In diesem Monat bestaunen wir die abstrakten Kompositionen von Hilma af Klint, reisen mit Caspar David Friedrich nach Schweinfurt und tauchen ein in die Welt des australischen Künstlers Daniel Boyd
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30.05.2023
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Erschienen in
Weltkunst Nr. 213
Centre Pompidou-Metz, bis 11. September
„Ja, sie ist wirklich eine von uns“, schwärmte Edgar Degas. Doch was war sie eigentlich genau, seine verehrte Malerkollegin Valadon mit dem Wahlvornamen Suzanne? Postimpressionistin? Fauves? Schon Vertreterin einer Neuen Sachlichkeit? Vieles bündelt sich in den Bildern der 1865 geborenen Autodidaktin, die am Anfang als Modell in den Ateliers von Auguste Renoir und de Toulouse-Lautrec arbeitete. In herrlich leuchtenden Farben („Laboîte à violon“, 1923) offenbart sich ihr schonungsloser Blick auf die Welt – so wie in dem charaktervollen Selbstporträt, das sie rauchend im Bett zeigt („La chambre bleue“, 1923).
Gropius Bau, Berlin, bis 9. Juli
Nur wer ganz nah an die Gemälde von Daniel Boyd herantritt, erkennt, dass sie aus winzigen Punkten von Klebstoff bestehen. Tausende von diesen „Linsen“, wie sie der australische Künstler nennt, bedecken die Leinwände. Zwischen ihnen leuchtet schwarze Farbe. Dieses Wechselspiel zwischen Licht und Schatten lässt die Arbeiten in ständiger Bewegung erscheinen. Die Ausstellung ist als Rundgang ohne klaren Anfang oder Ende angelegt und bezieht auch den zentralen Lichthof mit ein. Sie erzählt so von der Gründung des australischen Staates in einer neuen, nicht-linearen Weise. Gemälde wie „Untitled (CPC)“ (2015) widersetzen sich den formalen Ansätzen ethnografischer Fotografie: Die Maltechnik dient als Mittel des indigenen Widerstands und macht deutlich, dass Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt werden muss.
Museum Georg Schäfer, Schweinfurt, bis 2. Juli
Mit Italien hatte Caspar David Friedrich fast nichts am altdeutschen Barett. Der patriotischste unter den deutschen Romantikern suchte pittoreske Gebäudebrösel lieber in heimatlichen Gefilden wie dem mecklenburgischen Amt Grabow („Ruine Eldena“, um 1828). Seinem Ruhm hat das nicht geschadet. 2024 wird der 250. Geburtstag des Malers gefeiert, und da man in Schweinfurt jetzt schon ein bisschen vorauseilt, kommt eine feine Auswahl seiner Bilder mit Werken seiner Zeitgenossen zusammen. Für romantische Gefühlsschübe sorgen berühmte Motive wie der „Wanderer über dem Nebelmeer“ (um 1817) aus der Hamburger Kunsthalle und die „Kreidefelsen auf Rügen“ (1818) aus dem Kunst Museum in Winterthur.
Porzellanikon, Selb, bis 15. Oktober
Porzellanhochburgen wie Meissen oder Nymphenburg haben klangvollere Namen. Und doch fanden auch Stücke böhmischer Manufakturen ihre Anhängerschaft: So orderte 1852 der österreichische Kaiser Ferdinand I. bei der Thun’schen Porzellanfabrik in Klösterle ein Frühstücksservice, von dem später die allseits beliebte Kaiserin Elisabeth („Sisi“) speiste. Das prächtige Geschirr ist ein Highlight dieser Ausstellung mit böhmischen Porzellanen des 19. Jahrhunderts. Die Bandbreite reicht dabei von repräsentativen Objekten wie einer Prunkvase mit Jagdmotiv, gefertigt 1872–1873 bei Pirkenhammer, bis zu Trinkbechern für Heilwasser, die in Kurbädern als Souvenir erstanden wurden.
Tate Modern, London, bis 3. September
Dass an der Spitze der abstrakten Avantgarden eine Frau voranschritt, muss nicht mehr betont werden: Seit ihrer posthumen Wiederentdeckung im Jahr 2013 gehört Hilma af Klint zum Kunstgeschichtskanon. So kann sich die Tate Modern darauf konzentrieren, den Entwicklungspfad der Schwedin darzustellen: Von Landschaften und botanischen Zeichnungen gegen Ende des 19. Jahrhunderts führt er ab 1906 zu den organischen und geometrischen Formen ihrer abstrakten Kompositionen wie etwa „The Swan“ (1914–1915). Interessant ist, dass die Bilder des hier parallel gezeigten Piet Mondrian – etwas später – eine ähnliche Verwandlung durchmachten.
Bozar, Brüssel, bis 21. Juli
Bisweilen vergisst man, dass in der pulsierenden Renaissancestadt Florenz auch nach 1600 gemalt wurde. Da hilft ein Blick auf die amerikanische Haukohl Family Collection mit florentinischer Barockmalerei, die sich auf Europatournee befindet. Nach Stationen in Augsburg, Remagen und Braunschweig bietet sich nun in Brüssel die Chance auf eine Neu- oder Wiederbegegnung. Reizvoll sind verspielte Motive wie „Harlekin und seine Begleitung“ von Giovan Domenico Ferretti aus dem 18. Jahrhundert oder Heiligenbilder mit manch kuriosem Mienenspiel, wie bei der heiligen Dorothea aus Cappadocia, die Cesare Dandini – Begründer einer Malerdynastie – im 17. Jahrhundert imaginierte.