Bild des Tages

Farbenrausch beim Amtsalon

Die Arbeiten der finnischen Künstlern Eeva Karhu leuchten an diesem Wochenende beim Berliner Amtsalon, bei dem zwölf Galerien ausgewählte Werke präsentieren

Von Christiane Meixner
01.12.2023

Es ist kalt und matschig, aber im ehemaligen Amtsgericht von Berlin-Charlottenburg scheint die Sonne. Sobald man die Treppe der historischen Architektur erklimmt, in der temporäre Kulturprojekte wie jetzt der fünfte „Amtsalon“ realisiert werden, leuchtet es rot aus dem Raum der Galerie Tanja Wagner: Die von ihr vertretene Künstlerin Grit Richter hat einen tiefroten bulb gemalt, der die Temperatur gefühlt schon einmal steigen lässt. Bei der Galerie Sexauer wachsen Blumen von Isabelle Graeff auf faszinierend montierte Prints, bei Friese stapeln sich intensive Farben auf den Leinwänden von Franziska Holstein.

Kein Zweifel: Die zwölf teilnehmenden Galerien aus Berlin haben sich für das Pop-up-Ereignis mit kraftvoller Kunst gewappnet. Solche, die man am liebsten mit nach Hause tragen möchte, um ihr Leuchten noch ein bisschen zu bewahren. Zu ihnen gehören auch die Bilder von Eeva Karhu. Die 1980 in Finnland geborene Künstlerin versteht ihre Arbeit als konzeptuell. Dennoch fließt so viel Historie in Pigmentdrucke wie „Autumn 3“ von 2019 ein, dass sie das 19. Jahrhundert wie einen Film passieren lassen: Karhus Bilder erinnern an William Turner, zitieren die Impressionisten wie auch abstrakte fotografische Experimente mit Licht. Gleichzeitig sind sie autonome Motive von immenser Anziehungskraft. Man ahnt Wege oder hohe Alleen, die die Künstlerin durch ihre Strategie der Überlagerungen nahezu verschwinden lässt. Alles scheint aufgelöst, die Farben sind nicht länger an die von Karhu fotografierten Objekte gebunden, sondern entwickeln ihre eigene Dynamik. Tiefenperspektivisch weisen die Bilder der „Path“-Serien, zu denen „Autumn 3“ gehört, in die Unendlichkeit. Dieser Sog lässt sich auch in dem Raum beobachten, den die Galerie Persons Projects bis Sonntag im Amtsgericht belegt. Die Galerie wurde 1995 in Helsinki gegründet, hat ihren Sitz seit 2005 in Berlin und einen Schwerpunkt auf Künstler wie Künstlerinnen aus dem Norden. Persons zeigt auch Arbeiten von Nanna Hänninen oder Santeri Tuori. Doch der Pfad, den Eeva Karhu immer und immer wieder auf dem Nachhauseweg mit der Kamera aufnimmt und aufs Neue verändert, hebt sich an diesem Wochenende über alles hinaus.

Übrigens: Die fünfte Ausgabe des Amtsalon findet vom 1.–3. Dezember (11–19 Uhr) in der Berliner Kantstraße 79 statt.

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