Ausstellungen

25 Jahre Sommerfestival Rohkunstbau

Das Sommerkunstfestival Rohkunstbau in der Mark Brandenburg feiert in diesem Jahr sein 25. Jubiläum. Dieses Wochenende ist die Eröffnung auf Schloss Lieberose

Von Christiane Meixner
25.06.2020

„Das hier sind wir“, sagt Arvid Boellert und zeigt auf einen kleinen Torwart am Eingang zum Sommerfestival Rohkunstbau. Das Pech des Spielers: Er ist der einzige in einem dunklen Shirt. Alle anderen Figuren des Tischkickers tragen helle Oberteile, und man ahnt, wie ein Turnier am Kunstwerk von Bjørn Melhus auf Schloss Lieberose ausgehen würde. Boellert, dem die Mark Brandenburg seit einem Vierteljahrhundert ihr einzigartiges Projekt Rohkunstbau verdankt, hat den Kampf trotzdem gewonnen.

 

Auf und ab für das Sommerfestival Rohkunstbau

Wenn auch mit einigen Blessuren. 2019 fiel die Veranstaltung, die eigentlich ihr Jubiläum hätte feiern wollen, aus finanziellen Gründen aus. Diesmal war sie erst sechs Wochen vor der Eröffnung wirklich gesichert – ein Zeitfenster, das dem Förderverein wie auch der diesjährigen Kuratorin Heike Fuhlbrügge Enormes abverlangte. Die Ausstellung mit lauter künstlerischen Veteranen, die mindestens einmal schon bei Rohkunstbau vertreten waren, macht es nicht weniger sehenswert, forderte aber doch an einigen Stellen Kompromisse. Sichtbar werden sie etwa im ehemaligen Kinosaal des Schlosses, das seit seiner Errichtung während der Renaissance diverse funktionale Änderungen erlebt hat. Diesmal steht mitten im Raum eine neongelbe Skulptur von Thomas Scheibitz. An früheren Standorten von Rohkunstbau wie Schloss Marquardt waren die Interventionen des renommierten Künstlers ein kraftvoller Akzent. Hier allerdings wirkt „Zwilling“ (2010) wie abgestellt und viel zu bescheiden für einen Ort, mit dessen ruinösem Charme nur echte Interventionen konkurrieren können.

Große Namen wie Alicja Kwade und Thomas Scheibitz

Wie das idealerweise aussieht, demonstrieren die Arbeiten von Christiane Möbus, Leiko Ikemura, Thomas Rentmeister, Gregor Hildebrandt, Michael Sailstorfer oder Via Lewandowsky. Keine davon ist eigens für Rohkunstbau entstanden, und doch fügt sich Lewandowskys Straßenlaterne, die quer auf dem Boden liegt und neben mattem Licht auch leisen, melancholischen Jazz verströmt, perfekt ins Ambiente. „Tenderness“ lautet das Thema der aktuellen Schau, und diese Zärtlichkeit kennt viele Gesichter. Sie spiegelt sich in den zu Ketten gereihten Knochen, die Möbus wie Schmuck an die schartigen Wände gehängt hat. Sie tritt hervor in den gemalten Liebeserklärungen an die Natur von José Noguero und den Mienen jener Kriminellen, die Julian Rosefeldt in seinem Film „Yor Are Not Alone“ (2015) antreten lässt – für einen Deal, in dem das virile Gehabe der Bewaffneten in einem unfreiwilligen Gruppentanz mündet. Sie zeigt sich ebenso in den profanen Baumschutzbügeln, deren Form Bettina Pousttchi so verändert hat, dass sie sich wie Paare umarmen. Und sicher in „Megasubstanz“ (2020) von Alicja Kwade, die Objekte aus Granit und Edelstahl wachsweich an der Wand herabsinken lässt. Vielleicht sogar bei Melhus‘ Kicker, dessen einsamem Torwart sich Arvid Boellert so verbunden fühlt. „You Are Not Alone“ (2013) hat der eigensinnige Künstler das Einer-gegen-alle-Mahnmal getauft. Boellert, der Rohkunstbau als Medizinstudent erfunden hat und bis heute gegen alle Widrigkeiten als praktizierender Arzt mit seinem Förderverein forttreibt, kann ruhig die Perspektive wechseln: Nach dieser Eröffnung führt er zweifellos das Team im weißen Shirt an.

Service

AUSSTELLUNG

„Rohkunstbau 25. The Jubilee Exhibition“, Schloss Lieberose, Schlosshof 3, Lieberose Spreewald, bis 20.9. Zutritt nur mit vorab gebuchtem Ticket über www.rohkunstbau.net (10/7 Euro)

Zur Startseite