Schaezlerpalais Augsburg

Von Rembrandt lernen

Rembrandt Harmenszoon van Rijn war nicht nur einer der bedeutendsten niederländischen Maler des 17. Jahrhunderts, sondern auch ein gefragter Lehrmeister. Die Kunstsammlungen und Museen Augsburg widmen ihm und seinen Schülern eine Sonderausstellung

Von Gloria Ehret
14.10.2021

Eine „Frau mit Goldhelm“ steht im Mittelpunkt. Dabei handelt es sich nicht um eine Abschreibung, wie bei dem berühmten „Mann mit Goldhelm“ aus Rembrandts Œuvre, sondern um eine als sicher geltende Zuschreibung. Das Brustbild in silberner Rüstung zeigt „Pallas Athene“, die Göttin aus der griechischen Mythologie mit dem Antlitz der Hendrickje Stoffels unter einem schimmernden Helm. Um 1655 hat Rembrandt seine zweite Lebensgefährtin gemalt. Geschichte und Zuschreibung des Ölgemäldes sind im Katalog zur ersten Ausstellungs-Station 2019/20 im Kunstverein Aalen nachzulesen. Das Bild stammt wie 22 weitere und 12 Zeichnungen aus einer süddeutschen Privatsammlung. Darum gruppiert die Augsburger Schau zehn Gemälde und drei Zeichnungen aus den eigenen Museumsbeständen. Sie reflektieren unterschiedliche Einflüsse des Lehrers im Spiegel seiner Schüler. 

Rembrandt Pallas Athene
Rembrandts „Pallas Athene“ (um 1653/55) zeigt die Göttin aus der griechischen Mythologie mit dem Antlitz der Hendrickje Stoffels. © Privatsammlung

Rembrandt, 1606 in Leiden geboren, lernte bei Pieter Lastman in Amsterdam, bevor er zurück in seiner Vaterstadt, 1625 eine Werkstatt zusammen mit Jan Lievens gründete. Lastman ist mit der ausdrucksstarken Federzeichnung einer sitzenden alten Frau in antiker Tracht vertreten, die Sumowski mit dessen Gemälde „Ruth und Noemi“ um 1614, in der Niedersächsischen Landesgalerie in Verbindung gebracht hat. Jan Lievens betört mit „Gideons Opfer“ durch seine brillant gemalte Stofflichkeit. 1631 übersiedelte Rembrandt nach Amsterdam, wo er 1634 als selbständiger Meister einen Werkstattbetrieb etablierte. Die Anzahl seiner Schüler muss enorm gewesen sein, denn allein um die 50 sind namentlich bekannt. Joachim Sandrart erwähnt in seiner „Teutschen Academie“, dass Rembrandt … eine Vielzahl vornehmer Kinder „zur Instruction und Lehre“ frequentierten. Aus betuchten Familien mussten die Schüler schon sein, denn der gefragte Meister ließ sich den Unterricht teuer bezahlen, wie der Rembrandt-Forscher Werner Sumowski am Beispiel Isaac de Joudreville erläutert. Von ihm haben sich fünf Quittungen über 200 Gulden für den Unterricht erhalten. Der Schüler selbst ist mit einem sehr rembrandtesken Ölbildnis einer jungen Frau aus den 1630ern zu bewundern. Als Lehrmaterial diente der reiche Werkstatt-Bestand an Zeichnungen, Radierungen und Ölbildern. Ganz unterschiedliche inhaltliche und oder maltechnische Facetten typisch rembrandtscher Malerei und Zeichenkunst sind in die Gemälde und Zeichnungen der hier versammelten Schüler wie Nicolaes Maes, Jan van Noordt, Jürgen Ovens oder Pieter Verhelst eingeflossen. 

Auf Jacob Andrieaensz. Backers Halbfigurenbildnis sucht ein feinsinniger Jüngling mit weißem Spitzenkragen den direkten Blickkontakt zum Betrachter. Govaert Flinck taucht eine Landschaft mit Steinbrücke in dramatischen wetterbedingten Hell-Dunkel- Kontrast. Mit Aert de Gelder machen wir vor einem Bordell halt, aus dem eine Dirne einem pissenden Soldaten zuschaut. Den derben Inhalt der Genreszene adelt die stupende Farbstimmung der Malerei. Für Samuel van Hoogstratens Kopfhaltung der „Jungfrau mit dem Kind“ stand Rembrandts Muttergottes der „Heiligen Familie“ in der Alten Pinakothek Pate. Bernhard Keils „Schnapslöffelnde Alte “, verbrüdert sich als „Allegorie des Geschmacks“ mit dem Betrachter. 

Jacob Adriaenszoon Backer Lehrer Rembrandt
Jacob Adriaenszoon Backer (1608–1651) malte den lächelnden jungen Mann um 1640 in Öl auf Leinwand. © Privatsammlung

Rembrandts lichtdurchtränkte goldene Brauntöne hat Christoph Paudiss in drei brillanten Ölbildern „Alter Mann mit Katze“, dem Interieur mit „Bauernfamilie“ und „Musiker“ eingefangen. Paudiss gilt als „bayerischer Rembrandt“.  Denn nach Stationen an den Höfen in Stuttgart, Wien und Salzburg war er ab 1662 am Hof des Freisinger Fürstbischofs tätig, wo er 1666 gestorben ist. Mit Stolz präsentiert Augsburg sechs Gemälde und zwei Zeichnungen des Augsburger Malers Johann Ulrich Mayr (1630-1704) aus den eigenen Beständen. In den 1650ern entstand das Halbfigurenbildnis eines Grafen Fugger-Glött. Um 1660 hat Mayr seine Eltern auf einem Bildnis-Paar verewigt. Von den insgesamt fünf Selbstbildnissen des berühmten Rembrandt-Schülers blickt er uns fast herablassend als Halbfigur hinter einer Rundbogen-Architektur à la Gerrit Dou entgegen. Erstaunlich modern – ins 18. Jahrhundert vorausweisend – wirken seine beiden feinen weiblichen Bildnis-Köpfe, um 1667/70, in schwarzer Kreide, Rötel und Weißhöhung auf blauem Tonpapier. Dem Begründer der Leidener Feinmalerei Gerrit Dou selbst wird ein „Stillleben mit Rüstung, Schild, Hellebarde, Schwert, Lederjacke und Trommel“ mit imponierenden Lichtreflexen vor dunklem Grund zugeschrieben. Rembrandts Einfluss auf Künstler des 18. Jahrhunderts zeigen „Die Blendung Simsons“ von Januarius Zick, das „Ecce Homo“-Gemälde des Christian Wilhelm Ernst Dietrich von 1754, oder das vielfigurige, grauenerregende Sujet „Jael und Sisera“ von Franz Anton Maulpertschs aus den 1780/90er Jahren.

Das Gemälde „David mit dem Haupt des Goliath“ des berühmten Rembrandt-Schülers Johann Ulrich Mayr (1630-1704) entstand um 1655. © Kunstsammlungen & Museen Augsburg

Service

AUSSTELLUNG

„Lehrer Rembrandt – Der große Maler im Spiegel seiner Schüler“

Kunstsammlungen & Museen Augsburg, Schaezlerpalais

bis 16. Januar 2022

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