Etel Adnan verband Malerei, Dichtung und Philosophie zu einem einzigartigen Werk, in dem Kultur, Sprache und Kunst in Dialog treten. Heute wäre sie 100 Jahre alt geworden
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24.02.2025
Ihre kraftvollen Farben, ihre poetischen Texte und ihr unermüdliches Streben nach Möglichkeiten, sich auszudrücken, machten Etel Adnan zu einer bedeutenden Stimme des 20. und 21. Jahrhunderts. Als Schriftstellerin und Malerin bewegte sie sich zwischen den verschiedenen Welten, die ihr Leben prägten. Die Galerie White Cube in New York widmet ihr aktuell eine umfassende Schau.
Etel Adnan wurde 1925 in Beirut geboren, als Tochter eines syrischen Offiziers und einer griechischen Mutter. Schon früh lernte sie, sich zwischen verschiedenen Sprachen und Kulturen zu bewegen. Sie wuchs in einem arabisch geprägten Umfeld auf, ihre Muttersprachen waren Griechisch und Türkisch, später besuchte sie eine französische Schule. Die Mehrsprachigkeit beeinflusste nicht nur ihre Literatur, sondern auch ihr Verständnis für die Welt.
Nach einem Studium der Philosophie in Paris, Kalifornien und Harvard unterrichtete sie Geisteswissenschaften an der Dominican University of California. Doch ihre eigentliche Berufung fand sie in der Kunst: In der Abstraktion entdeckte sie eine Sprache, die jenseits der Worte existierte.
Ob in den vibrierenden Farben ihrer Malerei oder in der tiefen Symbolik ihrer Texte – Adnan schuf eine unverwechselbare, poetische Bildsprache. Ihre Landschaften, oft inspiriert vom Mount Tamalpais in Kalifornien, zeugen von einem tiefen Verständnis für Natur und Licht. Zugleich setzte sie sich mit politischen und gesellschaftlichen Fragen auseinander. Ihr 1978 veröffentlichter Roman „Sitt Marie Rose“ über den libanesischen Bürgerkrieg wurde vielfach ausgezeichnet.
Nach vielen Jahren in Kalifornien kehrte sie 1972 nach Beirut zurück und arbeitete dort als Journalistin. Doch der Bürgerkrieg zwang sie zur erneuten Flucht nach Paris. Ihr Werk blieb stets geprägt von der Sehnsucht nach Heimat und der Erfahrung des Exils.
Erst spät wurde ihre Kunst international gewürdigt. 2012 stellte sie auf der documenta (13) aus, es folgten Retrospektiven in Salzburg, Zürich, Bern und München. Ihr Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Lichtwark-Preis für ihr Lebenswerk.
Etel Adnan verstarb 2021 in Paris, doch ihre Kunst lebt weiter. Ihre Bilder, Gedichte und Essays bleiben ein Zeugnis der Verbundenheit zwischen Orient und Okzident, zwischen Natur und Mensch, zwischen Wort und Farbe.