Bild des Tages

Wie sich der Blick auf die Kohle wandelt

Bernd und Hilla Becher verewigten die Zeche Concordia in Oberhausen im Jahr ihrer Schließung. Das Metropolitan Museum widmet den wegweisenden Fotografen eine große Retrospektive

Von Simone Sondermann
02.11.2022

Dieses Bild ist ein Abgesang. Wie so viele ihrer zu Recht berühmt gewordenen Fotografien von Industriebauten zeigt die präzis-kühle Schwarzweißaufnahme des Kohlebunkers der Zeche Concordia in Oberhausen eine Architektur, der das Ende innewohnt. Bernd und Hilla Becher, deren Arbeit so einflussreich war, das eine Fotografierichtung, die Becher-Schule, nach ihnen benannt wurde, hielten den schon leicht verwitterten Industriebau 1968 fest, also in dem Jahr, in dem die Zeche geschlossen wurde. Die Kohlekrise legte im Ruhrgebiet und andernorts nach und nach einen ganzen Industriezweig lahm, eine Arbeits- und Lebenskultur verschwand. Dennoch sollte es noch 30 Jahre dauern, bis das letzte Steinkohlebergwerk in Deutschland, Prosper Haniel in Bottrop, seinen Betrieb aufgab. Mit den Zechen verloren nach und nach auch die Kohlekraftwerke ihre Bedeutung und wurden abgeschaltet. Doch mit dem Krieg in der Ukraine änderte sich jüngst der Blick auf die wegen ihres CO2-Ausstoßes lange geschmähten Stromerzeuger. Seit Russland immer mehr die Infrastruktur ins Visier nimmt, die in der Ukraine gezielt zerstört wird, und Energieknappheit zu einer Waffe gegen das restliche Europa formt, besinnt man sich auf die Möglichkeiten, hierzulande unabhängig Energie zu erzeugen, zurück. Das Totgesagte lebt wieder auf. Zumindest für eine Weile.

Übrigens: Das Metropolian Museum in New York ehrt Bernd und Hilla Becher noch bis 6. November mit einer großen Retrospektive.

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