Advertorial

Das Piranesi-Prinzip

Zum 300. Geburtstag des großen italienischen Meisters zeigt die Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin bedeutende Werke von Giovanni Battista Piranesi 

Von Staatliche Museen zu Berlin
15.10.2020

Giovanni Battista Piranesi (1720-1778) war ein universales Talent des 18. Jahrhunderts. Als Archäologe, Künstler, Architekt, Sammler, Designer, Verleger und Autor machte er international Karriere. Alles wurde für ihn zur Inspiration: die Künste ferner Epochen und Regionen, Bilder aus Wissenschaft, Technik und Oper, sogar Schmähungen und Niederlagen. Die Jubiläumsausstellung anlässlich des 300. Geburtstags lässt dieses „Piranesi-Prinzip“ in seiner ganzen Kreativität lebendig werden.

Die Ausstellung beginnt mit einer Zeitreise in Piranesis Rom: Während heutige Touristen die antiken Überreste in einer urbanen Umgebung bestaunen, erlebte der gebürtige Venezianer Rom als eine Stadt inmitten einer Ruinenlandschaft. Hier fand er die Motive für seine Veduten und betrieb archäologische Forschungen, deren Ergebnisse er in monumentalen Werken wie den „Antichità Romane“ (1756) publizierte. Hier fand er auch seine Kundschaft und sein Publikum: Künstler, Archäologen, Kunsthändler kamen aus aller Welt, um in der ‘ewigen Stadt‘ ihr Glück zu machen oder – wie Piranesi – selbst unsterblich zu werden.

Giovanni Battista Piranesi, Satirische Vignette gegen Bertrand Capmartin De Chaupy, o.J. © Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek / Dietmar Katz

Auf Piranesis Rom folgt in der Ausstellung „Piranesis Bühne“: Oper und Theater waren seit dem Barock ein einflussreiches Massenmedium, für welches Künstler und Architekten aufwändige Bühnenbilder und Dekorationen entwarfen. Mit innovativen Spezialeffekten revolutionierten sie die Sehgewohnheiten des Publikums. Piranesi, der bereits in Venedig mit dieser Szene in Berührung gekommen war, griff diese Ideen auf und nutzte sie für die Dramatisierung seine Kompositionen. Sowohl seine Veduten als auch die berühmten „Carceri“ verdanken ihre Magie ganz wesentlich dem Einfluss des Theaters seiner Zeit.

Auch die technische Bilderwelt der Wissenschaften übte eine immense Faszination auf Piranesi aus. Wie in einem Labor experimentierte er in seiner Werkstatt mit zukunftsweisenden Bildtechniken, um Wege zu finden, die Ergebnisse seiner archäologischen und kunstwissenschaftlichen Forschungen in die Gelehrtenwelt und die Öffentlichkeit zu kommunizieren. In der Sektion „Piranesis Labor“ richtet die Ausstellung den Blick auf die monumentalen Schautafeln, Rekonstruktionen und Karten, die ihn in den Wissenschaften weit über Italien hinaus berühmt machten: 1757 wurde er Mitglied der „Society of Antiquaries“ in London, 1761 Ehrenmitglied der „Accademia di San Luca“ in Rom.

Rom aus der Vogelschau von Norden, um 1760-1770. © Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek / Dietmar Katz

Das Kapitel „Piranesis Palazzo“ führt das Publikum in den Palazzo Tomati unweit der Spanischen Treppe wo Piranesi seit 1761 residierte, eine große Werkstatt betrieb und sein „Museo“ (ein Verkaufslager antiker und eigenfabrizierter Objekte) öffentlich zugänglich machte. Die in der Kunstbibliothek aufbewahrten Handzeichnungen Piranesis – vor allem seine berühmten Kamin-Studien – geben wichtige Aufschlüsse zu seiner Arbeitsweise: Er verwertete die römische Antike ebenso wie die ägyptische, etruskische und griechische Kunst und wagte oft bizarre Kombinationen. Selbst im Papierabfall seines Ateliers fand er Anknüpfungspunkte für kreative Schaffensprozesse.

Unter dem Titel „Piranesis Arena“ wirft die Ausstellung schließlich auch Schlaglichter auf Piranesi als polarisierende Figur der internationalen Kunstszene. Piranesi war ein begnadeter Polemiker. Einmal in Rage gebracht, konnte er zu ungewöhnlichen künstlerischen Waffen greifen. Unter anderem widmet er dem französischen Archäologen Bertrand Capmartin de Chaupy (1720-1798) eine detailreiche und meisterlich ausgearbeitete Darstellung seines Stuhlgangs.

Giovanni Battista Piranesi, Seitenansicht des Isistempels in Pompeji, um 1778. © Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek / Dietmar Katz

Ausstellung und Katalog wurden gemeinsam von Studierenden, Kurator*innen und Forscher*innen der Kunstbibliothek und der Humboldt Universität zu Berlin konzipiert. Ziel des Projekts war es, neue

Perspektiven auf Piranesi zu öffnen, der seit dem frühen 20. Jahrhundert einseitig als Meister der „Carceri“ und Vorläufer des Surrealismus rezipiert wird. In den letzten Jahrzehnten hat die kunstgeschichtliche Forschung diesen Mythos jedoch zunehmend in Frage gestellt. Das Interesse gilt nun nicht mehr den Innenwelten Piranesis, sondern den technischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Realitäten des 18. Jahrhunderts, deren Ressourcen er virtuos für sich zu nutzen verstand.

Service

AUSSTELLUNG

„Das Piranesi-Prinzip. Zum 300. Geburtstag des großen italienischen Meisters“
4. Oktober 2020 – 7. Februar 2021
Eine Ausstellung der Kunstbibliothek – Staatliche Museen zu Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin in Kooperation mit dem Kupferstichkabinett – Staatliche Museen zu Berlin

www.smb.museum/kb

KATALOG
E.A. Seemann Verlag. Leipzig, 144 Seiten, 135 farbige Abb.,

ISBN 978-3- 86502-443-5 (deutschsprachige Ausgabe), 978-3-86502-444-2 (englische Ausgabe),

Buchhandelspreis: 27 €

 

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