Jenseits der Baumgrenze gibt es weit mehr als Gletscher und Geröll. Vom Theaterturm auf dem Julierpass über Doug Aitkens Spiegelkabinett bei Gstaad bis zum Kirchner Museum Davos: Wir stellen die schönsten Kunstorte in den Schweizer Alpen vor
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07.02.2020
Bis zu seinem Freitod 1938 lebte Ernst Ludwig Kirchner in den Graubündner Alpen. Dort, wo viele seiner bekanntesten Bilder entstanden, erinnert heute das Kirchner Museum Davos an ihn: Die weltweit größte Sammlung seiner Werke zeigt nicht nur die Faszination des Expressionisten für die Berge und die Bewohner von Davos, sie umfasst Arbeiten aller Schaffensperioden, etwa auch der „Brücke“-Zeit.
Was aussieht wie eine Fotomontage, ist wohl das höchstgelegene Theater Europas. In 2300 Metern Höhe wurde es 2018 auf dem Julierpass im Kanton Graubünden errichtet. Der Julierturm wird ganzjährig bespielt und bietet 270 Zuschauern Platz. Bauherr war das Origen-Theaterfestival, das für Darbietungen an ungewöhnlichen Orten bekannt ist. Der 30 Meter hohe Turm ist aus Holz und trotzt aufgrund -seiner raffinierten Konstruktion Eis und Wind. Das Vergnügen ist nur temporär – im Jahr 2020 wird der Theaterdonner in dünner Luft verhallen.
Ein Hort der rätoromanischen Kultur ist das Patrizierhaus in Samedan nahe dem Nobelort St. Moritz. Seine Bibliothek bewahrt das erste Druckwerk der ladinischen Literatur, Giachem Bifruns „Nouv Testamaint“ von 1560. In die barocken Prachträume der Chesa Planta zieht jährlich im Februar die kleine, aber feine Messe Nomad. Gegenwartskunst und heutiges Collectible Design trifft dann auf die aristokratische Wohnkultur von einst.
Sieben Sommer verbrachte Friedrich Nietzsche in Sils Maria, es war seine produktivste Zeit. Heute bietet das dortige Nietzsche-Haus nicht nur Einblicke in sein wahnumwölktes Leben und Denken, es sind derzeit auch Werke von Jonathan Meese oder Gerhard Richter zu sehen. Und draußen warten die Engadiner Wanderwege. Denn der Rat des Philosophen war: „So wenig als möglich sitzen“.
Wanderer zwischen Schönried und Gstaad trauen ihren Augen nicht: Am Wegesrand erhebt sich ein rundum verspiegeltes Haus, das die Landschaft irritierend verdoppelt. Geschaffen hat es der Amerikaner Doug Aitken als Teil des Festivals Elevation 1049: Frequencies, das zeitgenössische Kunst im Berner Oberland präsentiert. Im Inneren der coolen Fata Morgana kann man übrigens rasten.
Sich auf einen Lieblingsort im Zuozer Hotel Castell zu einigen, ist gar nicht so einfach. Für die einen ist es James Turrells „Skyspace“ mit Blick
auf den Piz Uter, wo man nachts die Sterne beobachten kann. Von außen wirkt der Bau des Lichtkünstlers wie eine archaische Kapelle, innen fühlt man sich dem Himmel ganz nah. Andere treffen sich am liebsten im hauseigenen Kino, wo Filme von Fischli/Weiss laufen, oder in der Bar, die
Pipilotti Rist gemeinsam mit der Architektin Gabrielle Hächler eingerichtet hat.
Es ist ein Kunsthaus, das lebt und atmet. Viel traditionelles Handwerk kam zum Einsatz, und als der Platz in der alten Brauerei im Unterengadin nicht reichte, erschloss man Räume im Fels. Die polnische Sammlerin Grażyna Kulczyk zeigt im Muzeum Susch nicht nur fantastische Avantgarde-Werke aus ihrer Heimat, sondern betreibt mit internationalen Kuratoren ein reiches Kunstprogramm.