Ausstellungsvorschau

Die besten Ausstellungen 2022: Teil 4

Was gibt es im Jahr 2022 zu sehen? Dies sind die Kunstausstellungen, auf die wir uns besonders freuen. Teil 4: Oktober bis Dezember

Von Tim Ackermann, Ulrich Clewing und Matthias Ehlert
13.01.2022
/ Erschienen in Kunstplaner 2022

Oktober: Von Überraschungen und Johann Gottfried Schadow

Das kommt nun doch etwas überraschend. Sie habe nie Fotografin werden wollen, sagte die Fotografin Nan Goldin kürzlich. Das Moderna Museet in Stockholm stellt sie jetzt vom 29.10. bis 26.2.2023 als Filme­macherin vor. Serien und Slide­shows hatte sie schon immer gern, seit einigen Jahren inte­griert Goldin in ihre Werkreihen auch Archivmaterial, Sound und Bewegtbild.

Johann Gottfried Schadows Skulptur der Schwes­tern Luise und Friederike von Preußen ist ein Hauptwerk des eher lockeren Berliner Früh­klassizismus. Die „Prinzessin­nengruppe“ von 1795 begrün­dete den Ruhm des damals 30­-jährigen Bildhauers. Die Restaurierung des originalen Gipsmodells gibt der Berliner Alten Nationalgalerie Anlass, vom 21.10. bis 19.2.2023 neue Erkenntnisse zur Arbeit in Schadows Atelier darzulegen.

Und noch eine Überra­schung: Coco Chanel und Pablo Picasso – zwei große Namen, die man nicht unbedingt mitein­ander verbindet. Das Museo Thyssen-Bornemisza in Madrid tut es trotzdem, weil die beiden zwischen 1915 und 1925 min­destens zweimal zusammengear­beitet haben, bei Jean Cocteaus „Antigone“ und Sergei Diagi­lews Ballett „Le train bleu“. Der Kubismus, der Tanz, die Kostü­me und die Bewegung: Picasso and Chanel hat das und noch mehr vom 11.10. bis 15.1.2023.

Ausstellungen 2022 Alte Nationalgalerie
Detail der Prinzessinnengruppe Johann Gottfried Schadows von 1795. Die Restaurierung des originalen Gipsmodells gibt der Berliner Alten Nationalgalerie Anlass, von Oktober bis Februar 2023 neue Erkenntnisse zur Arbeit in Schadows Atelier darzulegen. © bpk/Nationalgalerie, SMB/Klaus Göken

November: Merkwürdige Accessoires und die gute Moderne

König, Musikant, Femme fatale: Wie Schauspieler wirken die Menschen, die in den Triptychen von Max Beckmann Szenen von unklarer Bedeutung aufführen. Das berühmteste dieser dreitei­ligen Gemälde ist wohl „Depar­ture“ (1932–1935) aus dem MoMA in New York, das vom 25.11. bis 12.03.2023 für die Schau „Max Beckmann – Departure“ der Pinakothek der Moderne in München ausgeliehen wird. Im Anblick dieses Jahrhundert­werks lässt sich herrlich über dessen Botschaft spekulieren.

Als Beckmanns Erbin im Geiste könnte man vielleicht die Malerin Lynette Yiadom­-Boakye begreifen: Die Bilder der Eng­länderin, die in der Retrospekti­ve der Tate Britain in London vom 24.11. bis 26.2.2023 an den Wänden hängen, sind keine Porträts existierender Personen, sondern ausgedachte Figuren mit zum Teil merkwürdigen Ac­cessoires wie Halskrausen. Wer das deuten will, landet in einem Kosmos endloser Bildrätsel. Die Schau ist eine Wiederaufnahme der Ausstellung von 2020, die durch den Lockdown nur sehr kurz zu sehen war und danach durch Europa tourte.

Ohne Zweifel und Zauder ging hingegen das Sammlerpaar Inge und Wilfried Funke vor, das im Design des 20. Jahrhunderts nach der „Guten Form“ suchte. Schnörkellos und edelstahlklar präsentiert das Leipziger Grassi Museum für Angewandte Kunst die als Vermächtnis erhaltene Privatsammlung vom 5.11. bis 8.10.2023 unter dem unbestreitbaren Titel „Die Gute Moderne“.

Ausstellungsvorschau 2022
Lynette Yiadom­-Boakyes „Complication“ von 2013 ist von November bis Februar in der Retrospekti­ve der Tate Britain in London zu sehen. © Courtesy Lynette Yiadom­-Boakye / Tate Britain

Dezember: Von Phantomen der Nacht und fataler Weiblichkeit

Friedrich Wilhelm Murnaus „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“ feierte 1922 in Berlin Premiere und spukt seit­dem in vielen weiteren Horrorfilmen, aber auch den „Simpsons“ herum. Die Ausstellung „Phantome der Nacht. 100 Jahre Nosferatu“ in der Sammlung Scharf-Gerstenberg in Berlin widmet sich vom 16.12. bis 23.4.2023 dem Einfluss der Stummfilmikone auf die bilden­de Kunst. So galt „Nosferatu“ zahlreichen Künstlern u. a. des Surrealismus als Schlüsselwerk.

Teil der Populärkultur sind auch die Bilder von Helmut Newton. Der legendäre Fotograf hat fast ausnahmslos im Auftrag gearbeitet. Dabei machte er stilistisch oder inhaltlich keinen Unterschied zwischen Zeit­schrifteneditorials und Anzeigen­kampagnen. „Helmut Newton. Brands“ im Museum für Fotografie in Berlin rückt vom 3.12. bis 14.5.2023 diesen werblichen Aspekt seines Schaf­fens in den Fokus.

Mit verführerischer, aber letztlich fataler Weiblichkeit beschäftigt sich die Hamburger Kunsthalle vom 9.12. bis 10.4.2023. Die Schau „Femme fatale“ zeigt, wie Ende des 19. Jahrhunderts in bildender Kunst und Literatur das Vorstellungsbild eines be­stimmten Frauentypus entstand, das natürlich vor allem auf männlicher Imagination beruhte.

Hier geht’s zu Teil 1, Teil 2 und Teil 3 der Ausstellungsvorschau 2022.

Zur Startseite