Wiener Werkstätte

Meisterin des Mixens

In Felice Rix-Uenos Entwürfen kamen verschiedenste Stile zusammen. Nun zeigt das MAK in Wien die Vielseitigkeit der Gestalterin

Von Alicia Ettwig
12.02.2024
/ Erschienen in Weltkunst Nr. 223

Eine besondere Leichtigkeit zieht sich durch die Werke von Felice Rix-Ueno. „Sterne, Federn, Quasten“ heißt ihre Schau im Wiener Museum für angewandte Kunst (MAK) nicht zufällig. Ihr persönlicher Stil, ein ungewöhnlicher Mix aus verspielten Mustern und geometrischen Formen, fällt gleich beim Betreten des in Rosa und Weiß gehaltenen Ausstellungsraums ins Auge. Schon sind die Betrachtenden abgetaucht in das farbenfrohe Œuvre der Gestalterin. Dabei stechen vor allem ihre Wandmuster und Stoffe hervor, von denen zahlreiche ausgestellt sind und nahezu eine gesamte Wand des Raums bedecken. Der Stoff „Gespinst“ aus dem Jahr 1924 verdeutlicht Rix-Uenos Handschrift: eine Vorliebe für Farben und „symmetrisches Chaos“. Das Muster erinnert an japanische Färberschablonen, sogenannte Katagami. Die Wiener Werkstätte, für die die Künstlerin arbeitete, stellte aus dem Stoff später Muster für Lampenschirme her.

Das Mixen verschiedener Stilelemente prägte Felice Rix-Uenos Kunst

Felice, die von allen Lizzi genannt wurde, war die älteste von vier Schwestern. Geboren 1893 in Wien, fing sie früh an, sich für Kunst zu interessieren. Ihre Familie unterstützte sie dabei und schickte sie an die Wiener Kunstgewerbeschule, wo sie als Talent entdeckt und gefördert wurde. Die selbstbewusste Lizzi lernte schnell, sich zu behaupten und genau wie Männer am Berufsleben teilzunehmen. Diese Einstellung prägte vor allem ihre Großmutter, die als Produzentin der Kosmetikmarke Pasta Pompadour einen wirtschaftlichen Grundstein für die vier Rix-Schwestern legte, aber auch weltanschauliches Vorbild war und den jungen Mädchen zeigte, dass Konventionen gebrochen werden können. Dies spiegelte sich in der Kunst von Felice wider, die durch das Mixen verschiedener Elemente und das Durchbrechen fester Stilrichtungen geprägt ist.

1916 trat die damals 23-Jährige in die Wiener Werkstätte ein. Die 1903 von den Künstlern Josef Hoffmann und Koloman Moser sowie dem Unternehmer Fritz Waerndorfer gegründete Produktionsgemeinschaft wollte den Historismus und seine Stilimitationen durch Einfachheit, Angemessenheit und Eleganz ersetzen. Zu den produzierten Objekten zählten Möbel, Porzellan, Glas, Schmuck und Mode. Josef Hoffmann, der Rix an der Kunstgewerbeschule unterrichtet hatte, bot seiner Absolventin eine Arbeitsstelle an. Die ambitionierte Lizzi prägte von da an den Look der Werkstätte, bis zu deren Auflösung 1932, nachhaltig mit. 1918 entwarf sie die Deckengestaltung eines Verkaufsraums mit Bildern von Vögeln, Federn und eleganten, langstieligen Blumen. Sie sind wiederkehrende Motive in Rix’ Œuvre und auch auf zahlreichen Stoffmustern, Stickereien, Emailarbeiten und Tapeten zu sehen.

Biedermeierstil, Arts-and-Crafts-Bewegung und Japonismus als Inspiration

Schon während ihrer Studentenzeit bezeichnete Josef Hoffmann Rix als „ein höchst eigenartiges Talent, selbstständig im Geschmack“. Damit spielte er vermutlich auf ihre früh ausgebildete Formensprache an, die sich aus verschiedensten Einflüssen entwickelte. Inspiration fand die junge Wienerin im österreichischen Biedermeierstil, der britischen Arts-and-Crafts-Bewegung sowie der japanischen Kunst, die im Japonismus des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts ohnehin großen Einfluss auf die Kunst der westlichen Welt hatte.

Im Jahr 1925 heiratete Rix den japanischen Architekten Isaburo Ueno. Gemeinsam zog das Paar nach Kyoto, wo es ein Architekturbüro eröffnete. Während ihr Mann den Architekturpart übernahm, kümmerte sich Felice Rix-Ueno um die Raumgestaltungen und die Ausstattung mit Kunsthandwerk. Sie reiste zudem regelmäßig nach Europa und immer wieder auch in ihre alte Heimatstadt, wo sie noch immer in der Wiener Werkstätte tätig war. Zu dieser Zeit konzentrierten sich ihre Entwürfe auf Kissen, Ketten oder Zigarettenschachteln, die sie oft mit Quasten verzierte und die zu einer Art Markenzeichen wurden. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs und der Auflösung der Wiener Werkstätte wurden Rix’ Besuche komplizierter. Sie begann, als Lektorin an der Technischen Fachhochschule Setsunan und der Städtischen Universität sowie als Dozentin an der Kunsthochschule Kyoto zu arbeiten und Aufträge japanischer Unternehmen anzunehmen. Anders als in der Frühphase wurden ihre Arbeiten in Japan figurenbetonter und bildeten statt Mustern zunehmend mehr Menschen und Tiere ab. Während sie 1925 in ihrem Entwurf für eine Bonbonniere noch einen klaren, eher reduzierten Stil mit nur zwei Tieren abbildete, ist auf ihrer Bildrolle „Christkindlmarkt in Wien“ aus dem Jahr 1955 ein buntes Treiben mit vielen Figuren zu sehen.

Auch wenn Felice die bekannteste war, waren ihre Schwestern ebenfalls künstlerisch tätig. Edith war Fotografin, Gertrude Schneiderin und Kitty Keramikerin. Letzterer ist ein eigener Bereich in der Ausstellung gewidmet. Ihre Werke weisen ebenfalls Einflüsse der japanischen Kunst auf. Während des Nationalsozialismus wurden die Geschwister der jüdischen Rix-Familie in die Flucht gezwungen und getrennt. Felice verstarb 1967, ihre Schwestern zwischen 1951 und 1996. Dass zwei von ihnen nun im MAK zusammenfinden, hätten sie sich zu Lebzeiten wohl nicht erträumt.

Service

Ausstellung

„Sterne, Federn, Quasten. Die Wiener-Werkstätte-Künstlerin Felice Rex-Ueno“

Museum für angewandte Kunst (MAK), Wien

bis 21. April

www.mak.at

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