Anselm Kiefer in Paris

Der Staatskünstler

Der Grand Palais Ephemère in Paris widmet Anselm Kiefer eine monumentale Schau – ein Privileg für den in Frankreich umjubelten Künstler

Von Olga Grimm-Weissert
17.12.2021

Frankreichs Staatsoberhaupt Emmanuel Macron hat einen Narren an Anselm Kiefer gefressen. Der 76-jährige Maler und Bildhauer ist der erste Künstler, der – auf Wunsch des Staatspräsidenten – seine Megaformate im Pariser Event-Gebäude Grand Palais Ephémère in einer Soloschau präsentiert. Im verdunkelten Bau stehen auf 10.000 Quadratmetern dreiundzwanzig monumentale Werke, zum Großteil extra für die „Für Paul Celan“ betitelte Schau angefertigt. Die eindrucksvollen Gemälde messen bis zu 4 mal 13 Meter. Man muss den Kopf stark nach hinten neigen, um die eruptiven Motive rund Urknall und Feuer zu enträtseln. Im unteren Bereich applizierte Kiefer oft Ähren, Halme oder Uniformen. Mit seiner steilen Schrift übertrug er Gedichtzeilen von Paul Celan (1920 – 1970) mit weißer Kreide. Gelegentlich malte er goldene Linien über seine insgesamt sehr dunkel getönten Arbeiten. Eine finstere Kunst-Apokalypse. Aber mit Blick auf den Eiffelturm.

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Anselm Kiefers „Für Paul Celan - das Geheimnis der Farne“ (2021) ist bis 11. Januar im Grand Palais Éphémère zu sehen. © Anselm Kiefer, Foto: Georges Poncet

Ein Flugzeug aus Blei, nach dem Gedichtband Celans „Mohn und Gedächtnis“ benannt, symbolisiert laut Kiefer die Ubiquität. Für ihn einfach, da er im Hubschrauber von einem Atelier zum anderen fliegt. Kiefer und sein Kurator, der CEO des Grand Palais – RMN (Réunion des Musées Nationaux) Chris Dercon, bieten überdies eine Rieseninstallation, eine Art Archiv aus Kiefers Ateliers, bei der sie beschriftete Metallschubladen mit diversen Materialien und Ansammlungen bis in schwindlige Höhen stapelten. „Ich werfe nichts weg“, betont der seit 1992 in Frankreich lebende Künstler. Und erklärt, dass es Kulturminister Jack Lang war, der ihm eine frühere Fabrik in Barjac (Südfrankreich) als erstes Atelier zur Verfügung stellte. In Croissy-Beaubourg, etwas näher bei Paris, verfügt Kiefer über ein weiteres Atelier mit 60.000 Quadratmetern.

Anselm Kiefer wird also seit dreißig Jahren von den höchsten französischen Instanzen hofiert: 2007 eröffnete er die Ausstellungsserie „Monumenta“ im Grand Palais, wo jeweils ein Künstler den ganzen Glaskuppelbau bespielte. 2015/2016 widmete das Centre Pompidou dem Deutschen eine bedeutende Retrospektive, und am 11. November 2020 weihte Staatspräsident Macron im Panthéon, der Gedenkstätte für Frankreichs große Männer und Frauen, seine Auftragsarbeit an Anselm Kiefer ein. Seit 100 Jahren hatte es keinen Künstlerauftrag für den Panthéon gegeben. Sechs große Glasvitrinen mit Kiefers Kunst zum Gedächtnis stehen permanent im säkularen Tempelbau. Seither bezeichnet man Anselm Kiefer als französischen Staatskünstler.

Anselm Kiefer Paris
Chris Dercon und Anselm Kiefer im Grand Palais Éphémère, 2021. © Foto: Charles Duprat

Chris Dercon, nie um eine Übertreibung verlegen, behauptet, die deutsch-französische Freundschaft zwischen Macron und Kiefer sei der zwischen Konrad Adenauer und Charles de Gaulle zu vergleichen … Tatsächlich steht hinter allen Initiativen zur Aufwertung Kiefers sein erfinderischer Galerist Thaddaeus Ropac, der für seinen Künstler weder Aufwand noch Kosten scheut. Ropac ist offizieller Partner der Schau, die überdies das Label der französischen Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union trägt.

Service

AUSSTELLUNG

„Anselm Kiefer: Für Paul Celan“,

Grand Palais Éphémère, Paris,

bis 11. Januar

grandpalais.fr

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