Das Liechtensteinische Landesmuseum zeigt kunstvoll verzierte Ostereier aus der bedeutenden Sammlung Adulf Peter Goop – von der historischen Volkskunst bis zur diamantbesetzen Fabergé-Preziose
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31.03.2021
Eine ganze Welt entfaltet sich auf ihren Oberflächen: prachtvolle Schlösser, farbige Mosaiken, ein Bergsee. Blaue Vögel sitzen auf einem Kirschblütenzweig, die Kapelle von Steg erhebt sich vor idyllischem Grün. All das passt in eine Hand, und die sanfte Rundung der verzierten Hühner- oder Enteneier schmiegt sich nahezu perfekt an
Kein Wunder, dass das dekorativ verzierte Ei durch alle Epochen wie Kulturen ein beliebtes Objekt war. Adulf Peter Goop besaß an die 3500 davon, bevor er seine bedeutende Kollektion von Ostereiern 2010 an das Liechtensteinische Landesmuseum übergab. Eine große Ausstellung folgte, der Katalog dazu führt durch alle Kontinente. Weibliche Figuren zieren die Eier aus Bali, eine japanische Pagode liegt im Nebeldunst, ein Straußenei aus Afrika bedecken abstrakte Muster aus winzigen Perlen. Es gesellen sich in Goops Sammlung die Materialien Holz, Porzellan und Glas hinzu, aus Russland stammt ein aufwändiges Cloisonné-Ei, das sich teilen lässt und dessen Hälften wiederum als Eierbecher dienen.
Zwei Dutzend dieser wunderbaren Kunstwerke sind in der diesjährigen Ostereierpräsentation des Museums präsent, darunter das Highlight der Goop-Sammlung: ein grünes „Apfelblütenei“ von Carl Fabergé aus dem Jahr 1901, das in der ersten Schau gar nicht zu sehen war. Gold und Diamanten überziehen die schimmernde Schale aus Nephrit und bilden ein zartes Geflecht aus Ästen mit Blüten.
Die anderen Exponate weisen bereits auf die kommende Sonderausstellung des Hauses hin. Fabeln und Sagen werden ihr Thema. Entsprechend märchenhaft geht es bei den Motiven zu: Über eines der Eier läuft Hans im Glück, ein weiteres aus transparentem Glas zeigt Rotkäppchen im Diamantschliff. Auch einen Osterhasen, gemalt auf rotem Grund, gibt es im Reigen der Bilder, und dieser Hase verrät einen zweiten Aspekt in der Historie des Ovals: Eier sind schon seit vorchristlicher Zeit ein Kultobjekt.
Mit ihnen verbinden sich germanische Frühlingsbräuche. Thor bekam Eier als Opfer, damit er die keimende Saat verschonte. Man imaginierte ihn als rothaarigen Gott des Donners und färbte die Gaben an ihn entsprechend rot ein. Auch wenn die christliche Kultur Feste wie Ostern später auf dieselben Termine legte, um die heidnischen Kulte vergessen zu machen, lässt das Osterhasen-Ei in der Vitrine ahnen, dass sich hier etwas von Thor erhalten hat. Gleichzeitig erinnert ein rotes Ei in der christlichen Ikonographie an das vergossene Blut Jesu. In der Schweiz wurden bis ins 19. Jahrhundert „Gründonnerstagseier“ vergraben, um die Häuser vor Feuer zu schützen, während man im Schwäbischen solch ein Ei in der Achselhöhle ausbrüten sollte, um danach zaubern zu können.
Ostern und Ei, das gehört untrennbar zusammen. Die Suche nach versteckten Eiern während des Osterspaziergangs ebenso wie das gefärbte Ei zum Frühstück oder das sogenannte Eierpecken, an dem die Spitzen oder Enden gegeneinander gehauen werden. Dafür allerdings sind die Exponate viel zu schade – bei ihnen bereitet das Anschauen die größte Freude.
„Es war einmal … Eier erzählen Geschichten“,
Lichtensteinisches Landesmuseum, Vaduz,
14. März bis Ostern 2022,