Die lang erwartete Ausstellung von Gilbert & George in der Frankfurter Schirn Kunsthalle ist jetzt eröffnet. Sie zeigt, dass das Künstlerduo aus London bisher noch jede Krise gemeistert hat
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17.03.2021
Als Jammerlappen kann man Gilbert & George nicht bezeichnen. Oh nein, ganz im Gegenteil: Mit makellosen Umgangsformen und Anzügen sind die beiden Londoner Künstler bisher noch jeder Krise entgegengetreten! Dem Aids-Virus, Islamisten oder bigotten Spießern haben sie ihre knallbunten Bilder um die Ohren gehauen und stets Partei für Freiheit, Liebe und Sex ergriffen.
Auch die aktuelle Überblicksschau in der Frankfurter Schirn Kunsthalle – von Gilbert & George durchaus selbstbewusst als „The Great Exhibition“ betitelt – feiert mit rund 45 Werken aus viereinhalb Jahrzehnten die Freiheit des künstlerischen Ausdrucks jenseits der Unangepasstheit: Eine Arbeit wie „Knifed“ (2011) etwa versammelt schlicht in teilweise schreiend roten Lettern die reißerischen Überschriften lokaler Boulevard-Zeitungen zu Messerattacken in London.
Eine andere Serie, zu der das Bild „Blood City“ (1998) zählt, kombiniert Londoner Straßenpläne mit mikroskopischen Aufnahmen von Körperflüssigkeiten wie Blut, Schweiß, Tränen, Urin und Samen. Darauf kommt auch nicht jeder. Die Irritation der Betrachter ist aber nur ein indirektes Ziel von Gilbert & George. Für sie sind ihre Werke primär ein Abbild ihres urbanen Lebensumfelds und seiner bemerkenswerten Elemente. Eine neuere Serie widmen sich zum Beispiel dem Phänomen des Zauselbarts, der Hipster und Islamisten modisch eint.
Nach dem Lockdown ist auch in der Frankfurter Schirn der Besucherzugang nur begrenzt möglich. Doch dank vorbildlicher Digitalangebote – Webinar, Filme, Blog – wird man auch ohne Zeitfensterticket von der Schau begeistert, die jegliche Frühjahrsmüdigkeit hinwegbläst.