Von gallischen Helden bis zu surrealen Körperlandschaften, von stiller Malerei bis zu lauter Punk-Attitüde – was uns in den Berliner Museen derzeit fasziniert
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17.04.2025
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Erschienen in
Weltkunst Nr. 240
Kommunikationsmuseum, bis 15. Juni
Mit seinen Zeichnungen hat Albert Uderzo das Geschichtsbild ganzer Generationen beeinflusst, indem er zeigte, wie sich ein kleines gallisches Dorf mithilfe von Asterix, Obelix und einem dampfenden Kessel Zaubertrank gegen die übermächtigen Römer zur Wehr setzen kann. Der Comiczeichner Flix hat jetzt eine Schau im Kommunikationsmuseum kuratiert, die bis 15. Juni Uderzos ganzes grafisches Werk auffächert, nicht nur mit Asterix und Obelix, sondern auch mit anderen Comics, die seiner Feder entsprungen sind.
Gropius Bau, bis 31. August
Im Sommer 1968 realisierte ein frisch verknalltes Paar ein wunderschönes Werk auf dem Gelände der kriegszerstörten Coventry Cathedral: Die tolle Konzeptkünstlerin Yoko Ono und der Hobbykünstler (und Rockstar) John Lennon pflanzten zwei Eicheln, aus denen Bäume als Symbol für Liebe und Frieden zwischen Ost und West wachsen sollten. Das Covermotiv des Katalogs zum „Acorn Even“ ist ein Exponat in Onos Einzelschau, die der Gropius Bau bis 31. August präsentiert.
Fotografiska, bis 8. Juni
Körperteile von Menschen und Tieren sind für die niederländische Fotografin Viviane Sassen, Jahrgang 1972, wie Bauteile in einer gut durchmischten Legokiste. Da kann ein knallrot gefiederter Ibis einen Arm ersetzen, und aus einem weit aufgesperrten Frauenmund schlüpft ein Geier. Sassen hat Modedesign studiert und selbst als Model gearbeitet, bevor sie Fotografin wurde. Sie definiert auf ihre ganz eigene Weise, was schön und was erotisch sein kann. Ihre Bilder und Collagen haben Witz – und können verstörend sein, wie die Serie „Cadavre Exquis“ von 2020, die sich mit fotografischen Mitteln am Lieblingsgesellschafts- spiel der Surrealisten orientiert. Fotografiska zeigt bis 8. Juni ihre Ausstellung „The Body As Sculpture“.
Bröhan Museum, bis 1. Juni
Berlin habe ihn sensibilisiert, sagte Will McBride (1931–2015), „hier konnte ich sehen, wie ich wollte“. Als junger amerikanischer Soldat aus Chicago war er nach dem Krieg nach Deutschland gekommen, und er blieb. Das Bröhan Museum konzentriert sich bis 1. Juni auf „Die Berliner Jahre“ von McBride und zeigt, wie der junge Fotograf seit Mitte der Fifties seine Motive bei einer Jugend voller Aufbruchstimmung fand.
Haus am Waldsee, bis 11. Mai
Leise wirkt die Kunst von Ull Hohn. So wie in dieser gelben Landschaft ohne Titel aus dem Jahr 1989, in der er sich an seinem ehemaligen Lehrer Gerhard Richter abzuarbeiten scheint. Das Haus am Waldsee bietet bis zum 11. Mai der malerischen Selbsterforschung des 1995 an den Folgen von Aids gestorbenen Künstlers die große Bühne. Selbst wenn Hohn Muster aus Penisformen komponierte, schien das bei ihm irgendwie ruhig und reflektiert.
Haus am Lützowplatz, bis 9. Juni
So geht Institutions-Selbstkritik: Das Haus am Lützowplatz zeigt bis zum 9. Juni in einer Ausstellung 28 im weitesten Sinne realistische Werke. Das sind exakt so viele, wie am selben Ort anno 1971 der „1. Mai-Salon. Berliner Realisten 71“ präsentierte. Man ahnt es: Bis auf ein Werk stammten damals alle von Männern. Bei der Neuauflage „Berliner Realistinnen“ sind jetzt der Gerechtigkeit halber nur weibliche oder weiblich gelesene Beteiligte ausgewählt, darunter Birgit Dieker mit dem Werk „Matrone“ (2018) und Barbara Keidel-Schoenholtz, die einzige Künstlerin aus der erste Realisten-Schau.
Berlinische Galerie, bis 16. Juni
Es zeugt von der Selbstironie dieser Punkerin, dass sie als Pseudonym den Namen der berühmtesten deutschen Puppenmacherin wählte. Andererseits wäre der 1958 in Bünde geborenen Elke Kruse sonst vielleicht nicht die Karriere geglückt, für die sie heute die Berlinische Galerie feiert. Als Mitglied der Kunst- und Musikgruppe Die Tödliche Doris mischte sie mit schrägen Auftritten das Mauerstadtleben der Achtziger auf (das Foto unten zeigt sie 1985 in ihrem Atelier im Künstlerhaus Bethanien). Die Retrospektive präsentiert bis 16. Juni viele Werke von Kruse, wie ihre unbrauchbaren, da in Leder eingeschlagenen Musikinstrumente oder vier Schriftbilder, die den Titel der Schau beisteuerten: „Jetzt ist alles gut“.
Pfaueninsel, ab 25. Mai
Es ist ein magischer Ort, ein preußisches Arkadien, in dem der Lauf der Zeit aufgehoben scheint. König Friedrich Wilhelm II. und seine Mätresse Wilhelmine von Lichtenau ließen auf der Pfaueninsel in der Havel ab 1794 ein hölzernes Lustschlösschen im Ruinenstil errichten. Im Inneren hat sich fast unverändert das frühklassizistische Interieur samt Mobiliar erhalten. Der Bau war marode und wurde seit 2018 mit großem Aufwand saniert. Ab 25. Mai ist das kleine Traumschloss wieder zugänglich.