Ausstellungstipps

Die schönsten Ausstellungen im September

Der Spätsommer hält ganz besondere Kunstausstellungen bereit! Von John C. Webers Kimono-Sammlung im Metropolitan Museum über die virtuose Meisterin des Erzählens Keren Cytter in Aachen bis zum Dialog zwischen El Greco und Picasso im Kunstmuseum Basel

Von Tim Ackermann
30.08.2022
/ Erschienen in WELTKUNST Nr. 203

Picasso – El Greco

Kunstmuseum Basel, bis 25. September

Mit verlängerten Gliedmaßen und gekünstelten Posen bedachte der Maler El Greco seine Figuren. So etwa in der „Büßenden Magdalena“ (um 1580/1585) oder der berühmten „Auferstehung Christi“ (1597–1600). Beide Bilder gehören zu einer Auswahl feiner El-Greco-Werke, die nun in Dialog mit dem Œuvre Pablo Picassos treten. Man sieht so, wie die merkwürdigen Figurenproportionen des Manieristen in der Formensprache des Modernen ihre beständige Renaissance erfuhren – nicht nur in der Blauen Periode, sondern auch im Kubismus und im Alterswerk.

Schliemanns Welten

James-Simon-Galerie, Berlin, bis 6. November

Heinrich Schliemann war gewandt im Umgang mit dem Mythos – dem griechischen wie dem eigenen: Einen im Jahr 1841 erlittenen Schiffbruch schilderte er in drei dramatisch gesteigerten Versionen, wie die Berliner Ausstellung kritisch vorführt. Aber auch an würdigenden Texten sparen die Kuratoren nicht, da der Archäologe dank seiner minutiösen Lektüre von Homers „Ilias“ 1871 Troja entdeckte. Besonders betören natürlich Schliemanns Funde wie das in Mykene ausgegrabene Ornamentblech aus Gold aus dem 16. Jh. v. Chr.

Keren Cytter

Ludwig Forum für Internationale Kunst, Aachen, bis 25. September

„Bad Words“ hat Keren Cytter ihre große Einzelausstellung im Ludwig Forum betitelt. Dabei ist die 1977 in Tel Aviv geborene Künstlerin doch eine virtuose Meisterin des Erzählens – und das quer durch alle erdenklichen Genres. Mit blauem Filzstift öffnet sie in detaillierten Zeichnungen Fenster in ihr privates Wohnzimmer („Monkey 2“, 2021) oder skizziert komplexe Beziehungskisten zwischen einer Patientin, ihrem Ehemann und ihrem Doktor („General Structure“, 2020). Daneben verbinden sich Fantasieskulpturen aus Perlenketten, Videoarbeiten voller Filmreferenzen oder auch ein Kinderbuch über den Selbstfindungsprozess eines Eichhörnchens im urbanen Dschungel zu einem Labyrinth höchst kurioser Geschichten.

Kimono Style

Metropolitan Museum, New York, bis 20. Februar 2023

Hinter dieser Schau steht ein Versprechen: Zahlreiche Kimonos will der Sammler John C. Weber dem Metropolitan Museum schenken, mehr als 60 der traditionellen japanischen Gewänder aus seinem Besitz sind jetzt im Haus an der Fifth Avenue, New York, neben japanischer Kunst und Kunsthandwerk zu bewundern. Die Kimonos signalisierten mit subtilen Hinweisen in Motiven und Materialien den sozialen Status der jeweiligen Trägerin. Das oben abgebildete zartgrüne Sommerkleid (hito-e), das eine Kutsche des Hofes und eine Szene am Wasser zeigt, wurde in der modisch eher streng limitierten Edo-Periode im frühen 19. Jahrhundert für eine Dame aus der herrschenden Tokugawa-Shogun-Familie geschaffen.

Jordan Wolfson

Kunsthaus Bregenz, bis 9. Oktober

In einem frühen Animationsfilm ließ Jordan Wolfson schon mal Cola-Flaschen herumspazieren, aber leichte Kost ist seine Kunst schon lange nicht mehr: Gleich zu Beginn seiner Schau lauert die rote Horrorfratze seines „House with Face“ (2017) dem Publikum auf. Erschreckender ist sein Video „Real Violence“ (2017), in dem der Künstler eine täuschend echt animierte Männerpuppe mit einem Baseballschläger zu Tode prügelt. Im Obergeschoss tanzt dann ein trauriges Roboter-Go-go-Girl vor einem Spiegel. Unvorbereitete Ausstellungsgäste mögen diese Werke verstören – doch sind sie momentan wohl der radikalste künstlerische Kommentar zum Gesellschaftsproblem der toxischen Männlichkeit.

Joseph Rebell

Unteres Belvedere, Wien, bis 13. November

Goldenes Abendlicht flutet über die Gipfel der Amalfiküste und die Bucht von Salerno: Mit Werken wie seiner „Ansicht der Stadt Vietri“ von 1819 zupft der Romantiker Joseph Rebell heftig am Herzmuskel aller Italiensehnsüchtigen. Der gebürtige Wiener lebte selbst ab 1810 erst zwei Jahre in Mailand und später länger in Neapel und Rom. Seine Landschaftsbilder weckten auch in Kaiser Franz I. das Fernweh, sodass er vier Neapelansichten orderte und den Maler 1824 zum Museumsleiter im Oberen Belvedere in Wien machte. Die erste Einzelausstellung Rebells überhaupt umfasst jetzt rund 70 Gemälde und 40 Zeichnungen. Mehr Spätsommergefühl geht nicht!

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