Zum 150. Geburtstag des Künstlers zeigt eine Ausstellung in der Fondation Beyeler Piet Mondrians faszinierende Entwicklung zur Abstraktion
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06.06.2022
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Erschienen in
WELTKUNST Nr. 199
An keinem anderen Œuvre lässt sich der Weg in die Gegenstandslosigkeit so wunderbar verfolgen wie an dem von Mondrian. Sein Stil wandelte sich vom Impressionismus der Haager Schule in Paris zum Kubismus, bis er zu seinen berühmten strengen Geometrien fand. Keimt da in der sonnenglühenden Windmühle nicht schon die Gitterstruktur, die zwanzig Jahre später zur Architektur für seine berühmten Kompositionen wird? Frühe Malerei wie „Abend: Der rote Baum“ aus Den Haag und „Bauernhof bei Duiven drecht“ aus Chicago treffen in der Schau der Fondation Beyeler auf Werke der eigenen Sammlung wie „Acht Linien und Rot“ aus dem Jahr 1938. „Vertikale und Horizontale sind der Ausdruck zweier entgegengesetzter Kräfte“, schrieb der Künstler, „sie existieren überall und beherrschen alles; ihre wechselseitige Wirkung macht das Leben aus.“
2019 rief die Fondation Beyeler das Piet Mondrian Conservation Project ins Leben und präsentiert jetzt neue Erkenntnisse über seinen Malprozess, etwa das Abkratzen, Wegwischen, Übermalen – und skizzenhafte Kompositionsgerüste unter den Oberflächen im Frühwerk. Die Untersuchung von vier späten Werken, gefördert von La Prairie, zeigt, wie Mondrian seine schwarzen Linien mit vielen dünnen Farb und Lackschichten aufbaute. Und dank der chemischen Analyse der „Komposition mit Gelb und Blau“ (1932) wissen wir, dass Mondrian im gelben Rechteck sechs verschiedene Töne ausprobierte, im kleinen blauen Feld sogar sieben, bis er mit der Farbe zufrieden war.
„Mondrian Evolution“,
Fondation Beyeler, Riehen bei Basel,
5. Juni bis 9. Oktober