Wir zeigen die schönsten Ausstellungen im Wonnemonat: von Max Slevogt in Schweinfurt bis Louise Nevelson in den Prokuratien von Venedig
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02.05.2022
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Erschienen in
WELTKUNST Nr. 198
Prokuratien, Venedig, bis 11. September
Die Lagunenstadt kann gerade mit vielen hochkarätigen Ausstellungen aufwarten, die als sogenannte Collateral Events die Biennale begleiten. Besonders sehenswert ist die Retrospektive der ukrainisch-amerikanischen Bildhauerin Louise Nevelson, die in den historischen Räumen der Prokuratien am Markusplatz mehr als 60 ihrer oft großformatigen Werke aus den 1950er- bis 1980er-Jahren aufbietet. Der Vater der Künstlerin betrieb nach seiner Emigration aus dem Zarenreich einst ein Sägewerk in Maine, Louise wurde zur Meisterin der Assemblage, die sie aus Holzfragmenten und alten Möbeln zusammensetzte. Die Schau versammelt mehrere ihrer berühmten tiefschwarz bemalten Standbilder, die eine geradezu außerirdische Aura umgibt, spannend zu sehen sind auch ihre frühen, oft unlackierten Arbeiten, die einen Einblick in ihr poetisches Verständnis des Werkstoffs Holz geben.
Monastère royal de Brou, Bourg-en-Bresse, bis 26. Juni
Unter den alten Reichen Europas zählten die Burgunder zu den größten Unglücksraben: 1477, nach dem Tod Karls des Kühnen, wurde das Herzogtum unter seinen Nachbarn, den Habsburgern und den Franzosen, aufgeteilt. Als das 19. Jahrhundert anbrach, setzte sich allerdings in der französischen Kunst der style troubadour durch, der das Mittelalter nostalgisch verklärte. Plötzlich war auch die Geschichte Burgunds wieder en vogue: So imaginierte etwa Jean-Auguste Barre zwischen 1839 und 1844 die Herzogin Maria bei der Falkenjagd. Und Isidore Patrois malte sich 1864 in leuchtenden Farben die Gefangennahme Jeanne d’Arcs durch Philipp den Guten aus.
Unteres Belvedere, Wien, bis 29. Mai
Salvador Dalí hatte bekanntermaßen ein riesiges Ego. Doch wenn es um sein Idol Sigmund Freud ging, verwandelte sich der spanische Malerstar in einen hemmungslosen fanboy: Jahrelang bestürmte er den Begründer der Psychoanalyse, bettelte um ein Treffen. Immer wieder ließ Freud die Sache platzen. Dann kam es im Sommer 1938 doch zur denkwürdigen Begegnung in London – und Dalí verewigte die Audienz in einer Charakterkopfzeichnung des Psychologengenies. Worüber die beiden sprachen, blieb ihr Geheimnis. Klar ist, dass Dalís Werke viel mit Freuds „Traumdeutung“ gemein haben. Das zusammen mit Edward James geschaffene „Lobster Telephone“ (1938) ist dafür ein prägnantes Beispiel.
Museum Georg Schäfer, Schweinfurt, bis 19. Juni
Dass die Welt eine Bühne sei, schrieb Shakespeare in seiner Komödie „Wie es euch gefällt“. Max Slevogt hat sich die Dichterworte augenscheinlich zu Herzen genommen – denn den Sessel im Theaterparkett scheint der Maler nur ungern verlassen zu haben. Inspiration fand er in den Bewegungen der Tänzerin Anna Pawlowa, die er 1909 im Bild festhielt, oder 1912 im Gesangsvortrag des gefeierten Bariton Francisco d’Andrade als Don Giovanni. Eigene Kostüm- und Bühnenbildentwürfe vervollständigen die Schau über diesen vom Rampenlicht angezogenen Impressionisten, der selbst ein guter Sänger und Pianist war.
Modern Art Museum of Fort Worth, 15. Mai bis 25. September
Als Kanonrevision darf man diese Ausstellung nicht verstehen. Sie wird vielmehr ein Schaulaufen jener zeitgenössischen Künstlerinnen, die in den vergangenen drei Dekaden wichtig waren. Neben Malerinnen wie Tracey Emin oder Elizabeth Peyton, die in den 1990er-Jahren als junge Wilde den Durchbruch schafften, versammelt die Schau „Women Painting Women“ auch Vorkämpferinnen einer früheren Generation wie Maria Lassnig, Faith Ringgold oder Emma Amos („Three Figures“ von 1967), die erst spät im Leben Anerkennung fanden. Wer in diese Schau eintaucht, könnte männliche Malerei anschließend als überflüssig empfinden.