Amsterdam ist eine Museumsstadt. Weltbekannt sind das Rijksmuseum mit alten holländischen Meistern und das Van Gogh-Museum. Doch sie bekommen Konkurrenz
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16.08.2023
Amsterdam zählt bereits mehr als 100 Museen – und es hört nicht auf. Die Grachtenmetropole erlebt einen Boom von neuen Museen – und das verblüfft. Die Neuen zeigen neue Kunst oder bieten ein anderes Erleben der alten Meister. Manche wittern nur ein gutes Geschäft mit der Kunst. Doch es gibt auch Initiativen, die einen Beitrag für die Kultur liefern wollen. Sie kommen ohne Subventionen aus und sprengen traditionelle Ausstellungsmodelle. Und das kommt an. Gerade junge Leute sind begeistert. Eine Übersicht.
Fabrique des Lumières – Neues Erleben
In einer 1200 Quadratmeter großen Halle der alten Gasfabrik wird Kunst in Bewegung gebracht. „Wir wollen Kunst lebendig machen“, sagt Patrick Alders, Direktor der Fabrique des Lumières. Werke von berühmten Malern werden auf die rauen Backsteinwände projiziert, wie ein überdimensionaler Film. Zuschauer tauchen in die Kunstwerke ein, ohne VR-Brille oder Bildschirm. „Immersiv“, nennt das Alders.
So fügen sich begleitet von Musik Ornamente, Blumen und Figuren zu den Gemälden des Wiener Malers Gustav Klimt zusammen. Oder man bewegt sich durch die surrealistische Welt von Salvador Dalì zur Musik von Pink Floyd.
Kunst wird sinnlich erfahren – Besucher können liegen, stehen, sitzen oder rumlaufen. „Kunst für alle“, ist das Motto des französischen Mutterunternehmens. Und das kommt an – vor allem bei jungen Leuten. Jeder zweite Besucher ist jünger als 40 Jahre, und schon im ersten Jahr 2022 kamen mehr als eine halbe Million Besucher.
NXT – Museum für neue Medienkunst
Der raue Norden ist die Kulisse für NXT – das erste Museum für neue Medienkunst in den Niederlanden. Dahinter verbirgt sich eine neue Welt des sinnlichen Erlebens von Kunst, Medien, Technik. „Diese Kunst wird nicht gezeigt in traditionellen Museen“, sagt Merel van Helsdingen, Gründerin und nun Direktorin von NXT. Viele hätten nicht Schritt gehalten mit den neuen Entwicklungen.
Aber, so räumt sie ein: Die traditionellen Museen hätten auch nicht die Räume und technischen Einrichtungen, um diese Kunst zu zeigen. Das frühere TV-Studio im Norden ist dagegen ein idealer Raum. „NXT ist eine Black Box und kein White Cube“, sagt sie. Der weiße Würfel ist ein Synonym für moderne Kunstmuseen.
In den schwarzen Räumen werden digitale Installationen gezeigt, die Sinne und Verstand reizen. Es sind Werke, die die modernen Technologien nutzen, und sie stammen nicht nur von international anerkannten Künstlern. NXT will auch Talente fördern.
Auch NXT ist eine private Initiative und kommt bisher ohne staatliche Subventionen aus. Das Geld kommt aus Eintrittsgeldern und von Sponsoren, für die die Zielgruppe interessant ist. Über 60 Prozent der Besucher sind jünger als 35 Jahre.
STRAAT – Museum für Straßenkunst und Graffiti
Straßenkunst und Graffiti in einem Museum? – Für viele ist das ein Tabu oder zumindest ein Widerspruch. Doch die alte Schiffshalle der früheren NDSM-Werft im Norden der Stadt ist wie gemacht für diese Kunst. Liebhaber der Straßenkunst schlossen sich zusammen und eröffneten STRAAT. Etwa 160 Werke sind zu sehen von etwa 150 Künstlern – große Namen und neue Talente. „Der Einfluss von Straßenkunst auf die Alltagskultur ist groß“, sagt Direktor Guy-Georges Trigallez. Graffiti und Straßenmalereien veränderten die Städte.
Bei STRAAT hängt die Kunst natürlich auch draußen. Gerade erst hat Shepard Fairey – er wurde weltweit bekannt durch sein ikonisches Obama-Poster „Hope“ – ein neues Werk auf der Außenwand geschaffen. Fast 15 Meter hoch. Im Museum sind weitere 130 seiner Werke zu sehen. Er hätte nie gedacht, dass seine Kunst jemals breit akzeptiert werde, sagte der US-Amerikaner kürzlich. „Für viele war Straßenkunst nur Vandalismus.“
Das Amsterdamer Museum will auch ein Podium sein für die Künstler und den Besuchern eine Übersicht geben über die verschiedenen Strömungen. Kurz vor der Corona-Pandemie 2020 startete STRAAT und konnte gleich wieder schließen. Als es 2022 wieder seine Tore öffnete, kamen im ersten vollen Jahr gleich rund 130 000 Besucher.
Moco und RTXP – Kunst zwischen Kommerz und Kitsch
RTXP steht für Art Experience – eine zumindest ungewöhnliche Erfahrung. In einer alten Schule hängen 50 berühmte Werke der Kunstgeschichte. Rembrandt, Botticelli, Da Vinci, Van Gogh, Monet. Natürlich sind es nicht die Originale – die hängen verstreut in der Welt in Museen. Es sind Kopien, möglichst originalgetreu gemalt, sie sollen eine Übersicht über die Entwicklung der Kunstgeschichte geben. Kunst zwischen Kommerz und Kitsch.
Auch die Initiatoren von Moco witterten das Geschäft mit der Kunst. Seit sieben Jahren zeigen sie in einer Villa gleich beim Rijksmuseum und Van Gogh-Museum Werke von den heutigen Superstars der Kunstszene wie Banksy, Jeff Koons oder Damien Hirst. Ein Hotspot vor allem für Touristen und die perfekte Kulisse für hippe Fotos für Instagram oder Tiktok. (dpa)