Ausstellungstipps

Die schönsten Ausstellungen im Mai

In diesem Monat entdecken wir die Filme von Margaret Raspé in Berlin, bestaunen Ragnar Axelssons Eiswelten des Nordens in Hamburg und erfahren, wie die Blume in die Kunstgeschichte kam

Von Lisa-Marie Berndt & Tim Ackermann
02.05.2023
/ Erschienen in Weltkunst Nr. 212

Zurück ins Licht

Jüdisches Museum, Frankfurt a. M., bis 29. Mai

Kaum jemand kennt noch ihre Namen, dabei zählten diese Künstlerinnen zur lebendigen Frankfurter Kunstszene der 1920er-Jahre: Erna Pinner, Rosy Lilienfeld, Amalie Seckbach und Ruth Cahn. Als Jüdinnen ausgegrenzt und verfolgt, fanden ihre Karrieren, wenn nicht gar ihre Leben, unter dem Nationalsozialismus ein jähes Ende. Amalie Seckbach etwa, die sich von ihrer Sammlung chinesischer Farbholzschnitte inspirieren ließ („Hortensie“, 1939), feierte in Paris zusammen mit James Ensor und in Chicago Erfolge, bevor sie 1944 in Theresienstadt ermordet wurde.

Margaret Raspé

Haus am Waldsee, Berlin, bis 29. Mai

„Alle Tage wieder – Let them swing!“ (1974) heißt der Super-8-Film, der im Haus am Waldsee an die Wand projiziert wird. Nach und nach hält die 1933 in Breslau geborene Margaret Raspé verschiedene Gegenstände unter Wasser, schrubbt sie ab, legt sie beiseite. Das Besondere dabei: Ihr Blick ist auch unser Blick. Ein selbst entwickelter Kamerahelm, der einem Baustellenhelm gleicht, folgt jeder ihrer Bewegungen. Die umfassende Retrospektive vereint frühe feministische Arbeiten der Künstlerin wie die ab den 1970er-Jahren entstandenen „Kamerahelmfilme“ sowie spätere Werke, die sich Fragen der Ökologie, Nachhaltigkeit, Wahrnehmungstheorie, Spiritualität und Heilung widmen.

Flowers Forever

Kunsthalle, München, bis 27. August

Mal ist sie Hauptdarstellerin, mal schmückendes Beiwerk – auf jeden Fall hat die Blume in der Kunstgeschichte feste Wurzeln geschlagen. In dieser gelungenen Überblicksschau mit botanischen Motiven erweist sie sich als Alleskönnerin: Entzückend sind die leuchtenden Blütenkelche in der 1640 von Jan Brueghel d. J. gemalten „Satire auf die Tulpenmanie“ oder die üppigen Gewächse von Rosen und Geißblatt, die Dante Gabriel Rossettis „Venus Verticordia“ (1864–1868) rahmen. Und in Kristian Zahrtmanns „Adam im Paradies“ (1914) nimmt ein Bananenbüschel die nur halbherzig verhüllte Phallusthematik elegant wieder auf.

Souls Grown Deep

Royal Academy of Arts, London, bis 18. Juni

Der Rassismus hatte vor allem den Süden der USA noch lange in seinem Klammergriff. Bis in die Sechzigerjahre hinein durften schwarze Menschen nicht mit weißen im Bus sitzen, nicht dieselben Toiletten benutzen. Der elitäre Kunstbetrieb war nicht unbedingt anständiger. So arbeiteten Künstlerinnen und Künstler oft ohne Ausbildung und im Verborgenen. Mose Tolliver aus Alabama beispielsweise („Mary“ von 1986) erlebte seinen Durchbruch 1982 durch eine Schau mit „Black Folk Art“ in Washington. Da hatte sein siebtes Lebensjahrzehnt begonnen. Die Souls Grown Deep Foundation aus Atlanta setzt sich seit 2010 für die Kunstschaffenden der südlichen Bundesstaaten ein und leiht nun wichtige Werke nach London aus.

Ragnar Axelsson

Deichtorhallen Hamburg, bis 18. Juni

Erstmals spürte der Junge aus Reykjavík die gewaltige Macht der Natur, als er vom Fenster eines Flugzeugs das Eis eines Gletschers erblickte. In den folgenden Sommern erprobte er seine bescheidenen Kräfte in dieser Landschaft – die Leica seines Vaters im Gepäck. Seit mehr als fünf Dekaden dokumentiert der heute 65-jährige Ragnar Axelsson die Eiswelten des Nordens und deren Menschen. Seine wunderschönen, faszinierenden Fotografien erzählen allerdings auch von der fortschreitenden Zerstörung dieses Naturraums durch den Klimawandel („Kötlujökull Melting, Iceland“ 2021). Und vom Verlust des Lebenssinns bei den Jagdgesellschaften der grönländischen Inuit, der damit einhergeht.

Christiane Möbus

Schloss Neuhardenberg, bis 4. Juni

Was ist das Heimatland? Ist es ein Ort, der einem aufgezwungen wird? So wie das niedersächsische Flachland, das einst Fluchtziel war? Das Bild auf dem Foto „Im Westen“ von 1950/1997/2008 zeigt die Schwester der Künstlerin im blauen Kleid beim Erkunden der neuen Umgebung. Oder ist die Heimat eine reine Illusion – ähnlich den Glasvögeln, die in der Skulptur „Paradies“ (2002, im Vordergrund) mit Ähren in einem Holzkasten sitzen? Christiane Möbus ist mit dieser Schau im Schloss Neuhardenberg in die Region Oderbruch zurückgekehrt, aus der ihre Familie einst flüchten musste.

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