Die spanische Milliardärin Hortensia Herrero präsentiert ihre hochkarätige Sammlung in einem neuen Museum. Im Palacio de Valeriola treten Archäologie, Architektur und zeitgenössische Kunst in Dialog
ShareDas Klappern der Hufe ist bereits aus der Ferne zu vernehmen. In rhythmischem Galopp schallt es über den Innenhof des frisch sanierten Palacio Valeriola in der Altstadt von Valencia. Ungefähr so mag es hier bereits vor 2000 Jahren geklungen haben, als in der ehemaligen römischen Siedlung Valentia Wagenrennen stattgefunden haben. Das Geräusch gehört zu Mat Collishaws Multimedia-Installation „Left in Dust“, die seit Anfang November im Centro de Arte Hortensia Herrero zu sehen ist. In drei Metern Höhe galoppieren Pferde über High-Tech-Screens, die zu einem Oval verbunden sind. In drei Metern Tiefe befinden sich die Überreste eines römischen Zirkus, den man während der Renovierungsarbeiten entdeckt hat. Teile der alten Mauern können im Untergeschoss bestaunt werden. Auf eindrucksvolle Weise greift Collishaw die Form der antiken Rennbahn in seiner Arbeit auf. So wie auch damals der Zirkus in Valencia eine Nachbildung des berühmten Circus Maximus in Rom war.
Collishaws Arbeit ist eines von sechs Werken, die exklusiv für das Privatmuseum der spanischen Milliardärin Hortenisa Herrero in Auftrag gegeben wurden. Im Eingangsbereich des barocken Palasts, der im ehemaligen jüdischen Viertel von Valencia beheimatet ist, schweben Tomás Saracenos berühmte Wolken aus regenbogenfarbigem Glas, das Tor zum Innenhof umsäumt ein silberner Buchstabensalat von Jaume Plensa. Im ersten Stock leuchten bunte Fenster, die Sean Scully für die ehemalige Kapelle gestaltet hat. In den weiteren Stockwerken finden sich ein Tunnel aus Glas von Olafur Eliasson sowie ein von Christina Iglesias gestalteter Korridor, der den alten Palast mit einem modernen Neubau verbindet. Insgesamt misst der Komplex rund 3500 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Über 100 Werke umfasst die private Kunstsammlung von Hortenisa Herrero, darunter sind viele große Namen wie Anselm Kiefer, Georg Baselitz, David Hockney und Anish Kapoor.
Sieben Jahre lang wurde der Palacio Valeriola, dessen Entstehung auf das 14. Jahrhundert zurückzuführen ist, von ERRE Arquitectura renoviert und saniert. Das Architekturbüro leitet Herreros Tochter Amparo Roig gemeinsam mit José Martí. Mit großer Sorgfalt und Liebe zum Detail wurde die alte Bausubstanz wiederhergestellt. Die modernen Elemente wie Fahrstühle und eine Bar fügen sich dezent in die Architektur ein.
Der Palast war einst das Zuhause des Bankiers Don Joan de Valeriola, später Sitz der Zeitung „Las Provincias“. In den wilden Achtzigern nutzte man die Räumlichkeiten als Diskothek, deren Eingang von zwei lebendigen Löwen flankiert war. Bevor Herrero das Gebäude kaufte, stand es jahrelang leer. Nicht weniger als 40 Millionen Euro flossen in das Prestigeprojekt. Hortensia Herrero ist eine der reichsten Frauen Spaniens, ihr und ihrem Mann Juan Roig gehört die Supermarktkette Mercadona, die in allen Provinzen des Landes sowie in Portugal zu finden ist. Seit 2011 engagiert sich die 73-jährige Geschäftsfrau mit ihrer Fundación Hortensia Herrero für die Kunst- und Kulturszene ihrer Heimatstadt Valencia.
Mit der Stiftung unterstützt sie auch diverse Renovierungsarbeiten historischer Gebäude, wie die Restaurierung der Deckenfresken der Kirche San Nicolás de Bari, auch bekannt als „Sixtinische Kapelle“ von Valencia. Auch die Instandsetzung des Seidenmuseums, in dem die Geschichte des Seidenhandels in der Stadt erfahrbar wird, geht auf die Stiftung zurück. Doch nicht nur das kulturelle Erbe der Metropole am Mittelmeer liegt dem Ehepaar am Herzen: am Hafen haben sie mit der Initiative „Marina de Emprasas“ einen Ort der Wissensvermittlung und -anwendung geschaffen. Eine Universität, Konferenzräume und Büros für Start-ups sind hier angesiedelt. So wollen sie die Stadt auch für junge Unternehmerinnen und Unternehmer attraktiv machen.
Mit dem Centro de Arte Hortensia Herrero möchte die Mäzenin den Bürgerinnen und Bürgern Valencias Zugang zu den großen Namen der zeitgenössischen Kunstszene bieten. Bedauerlicherweise sind fast nur Künstler und kaum Künstlerinnen vertreten. Gemeinsam mit dem Kurator Javier Molins hat sie über viele Jahre internationale Messen, Biennalen und Galerien besucht, um ihre Sammlung aufzubauen. Der Fokus auf kinetischer Kunst mit Arbeiten von Alexander Calder und Carlos Cruz-Dies sorgt für eine willkommene Abwechslung. Ebenso die im Erdgeschoss präsentierten Arbeiten, die Herrero ausschließlich in Galerien in Valencia erworben hat. Seit 2014 kauft die Stiftung im Zuge der „Abierto València“, einer Nacht der offenen Galerien, jeweils ein Kunstwerk an, um die Kunstszene der Stadt zu fördern.
Natürlich darf auch der in Valencia geborene Maler und Meister des Lichts Joaquín Sorolla nicht fehlen. Man findet ihn neben drei weiteren Werken von spanischen Malern an der Decke in der ehemaligen Kapelle. Momentan beheimatet das neue Museum nur die Privatsammlung von Hortensia Herrero – ob es auch temporäre Ausstellungen geben wird, bleibt mit Spannung abzuwarten.