Bild des Tages

Condé Nast öffnet sein Archiv

Der Palazzo Grassi in Venedig zeigt Fotografien aus der Zeit zwischen 1910 und 1979, die für die Magazine Vanity Fair und Vogue entstanden

Von Petra C. Schaefer
13.03.2023

Schöne Menschen mit exotischer Kleidung in exaltierter Pose – ein ebenso raffinierter wie einfacher Mix, der diese Schwarz-Weiß-Fotografie von 1917 bis heute attraktiv macht. Dass der in Italien ausgebildete Maler und Drucker Franz van Riel sie signierte, spricht für ihren Wert. Es handelt sich um die Auftragsarbeit für ein Modemagazin und zeigt die Stars des russischen Balletts Anna Pavlova und Hubert Stowitts beim „Syrischen Tanz“. Ausgestellt ist dieses Bild zusammen mit weiteren 400 Exponaten im Palazzo Grassi in Venedig als Teil des Condé Nast Archivs, das 2021 von der in Paris ansässigen Stiftung des Modeunternehmers und Sammlers François Pinault angekauft wurde. Sein Kurator Matthieu Humery präsentiert im venezianischen Sitz am Canal Grande ausgewählte Arbeiten von 185 Fotografen und Künstlern, die zwischen 1910-1979 für Vanity Fair und Vogue entstanden sind, mit „Allem was die Mode zu bieten hat“: Stillleben, Reportage, Architekturfotografie, Porträt, Mode, Tanz und Design. Darunter sind auch Auftragsarbeiten, die nie veröffentlicht wurden, wie das Porträt von Paul Thompson der Ärztin und Frauenrechtlerin Mary Edwards Walker, der ersten Frau, die in der Öffentlichkeit Hosen trug (1911).

Die chronologische Abfolge, in der für jedes Jahr ein Werk ausgesucht wurde, bietet einen visuellen Spaziergang durch das 20. Jahrhundert, auf dem man einzelne Motive wie alte Bekannte begrüßt, unter anderem das berühmte Porträt Marlene Dietrichs von Cecil Beaton (1932) oder Marlon Brando fotografiert von Jean Howard (1951). Andere Aufnahmen erweisen sich als kleine Sensation, die Humery bei seiner ‚Schatzsuche‘ im Archiv entdeckt hat, wie jene, die Jean Cocteau in einem Phonographen-Pavillon am Set seines Ballets „Les Mariés de la Tour Eiffel“ zeigt (1921). Den Sprung ins 21. Jahrhundert bietet die Interaktion mit ortsbezogenen Arbeiten von vier jungen Bildenden Künstlerinnen und Künstlern. In „Chronorama Redux“ ist unter anderem der aus Kiew kurz vor Kriegsbeginn nach Berlin ausgereiste Daniel Spivakov vertreten, der anlässlich der Ausstellung sein Atelier nach Venedig verlegt hat und an einem neunteiligen Gemäldezyklus arbeitet. Sein fulminanter Start zeigt drei selbstporträthafte Variationen über die Aufnahme des deutsch-amerikanischen Modefotografen Horst P. Horst einer Schaufensterpuppe mit den Gesichtszügen des französischen Schauspielers und Sängers Maurice Chevalier (1931). Im Juni folgt der zweite Teil und es wird sich zeigen, wie ‚venezianisch‘ Spivakovs neue Arbeiten werden.

Übrigens: Die Ausstellung „Chronorama: Photographic Treasures of the 20th Century“ läuft noch bis zum bis zum 7. Januar 2024 im Palazzo Grassi in Venedig.

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