Vögel in der Kunstgeschichte

Farbenfrohes Federvieh

Vögel beflügeln seit Jahrtausenden die Fantasie und wurden so zum idealen Thema für die Kunst. Wir haben die schönsten Ausstellungen mit Vogeldarstellungen von der Steinzeit bis in die Gegenwartskunst zusammengestellt

Von Sophie Angelov
17.03.2021

Frühe Vogelkunst im Urgeschichtlichen Museum Blaubeuren

Vor 40.000 Jahren wurde die weltweit älteste Vogeldarstellung aus Mammutelfenbein geschaffen. Als Leihgabe des Archäologischen Landesmuseums Baden-Württemberg ist die Figur Teil der Dauerausstellung im Urgeschichtlichen Museum Blaubeuren. Der dargestellte Wasservogel, der gerade im Sinkflug Fahrt aufzunehmen oder nach seiner Beute zu tauchen scheint, wurde in zwei Teilen gefunden und schließlich zusammengesetzt. Bei Ausgrabungen im „Hohle Fels“ bei Schelklingen war im Jahr 2001 zunächst der Körper der Figur und im Jahr darauf der zugehörige Kopf entdeckt worden. Über eine 3D-Ansicht des Exponats auf der Website des Museums kann der Urzeitvogel auch wunderbar von Zuhause aus betrachtet werden. Wer aber Zeit hat, das baden-württembergische Museum zu besuchen, kann dort noch viele weitere altsteinzeitliche Schätze und Kunstwerke aus der Fundregion bestaunen.

Vogelausstellungen Wasservogel URMU
Mit 40.000 Jahren ist der Wasservogel aus Elfenbein die älteste bekannte Vogeldarstellung. © URMU

Hilma af Klint: Künstlerin, Forscherin, Medium

Nachdem das Moderna Museet in Stockholm der Pionierin der Abstraktion Hilma Af Klint bereits 2013 eine umfassende Einzelausstellung widmete, die zur meistbesuchten Schau ganz Schwedens wurde, geht es aktuell mit besonders großen Arbeiten weiter: Die zehn monumentalen Gemälde ihrer Serie „The Ten Largest“ aus dem Jahr 1907 sind ab dem 16. März, wenn das Museum wieder öffnet, bis zum 11. April zu sehen. Als Erforscherin der Naturwelten, gehören auch Vogelbilder zum Œuvre der Künstlerin, die ebenfalls Teil der Sonderausstellung sind. Von 1900 bis 1901 stellte Hilma Af Klint ihre Malkünste sogar als angestellte Zeichnerin bei einer Tiermedizinischen Hochschule unter Beweis.

Schwan Gemälde Hilma Af Klint
Im Jahr 1915 malte Hilma af Klint ihr Gemälde „Der Schwan“, Nr. 1, das bis zum 11. April im Moderna Museet in Stockholm zu sehen ist. © Stiftelsen Hilma af Klints Verk

Vögel in Kunst und Kultur von 1620 bis 1820

Das Interesse an der Naturgeschichte hatte besonders in der Zeit des Kolonialismus Hochkonjunktur und war mit dem Wunsch verbunden, ihre Erzeugnisse wie Pflanzen, Muscheln und Insekten zu kategorisieren. Insbesondere die Ornithologie, das Studium der Vögel und ihre Klassifizierung, schritt in den 1700er-Jahren stark voran. Als Ergebnis hinterließen die Naturforscher viele reich illustrierte Studien über Vögel, die von Monarchen und Aristokraten in ihren Kuriositätenkabinetten gesammelt wurden. Eine Ausstellung im Toledo Museum of Art zeigt ab dem 24. April Bilder von exotischen Vögeln aus der Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts. Gemälde, Drucke und Kunstgewerbe aus der Sammlung des Museums veranschaulichen, wie Vogeldarstellungen zu Objekten der wissenschaftlichen Forschung, des Status und sogar der Haushaltsdekoration und des persönlichen Schmucks wurden.

Vogelausstellung Toledo Museum Kupferstich
François-Nicolas Martinets handkolorierter Kupferstich (1760) erschien im Vogelkunde-Buch von Mathurin-Jacques Brisson. © Toledo Museum of Art

Vögel des Nordostens: von Möwen bis Riesenalk

Die Kehrseite der wissenschaftlichen Naturforschung während der europäischen Kolonialisierung steht in einer Ausstellung des Fairfield University Art Museum im Zentrum der Erzählung. Sie zeigt, wie die empfindlichen Ökosysteme und zugleich Lebensräume der Vögel angegriffen und zum Teil zerstört wurden. Die Ausstellung ergänzt eine auf dem Campus der Fairfield University stehende Skulptur „The Lost Bird Project“ des Künstlers Todd McGrain, die als öffentliches Mahnmal für vom Aussterben bedrohte nordamerikanische Vögel geschaffen wurde. Studien für seine Skulptur werden ergänzt durch Gemälde zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler. Die Darstellungen verlorener Vögel erinnern an über 150 Vogelarten die bereits ausgestorben sind und setzen ein Zeichen dafür, dass Maßnahmen getroffen werden müssen, um einen weiteren Verlust von Vogelarten zu verhindern.

Vogelausstellungen Emily Eveleth
Emily Eveleths „Cardinal, After Cattelan“ von 2020 ist Teil der aktuellen Ausstellung im Fairfield University Art Museum. © Emily Eveleth/Courtesy of Miles McEnery Gallery, NY

Bestäubung zwischen Künstlergenerationen und Naturwissenschaft

Wenn Kunst auf Wissenschaft trifft und Bilder des 19. Jahrhunderts denen von Zeitgenossen gegenübergestellt werden, entsteht ein Diskurs, der neue Erkenntnisse und Ideen garantiert. Die Ausstellung „Cross Pollination: Heade, Cole, Church, and Our Contemporary Moment“ im Reynolda House – Museum of American Art erforscht die Bestäubung als Metapher für die Verbindungen zwischen Naturwissenschaft und der bildenden Kunst über Generationen hinweg. Ausgehend von Martin Johnson Heades beispielloser Serie „The Gems of Brazil (Die Edelsteine von Brasilien)“ werden Dialoge zwischen Gemälden, Skizzen und Sammlungen von Naturproben aus dem 19. Jahrhundert und den Werken zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler, wie Maya Lin und Roxy Paine geschaffen. Sie beschäftigen sich mit verschiedenen Medien der Kunst und stützen sich auf genaue Beobachtungen der Natur. Neben der Faszination für die Natur werden auch Fragen zu ihrer Zerbrechlichkeit und dem Gleichgewicht zwischen der gebauten und der natürlichen Welt gestellt.

Vogelausstellungen Martin Johnson Heade
„Hooded Visorbearer“ malte der US-amerikanische Künstler Martin Johnson Heade in den Jahren 1863/64. © Crystal Bridges Museum of American Art, Bentonville, Arkansas

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