Das Minsk

Potsdam wird besenrein

Der Künstler Olaf Nicolai lässt Das Minsk ausfegen und erinnert so an die Geschichte des neuen privaten Kunsthauses von Hasso Plattner in Potsdam

Von Christiane Meixner
03.11.2022

So frisch und sauber, wie Das Minsk gerade aussieht, hat es den Kehraus eigentlich nicht nötig. Dennoch fegt die Frau mit ihrem grünen Besen unablässig über die Platten der Terrasse, wischt über die Türklinken und zündet sich zur Pause eine Zigarette an. Dabei kommentiert sie ihr Tun ebenso wie den Zustand der Welt. Spätestens, als einer aus dem Publikum vor dem Haus mit Blick auf die Putzfrau raunt, sie sei eigentlich Nichtraucherin, entpuppt sich die ganze Aktion als Performance.

Die Idee zur „Ménage de la Maison“ stammt von Olaf Nicolai. Sie greift frühere Arbeiten des Künstlers in Paris und Leipzig wieder auf, bei denen die Reisigbesen aus grünem Plastik ebenfalls eine zentrale Rolle spielten. Der Wunsch nach Ordnung, einer blitzblanken Oberfläche bei gleichzeitiger Verwischung aller möglichen Spuren ist ein symbolhaftes Bild und passt an einen Ort, der eine verwickelte Geschichte erzählt, von der Landestadt Potsdam kommerziell verwertet werden sollte – und von einem Milliardär gerettet wurde.

Ohne den Kunstsammler Hasso Plattner gäbe es Das Minsk nicht mehr. Das ehemalige Café und Restaurant wäre abgerissen worden, an seiner Stelle sollten luxuriöse Wohnungen entstehen. Plattner, der 2017 in Potsdam schon das Museum Barberini eröffnete, hat eine zweite Adresse für seine umfangreiche Sammlung geschaffen. Doch während das erste Gebäude die rekonstruierte Fassade eines Bürgerhauses aus dem 18. Jahrhundert trägt, zählt Das Minsk zum architektonischen Erbe der DDR. Errichtet wurde es in den Siebzigerjahren von Karl Heinz Birkholz als Ausflugsziel auf dem Brauhausberg mitten in der Stadt. Ein lichter, modernistischer Bau mit großzügiger Terrasse, Springbrunnen und Blick über Potsdam. 2019, als der Unternehmer und Kunstmäzen Das Minks erwarb, war es bloß noch eine Ruine voller Graffitis. Von einer Sanierung lässt sich deshalb nicht sprechen. Plattner, der die „gute Architektur“ für die Öffentlichkeit wieder herrichten wollte, ließ es vorbildhaft wieder aufbauen: Das Leichte, Schwebende ist durchaus noch spürbar. Obwohl die neue Nutzung als Ausstellungsort auf knappen 450 Quadratmetern auch sichtbare Änderungen notwendig gemacht hat.

So führt nun die Treppe im Innern aus Platzgründen etwas weniger schwunghaft in den oberen Ausstellungsraum, wo aktuell frühe Fotografien von Stan Douglas hängen. Der Künstler hat sich in den Neunzigerjahren intensiv mit den Kleingartenkolonien Potsdams beschäftigt, von denen viele inzwischen verschwunden sind. Ein Stockwerk tiefer demonstriert die Soloschau „Der Nachbar, der will fliegen“ mit Gemälden von Wolfgang Mattheuer, welche Idee Plattner bei der Wiederherstellung des architektonischen Kleinods verfolgte: Das Minsk dient der Präsentation seiner umfangreichen Bestände von Kunst aus der DDR. Ein Café gibt es weiterhin, das Haus unter Gründungsdirektorin Paola Malavassi ist multifunktional im besten Sinn: als Ort für Ausstellungen, Ausflüge und Diskurse.

Letztere beflügelt Olaf Nicolai gerade mit seiner „Ménage de la Maison“. Dank Meike Droste und Thomas Rudnick performen hier zwei exzellente Schauspieler, kehren Staub auf und wirbeln so noch einmal die Geschichte mit all ihren (un-)rühmlichen Aspekten auf.

Stan Douglas Das Minsk
„Bergauf“ (1994/95) von Stan Douglas, seine Ausstellung „Potsdamer Schrebergärten“ ist noch bis 15. Januar im Minsk zu sehen. © Stan Douglas, courtsy der Künstler, Victoria Miro und David Zwirner

Service

Performance

Olaf Nicolais Performance findet bis zum 7. November täglich zwischen 12 und 13 Uhr statt

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