz, das 1845 zu seinem 75. Geburtstag enthüllt wurde, kann dieses Logo gewiss nicht konkurrieren. Und mit den meisten Standbildern und Porträtköpfen, die über die Stadt verteilt sind, wohl auch nicht. Dazu gehören unter anderem die Büste von Emile-Antoine Bourdelle in der Beethovenhalle oder der ein wenig missmutig dreinschauende sitzende Beethoven von Peter Christian Breuer, der ursprünglich für Berlin gedacht war, aber schließlich in der Rheinaue endete. Oder als jüngste Zugabe die Variante von Markus Lüpertz im Stadtgarten. Ihnen begegnet man bei dem Beethovenrundgang mit seinen elf Stationen in der Stadt und – für die Unermüdlichen – weiteren elf im Umland links- und rechtsrheinisch. Die Navigation kann man aufs Handy laden und ablaufen, um dann am jeweiligen Standort von einer Stele zu erfahren, was es mit diesem speziellen Genius Loci Beethovens auf sich habe.
Bei der Remigiuskirche ist das sehr anschaulich, weil hier der junge Beethoven das Orgelspiel lernte, und weil hier, nachdem die ursprüngliche Taufkapelle abgebrannt war, sein Taufstein eine neue Bleibe fand. Bei dem Wirtshaus Zehrgarten, wo er seinen Abschied vor der Reise nach Wien gab, oder dem Breuningschen Haus, das ihm ein zweites Zuhause war, ist mehr Fantasie vonnöten, da sie längst verschwunden und darum lediglich eine Markierung auf dem Stadtplan sind.
Der Ausgangspunkt aller Beethoven-Erkundungen mitten in der Stadt ist das Geburtshaus in der Bonngasse 20, inzwischen ein beliebtes Selfie-Motiv für Touristen. Das Haus besitzt die wohl umfangreichste Sammlung von Autografen und Archivalien. Zu ihr kamen jüngst ein Brief Beethovens an seinen Jugendfreund Heinrich von Struve und das Original des Liedes „Ruf vom Berge“, die – das ist der berühmte Sohn seiner Geburtsstadt wert – vor einem Jahr für 110 500 und für 195 000 Euro in Paris ersteigert werden konnten. Zu den vielerlei Erinnerungsstücken, weniger aus Beethovens Besitz als aus seiner Zeit, gehört Joseph Karl Stielers berühmtes Porträt, das den Meister mit zerzaustem Haar und dem Manuskript der „Missa solemnis“ in der Hand zeigt. Die Geschichte dieses Porträts erzählt eine der Ausstellungen zum Jubiläumsjahr. Sie ergänzt den weit ausgreifenden Bilderbogen „Beethoven. Welt. Bürger. Musik“ in der Bundeskunsthalle, der mit Originalobjekten, zeitgenössischen Dokumenten und Kunstwerken der Wirkung zu Lebzeiten und darüber hinaus nachgeht. Beide Ausstellungen sind bis zum 26. April zu sehen.
Die anderen Bonner Häuser neigen in den kommenden Monaten eher zu Themen, die von Beethoven inspiriert wurden. So hat das August-Macke-Haus mit „Traum & Mythos – Orpheus in der modernen Kunst“ (bis 16. Februar) eine einfallsreiche Hommage an den antiken Sänger zusammengetragen, dessen Sage den zweiten Satz des 4. Klavierkonzertes angeregt haben soll. Im Frauenmuseum wird unter dem Titel „Beethoven und die Frage nach den Frauen“ (2. Februar bis 8. November 2020) an seine Freundinnen und Förderinnen erinnert – mit Annäherungen von 15 zeitgenössischen Künstlerinnen. Der Bonner Kunstverein gewann Jeremy Deller für eine Videoarbeit mit dem Beethoven-Orchester, im Kunstmuseum soll „Sound and Silence“ auf den „Klang der Stille in der Kunst der Gegenwart“ einstimmen (18. Juni bis 1. November). Und das Haus der Geschichte will mit „Hits & Hymnen“ dem „Klang der Zeitgeschichte“ von der Militärmusik bis zu den Protestsongs in Ost- und Westdeutschland nachspüren, (von Juni 2020 bis Januar 2021). Damit Beethoven als Person nicht gänzlich aus dem Blick gerät, dokumentiert das Stadtmuseum im Arndt-Haus zuerst „Bonns goldenes Zeitalter – Die kurkölnische Residenzstadt zur Zeit Beethovens“ (vom 1. Mai bis 19. Juli 2020) und danach mit „Wirres Haar und rotes Halstuch – Beethovens Bild im Manga und Anime“ (7. Oktober bis 20. Dezember 2020).
Zusätzlich werden, ehe alles mit der Neunten ausklingt, die Ohren mit etlichen hochkarätigen Musikereignissen gefüttert. Und die Augen dürfen sich an der Souvenirschwemme vom Halstuch mit Noten bis zu Beethoven in Marzipan erfreuen. Oder auch nicht, wie im Falle des 99 Zentimeter großen, feixenden Plastik-Beethoven, den Otmar Hörl, mal in Gold, mal in Grün, als Kunstaktion siebenhundertfach im Frühjahr auf dem Münsterplatz aufstellen ließ. Und den inzwischen jedermann – für 700 Euro mit Hörls Autogramm – als gehobenen Gartenzwerg erwerben kann. Aber Beethoven übersteht auch das. Am schönsten zweifellos in einem Konzert in dem intimen Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses.