Ausstellungstipps

Die schönsten Ausstellungen im Juli

In diesem Monat bewundern wir erlesene Barockmalerei in Köln, feiern das Jubiläum des Van Gogh Museums in Amsterdam und blicken auf Selbstporträts von Künstlerinnen in Emden

Von Tim Ackermann & Simone Sondermann
30.06.2023
/ Erschienen in WELTKUNST Nr. 214

Hier bin ich!

Kunsthalle Emden, bis 3. September

Mit dem Beginn der Moderne nahm endlich die Sichtbarkeit von Künstlerinnen zu. Die Fülle der weiblichen Selbstporträts nach 1900 überrascht daher in dieser Überblicksschau weniger – die Vielfalt der Ansätze dafür umso mehr: Maria Lassnig malte sich 1971 im „Selbstporträt mit Stab“ kämpferisch. Mit aufgekrempelten Hemdsärmeln zupackend erscheint Hanna Nagel im Selbstbildnis von 1929. Zanele Muholi geistert durch ihre Eigenaufnahme als tiefschwarzes Phantom mit Fantasieperücke. Und über all dem strahlt Katharina Sieverding aus einer Fotografie mit goldenem Antlitz wie eine Sonnengöttin.

Isaac Julien

Tate Britain, London, bis 20. August

Drei Stunden, 39 Minuten und 33 Sekunden: So lange braucht man, um gänzlich in die sieben Filme und Mehrkanal-Videos einzutauchen, die die Tate Britain in der ersten umfassenden Retrospektive des Londoner Künstlers Isaac Julien präsentiert. Es ist eine poetische Trance, in die die großen Bewegtbild-Installationen die Besuchenden versetzen. Unterstützt vom sehr guten Ausstellungsdesign des Architekten David Adjaye, gibt die Schau einen vielfältigen Einblick in Juliens Schaffen von den späten 1980er-Jahren bis heute, das sich vor allem, aber nicht nur der schwarzen queeren Geschichte widmet. Auch das Berliner Palais Populaire zeigt derzeit übrigens ein Werk des letztjährigen Kaiserring-Preisträgers: „Playtime“ läuft noch bis 10. Juli.

Camille Henrot

Kunstmuseum St. Gallen, bis 5. November

Der Surrealismus erfährt sein zeitgemäßes feministisches Update in den Werken von Camille Henrot: Mit modischer Jeans, milchspritzenden Bronzebrüsten und zum Himmel gereckter Krallenhand wirkt ihre Skulptur „End of Me“ (2021) wie die Alptraumvision einer modernen Frau, die zwischen Instagram-Inszenierung und Mutterschaftsrealität gefangen ist. In der aktuellen Schau nimmt die 1978 geborene Französin die Novelle „Die seligen Jahre der Züchtigung“ von Fleur Jaeggy über deren Kindheit zum Anlass, die eigene Erziehungsrolle zu verarbeiten: Ihre Werke bettet sie in eine Klanginstallation von Mauro Hertig aus Wiegenliedern und mahnenden Elternworten.

Corinthium Aes

Neues Museum, Berlin, bis 27. August

Das antike Wissen um das Korinthische Erz galt als im Dunkel der Zeiten verloren. Quellen nannten zwar die Zusatzstoffe dieser auf Kupfer basierenden Legierung wie Gold, Silber oder Arsen, aber die genaue Rezeptur blieb ein Mysterium. Dem Nürnberger Goldschmied Matthias Lehr ist es nun in Kooperation mit der Archäologin Alessandra Giumlia-Mair gelungen, ein Herstellungsverfahren für Corinthium Aes zu rekonstruieren. Lehrs Objekte wie die „Lotus-Schale“ weisen die typische tiefschwarze Patina auf. Eine Kabinettausstellung informiert über die Forschungsergebnisse und zeigt die neuen Werke neben altägyptischen Vorläufern.

Van Gogh in Auvers

Van Gogh Museum, Amsterdam, bis 3. September

In seinen letzten Lebensmonaten fand Vincent van Gogh in einem kleinen Dorf bei Paris Zuflucht. Dort malte er Werke wie „Weizenfeld mit Krähen“ oder „Baumwurzeln“ (beide 1890), die zum Teil so radikal angelegt waren, dass sie schon die Tür zur Abstraktion aufstießen. Porträts widmete er unter anderem seinem auf die Behandlung von Melancholie spezialisierten Arzt: „Doktor Paul Gachet“ (1890). Mit „Van Gogh in Auvers“ feiert das Van Gogh Museum in Amsterdam sein 50-jähriges Bestehen.

Sammlerträume

Wallraf-Richartz-Museum, Köln, bis 21. April 2024

„Museumsträume“ sollte diese Schau besser heißen. Denn wann passiert es in der Realität schon mal, dass einem Ausstellungshaus eine Kollektion mit erlesener Barockmalerei, die während eines halben Jahrhunderts erworben wurde, als Dauerleihgabe angeboten wird? Exakt diesen Glücksfall hat das Wallraf-Richartz-Museum vor nicht allzu langer Zeit erlebt und zeigt nun stolz die Schätze, die der anonyme Gönner auf Zeit überlässt, im Fenstersaal der Barockabteilung: In der ersten Präsentation kann sich das Publikum am sanften Licht von Gerrit Dous „Nischenstillleben mit einer Öllampe“ erfreuen oder die Blütenfülle in „Maria mit Jesuskind, Johannes der Täufer, heilige Anna von Engeln umkränzt“ bewundern, gemalt von Jan Brueghel I und Hendrick van Balen I.

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