Bild des Tages

Das Gesicht unserer Zeit

Um Käthe Kollwitz war es längere Zeit eher ruhig. Jetzt wird sie in Frankfurt, New York und Kopenhagen neu gewürdigt. Das ist in unserer Krisenzeit sicher kein Zufall

Von Sebastian Preuss
19.03.2024

Sie war zu Lebzeiten immer eine Klasse für sich. Und sie ist es bis heute. Das Werk von Käthe Kollwitz ragt in der deutschen Moderne als ein ganz eigener Komplex heraus, voller Trauer über die Grausamkeiten, die Menschen sich antun, in pathetischer Anklage von Gewalt und Ungerechtigkeit, aufwühlend in der Expression der Darstellung, oft zu Tränen rührend. Diese Künstlerin lässt niemanden kalt, in der Verehrung ebenso wenig wie in der Ablehnung, die sie ebenso reichlich erfuhr. Krieg und soziales Unrecht, Elend und Verzweiflung, die Stellung der Frau, die so oft Opfer in der Männerwelt war: Das waren ihre Themen. Als 23-Jährige ging sie den radikalen Schritt, sich ganz auf die Zeichnung und vor allem die Druckgrafik zu konzentrieren. Darin war sie überaus experimentell und innovativ, und es gehört zu den Sensationen ihres Schaffens, wie sie diesem Medium Bilder voller Sinnlichkeit und tiefer Emotionalität abrang.

Käthe Kollwitz’ Werk wird in gleich drei Ausstellungen neu beleuchtet 

Käthe Kollwitz, die 1867 als Käthe Schmidt zur Welt kam und sich unerschrocken in der Männerwelt des Kunstbetriebs durchsetzte, hätte in den heutigen Kriegen und Krisen, in all den Geschichten von Flüchtenden und Gewaltopfern viel Stoff. Umgekehrt treffen ihre mitfühlenden, berührenden Trauerbilder, aber auch ihre politischen Botschaften einen Nerv unserer Zeit. Es ist sicher kein Zufall, dass ihr Werk in diesem Jahr in gleich drei größeren Ausstellungen neu beleuchtet wird. Besonders bemerkenswert: Dies geschieht nicht nur in Deutschland, wo das Frankfurter Städel Museum die Initiative übernimmt, sondern auch im Museum of Modern Art in New York und im Kopenhagener Statens Museum. Kollwitz’ Mitgefühl und Engagement für alle Opfer von Krieg, Armut und Ausbeutung wird heute offenbar in aller Welt verstanden. Und ihr Werk erhält eine neue Aktualität.

Service

AUSSTELLUNGEN

„Kollwitz“, Städel Museum, Frankfurt a. M., 20. März bis 9. Juni

„Käthe Kollwitz“, Museum of Modern Art, New York, 31. März bis 20. Juli

„Käthe Kollwitz“, Statens Museum for Kunst, Kopenhagen, 7. November bis 23. Februar 2025

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