Blitzmomente des Underground: Das Museum Marta Herford würdigt in einer großen Ausstellung die Fotografin Annette Frick
ShareDer Kontrast zwischen dem mit Ketten behangenen, halb nackten Oberkörper und dem pelzbedeckten Gesicht könnte kaum reizvoller seien. Die haarige Maske ist zugleich eine Art Hut und ragt über den Schädel, wie die Bärenmützen der englischen Wachsoldaten. Es blickt uns ein einziges Auge an, das zweite und der Mund sind nur bei näherer Betrachtung gut zu erkennen. Insgesamt ist es eine seltsame Erscheinung, originell, kraftvoll und mysteriös zugleich. Wenn das Bild ikonenhaft wirkt, dann auch deshalb, weil der Körper schlagartig erleuchtet wird, blitzartig. Es entstand im Jahr 2002, die Fotografin Annette Frick, geboren 1957 in Bonn, arbeitete damals mit einer analogen Mittelformatkamera, die mit einem aufwendigen Blitz ausgestattet war. Hinter dem Kostüm verbirgt sich die Schauspielerin Susanne Sachsse, die gerade dabei war, ihr Kostüm für einen Auftritt im Club Cheap in der Klosterstraße in Berlin anzulegen. Damals hatte sie mitsamt ihrer Theatergruppe dort einmal monatlich eine Vorführung. Es ist eine Kulissenaufnahme, die charakteristisch für einen Teil von Annette Fricks Œuvre ist. Seit den 1980er-Jahre porträtierte die Fotografin mit Vorliebe Akteure des Nachtlebens und der Subkultur, viele berühmte Dragqueens posierten vor ihrer Linse. Nun ist ihr Werk, für das sie 2018 mit dem Ellen Auerbach Preis der Akademie der Künste ausgezeichnet wurde, im Marta Herford in einer großen Einzelausstellung zu sehen.
Übrigens: Susanne Sachsse wird im Rahmen der Gruppenausstellung „Der neue Mensch, der Ansager, der Konstrukteur. El Lissitzky: Das Selbstbildnis als Kestner Gesellschaft“, die am 7. Juli in Hannover eröffnet, eine Performance geben. Die Frick-Schau „Ein Augenblick im Niemandsland“ im Marta Herford läuft bis 13. August.