In diesem Monat entdecken wir Cao Feis Metaversum in München, bewundern den englischen Bildhauer Antony Gormley in Norfolk und freuen uns auf Frans Hals in Berlin
ShareLenbachhaus, München, bis 8. August
Für Cao Fei ist das gemeinhin eher skeptisch betrachtete Metaversum mehr als ein utopischer Fiebertraum. Seit rund 20 Jahren beschäftigt sie die Verflechtung des Digitalen mit dem Alltag. Als virtueller Avatar Oz erprobt Fei in ihrer jüngsten Schöpfung „Duotopia“ mit Usern aus ihrer chinesischen Heimat alternative digitale Stadtplanungskonzepte. In der Ausstellung „Meta-mentary“ wird das Münchener Lenbachhaus zur experimentellen Spielfläche, auf der ausgerechnet Badmintonschläger die Besuchenden zum Match einladen – um ganz analog darauf aufmerksam zu machen, wie sozialen Freizeitaktivitäten in China von der politischen ablenken sollen.
LVR-Landesmuseum Bonn, bis 15. September
„Das Allerbeste am Licht ist jedoch seine andere Seite – der Schatten.“ Dieses schöne Zitat des Dokumentar- und Reportagefotografen Dirk Reinartz belegt eine ewige Wahrheit: Wenn das Leben ins moderat Triste oder Melancholische abrutscht, wird es für Lichtbildkünstler richtig interessant. Mit seiner Kamera verewigte Reinartz zum Beispiel den geschäftsreisenden Anzugträger, der das Mittagessen sitzend im Kofferraum seines Autos einnehmen muss („Lenkersmahlzeit, Spa 1969“). Auch fielen ihm zwei Bänke auf, die von ostfriesischen Planungsbehörden strategisch unkommunikativ in die Dünen gestellt wurden. Die erste Retrospektive nach seinem Tod vor zwei Jahrzehnten zeigt im LVR-Landesmuseum Bonn rund 350 seiner feinsinnigen Aufnahmen.
Gemäldegalerie, Berlin, 12. Juli bis 3. November
Mit den düsteren Memento-Mori-Motiven und dem Vergänglichkeitsgeraune der holländischen Stilllebenschöpfer seiner Zeit konnte Frans Hals wenig anfangen. Klar hält auch bei ihm mal ein junger Mann alibimäßig einen Totenkopf in den Händen. Aber generell schätzen wir Hals heute doch als den Barockmaler der blendenden Laune. Seine lustigen Musikanten, seine Zecherinnen und Zecher scheinen ganz im Moment festgehalten. Ihre Darstellung ist gleichermaßen intim und präsent, die Figuren sprechen zu uns, als würden wir in Freundschaft mit an ihrem Tisch sitzen. Nach Stationen in London und Amsterdam kommt die große Frans-Hals-Ausstellung endlich in die Berliner Gemäldegalerie. Wir freuen uns auf einen stimmungsvollen Museumstag in fröhlicher Runde.
Houghton Hall, Norfolk, bis 31. Oktober
Als Meister der Vervielfältigung darf Antony Gormley gelten: Für die Werken seiner „Horizon“-Serie schuf der englische Bildhauer jeweils 100 Eisenfiguren, deren Gestalt er als Gipsabdruck vom eigenen Körper abnahm. Die Hundertschaften seiner ehernen Doppelgänger installierte er immer in verschiedenen Landschaften, wobei er die Figuren in unterschiedlichen Höhen verbuddelte. Manche stehen komplett auf dem Erdboden, von anderen ragen nur Schultern und Kopf heraus. Bei „Another Place“ etwa werden die Eisenmänner an einem Strand bei Liverpool täglich von der Flut überspült. Nicht minder eindrucksvoll ist jetzt die temporäre Ausstellung „Time Horizon“ im Park des Schlosses Houghton Hall in Norfolk. Alle Skulpturen auf dem 300 Hektar großen Gelände zu finden, gleicht einer Schatzsuche.
Museum für Gegenwartskunst Siegen, bis 10. November
Fragen nach Individualität und Zugehörigkeit stellen viele Kunstwerke. Sung Tieus Arbeiten sind insofern eine Besonderheit, als dass die 1987 geborene Künstlerin einer Community angehört, die im deutschen Museumsbetrieb stark unterrepräsentiert ist: den Kindern von vietnamesischen Vertragsarbeitern in der DDR. Sung Tieus Schau „Ohne Offenlegung“ im Museum für Gegenwartskunst Siegen spricht nun davon, wie Staat und Wirtschaft ihre Kontrolle über die Menschen ausüben. Wobei ihre reizvollen minimal-multimedialen Installationen zum Glück ohne pädagogischen Zeigefinger auskommen.
Städel, Frankfurt am Main, 10. Juli bis 27. Oktober
Paris war um 1900 ein Sehnsuchtsort für deutsche Künstlerinnen. Denn mit den progressiven, oft privaten Akademien standen ihnen dort alle Möglichkeiten offen. Manche verließen nach dem Studium die Kunstwelthauptstadt wieder, andere blieben und schufen sich ihre Netzwerke. Ein solches bestand auch zwischen Seine und Main, wie das Städel Museum im Sommer mit seiner Ausstellung „Städel Frauen – Künstlerinnen zwischen Paris und Frankfurt um 1900“ beweist. So ging beispielsweise die im Städelschen Kunstinstitut ausgebildete Bildhauerin Louise Schmidt 1898 zum weiteren Studium nach Paris, kehrte später zurück und unterrichtete an der Städelschule die Künstlerin Marg Moll – die ihrerseits ab 1907 von Magnetismus der französischen Metropole angezogen wurde und fast ein Jahrzehnt dort lebte.