Schon früh begann die Karriere des Juweliers Harry Winston, seine Werke sind für die Ewigkeit
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Manchmal beginnt eine große Geschichte damit, dass man ein etwas besseres Auge hat als andere. So war es bei Harry Winston. Sein Vater war Juwelier, also kannte er sich schon früh mit Steinen aus. Als Zwölfjähriger entdeckte er einen zweikarätigen Smaragd in einem Laden – und kaufte ihn für 25 Cent. Der Wiederverkaufswert lag bei 800 Dollar. In New York eröffnete er 1932 sein erstes Geschäft, das dank seines besonderen Gespürs für Steine schnell wuchs. Ein Meilenstein war der Kauf der Arabella-Huntington-Juwelen. Den als altmodisch geltenden Schmuck der Kunstsammlerin erwarb Winston günstig, er ließ die Teile umarbeiten und veräußerte sie für ein Vielfaches.
Noch heute ist das Haus Harry Winston eine der wenigen Manufakturen, in der die Steine nicht nur arrangiert, sondern auch bearbeitet werden. Immer wieder wurden große Rohdiamanten gekauft, aufgespalten und zu Juwelen veredelt. 1968 wurde die Spaltung des 601-karätigen Lesotho-Diamanten sogar im Fernsehen übertragen.
Diamanten zu schleifen ist ein mühseliges Handwerk, denn sie sind so hart, dass sie sich keinem Material beugen – außer anderen Diamanten. In der Verarbeitung werden die Rohdiamanten zunächst abgerundet. Dazu lässt man einen eingespannten Stein gegen einen anderen rotieren, sodass er sich abschleift. Die endgültige Form, etwa einen Brillantschliff, der aus mindesten 56 Facetten besteht, erhält der Stein an einer Scheibe, die mit Diamantstaub beschichtet ist. Die wertvollsten Diamanten werden von Hand geschliffen, was ihnen eine einzigartige Aura verleiht. Hierbei dauert der Schleifprozess Monate. Erst am Ende der aufwändigen Prozedur steht fest, ob es tatsächlich gelungen ist, das gesamte Potenzial des Steines zu wecken. Es wird an den „4 C“ – Clarity, Color, Carat, Cut – gemessen. Und an den Feinheiten. Ob die Symmetrien stimmen und ob der Stein das richtige Feuer entfacht, sprich: ob er das weiße Licht in die Spektralfarben zerlegt. Harry Winston sagte einmal: „Jeder Diamant muss wie eine eigenständige Person behandelt werden.“ Und da Diamanten bekanntlich ewig halten, sind sie entsprechend nachtragend. Eine schlechte Behandlung verzeihen sie nie.
Der Goldschmied Georg Hornemann, der mit dem diesjährigen Cologne Fine Art-Preis geehrt wird, fertigt edle Tafelaufsätze aus Silber und wandelt auf den Spuren der Renaissancekünstler.
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Das Tier namens Falc wirkt, als wäre es gerade aus der Tiefsee emporgetaucht. Silberschwarz glänzend und lebensgroß. Vom Schwanz bis zur Fühlerspitze misst er mehr als 60 Zentimeter und ist mit seinen mächtigen Scheren fast 30 Zentimeter breit. Der Hummer aus massivem Silber zählt zu einer Serie von mehr als 15 „Kreaturen“, die Georg Hornemann und sein Sohn Alexander als Tafelaufsätze entworfen haben. Zu dieser zählt auch ein Taschenkrebs, von dem wir unten die Schere zeigen.
Tafelaufsätze waren früher wichtige Vorzeigeobjekte der Renaissance-Fürstenhäuser, die vom Können der höfischen Kunsthandwerker und dem eigenen Reichtum kündeten. Auch das Herstellungsverfahren haben die Hornemanns den Künstlern der Renaissance entlehnt. Der Hummer ist der Abguss eines echten Tieres. Falc kommt nämlich tatsächlich aus dem Meer. Er wurde bei einem Fischhändler erworben, gekocht, dann mit einem Skalpell zerlegt und für den Abguss präpariert. Das Fleisch wurde entfernt, die Verbindungshäute und Muskeln wurden in Scheren und Beinen getrennt.
Anschließend wurde von den Einzelteilen des Schalentiers ein Silikonabdruck gefertigt, der als Hohlraum für den Wachsabguss diente. Das ausgehärtete Wachs wiederum gab die Vorlage für die endgültige Gussform der 34 Teile des Silbergusses, die – nach strenger Qualitätsprüfung der Oberfläche – zusammengelötet wurden. Mithilfe von Kugelgelenken und Scharnieren erhielt das silberne Schalentier eine naturgetreue Beweglichkeit an Scheren und Beinen. Die Scherenarme wurden mit einer Schraubverbindung aus Weißgold versehen – zwecks Stabilität. Nachdem der Hummer montiert war, wurde die Oberfläche nachbearbeitet und anschließend das Silber kaltbrüniert, das heißt geschwärzt.
Dabei wurde immer wieder eine Lösung aufgetragen und anschließend abgewaschen. So entstand eine lebendige Oberfläche, die dem Hummer, den es in einer Auflage von sechs Exemplaren zum Preis von 54.600 Euro gibt, seine Plastizität und gefährliche Aura verleiht.
Natürlich kann er mit seinen Silberscheren nicht wirklich zwicken. Richtig weh tun kann er nur, wenn er einem auf den Fuß fällt. Er wiegt acht Kilogramm.
Kaffeegenuss in edelster Form – kunstvoll zubereitet mit dem Coffee Maker aus Paris.
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Zur Kunst gehört die ständige Verfeinerung. Besonders beeindruckend war diese in den letzten Jahren beim Kaffee. Früher war dieses Heißgetränk eine simple Sache. Man gab das immer gleiche Pulver in einen Filter – und fertig. Mittlerweile muss man zumindest eine Siebträgermaschine und Bohnen aus kontrolliertem Anbau aufbieten, um nicht als Barbar zu gelten.
Die große Kunst der Kaffeezubereitung ist es, ihn mit einem Glaskolben zu brühen. Dabei wird Wasser in einem Gefäß mit einem Brenner zum Kochen gebracht, das über ein Röhrchen mit einem Glas verbunden ist. In dieses sprudelt das kochende Wasser hinein und wird dort mit dem Pulver vermischt. Anschließend wird der Brenner ausgeschaltet, die Luft kühlt ab und durch den Unterdruck wird der Kaffee in das Ursprungsgefäß gesaugt. Das Pulver bleibt zurück. Solcher Kaffee gilt als sehr wohlschmeckend, weil das Gebräu nicht vom Papiergeschmack des Filters kontaminiert ist.
Besonders raffiniert ist der Royal Coffee Maker, der in Paris von Hand gefertigt wird. Hier treffen Kaffee und Wasser bei der perfekten Temperatur aufeinander, damit die richtigen Öle und Aromen extrahiert werden. Das Wasser wird mit einem Spiritusbrenner erhitzt, steigt vom Messingkessel in einen Glaskolben. Wenn der Kessel leer ist, hebt er sich durch einen Gleichgewichtsmechanismus, eine Klappmechanik löscht die Flamme. Der Kaffee läuft durch den Unterdruck zurück in den Kessel, von wo er mit einen Hahn gezapft wird.
Diese Coffee Maker sind nach Vorbildern aus dem 19. Jahrhundert gefertigt. Die Messingteile werden einzeln gegossenen und dann von Hand verfeinert. Der Kunde kann zwischen einem Gold-, Silber- oder Kupferfinish wählen. Jedes Metallteil wird poliert und anschließend auf eine Basis aus Obsidian, Malachit oder Azurit montiert.
Zum Schluss wird in die Royal-Maschine noch eine Seriennummer graviert. Hernach kann man den vielleicht besten Kaffee der Welt genießen. Im Kolben sorgt ein Goldfilter dafür, dass kein Kaffeepulver in den Messingkessel gelangt. Gold ist geschmacksneutral. Eigentlich schade. Nur zwei Nachteile hat der Royal-Coffeemaker. Man muss für ihn etwa 10 000 Euro ausgeben. Und anschließend wird einem jeder andere Kaffee schmecken, als hätten ihn Barbaren gebraut.
Die Schweizer Uhrenmanufaktur Breguet verziert mit der Kamee-Handwerkskunst Zifferblätter ihrer Uhren oder Schmuckstücke.
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Am schönsten wird Strandgut, wenn daraus eine Kamee-Schnitzerei entsteht. Kamee ist ein uraltes Handwerk – winzige Reliefs aus dem Perlmutt von Weichtierschalen wurden schon vor mehr als viertausend Jahren in Mesopotamien geschnitzt. Später gelangte dieses Können vom antiken Griechenland nach Italien, wo seit dem 19. Jahrhundert die Region um das Städtchen Torre del Greco nahe Neapel das Zentrum der Kamee-Kunst ist.
Die Schweizer Uhrenmanufaktur Breguet verziert mit diesen Kunstwerken Zifferblätter ihrer Uhren oder Schmuckstücke. Die Handwerksmeister können das Material in eine Blüte verwandeln, aber auch in eine vollständige Miniatur von Leonardos Ölgemälde des letztes Abendmahls. Jede Perlmutt-Kamee beginnt mit der strengen Auswahl der Schale. Die Graveure verwenden nur Material höchster Qualität, edelstes Perlmutt mit raffinierten Farbnuancen. Ist der Werkstoff ausgewählt, beginnt der Kameen-Schnitzer die Schale zuzuschneiden und zurechtzuschleifen, bis sie vollkommen rund ist. Das Stück wird auf einen Holzstab aufgeklebt, damit man es beim Bearbeiten besser halten kann und die dünne Schale nicht zerbricht. Eine Kamee ist nur zwei Millimeter dick und äußerst empfindlich. Die Konturen des Motives werden aufgezeichnet. Anschließend beginnt die Gravur. Mithilfe eines einfachen Stahlstichels arbeitet der Kamee-Schnitzer die verschiedenen Figuren aus dem Perlmutt heraus.
Die Schnitzarbeit muss auf Bruchteile eines Millimeters genau sein – Fehler werden nicht verziehen. Setzt der Meister mit dem Stahlstichel ein einziges Mal falsch an, ist das Relief zerstört. Wenn die Schnitzarbeit erledigt ist, wird die Kamee gereinigt, poliert und weiterverarbeitet.
Bei Breguet werden Kameen etwa in der Uhr Reine de Naples verwendet. Oder im Schmuckensemble La Rose de la Reine, wo eine Rosen-Kamee mit einem diamantenen Band hervorgehoben und mit Akoya-Perlen in Szene gesetzt wird.
Man spricht bei Perlmutt-Kameen gerne von Muschel-Schnitzereien. Das ist nicht ganz korrekt. Breguet etwa verwendet Teile der Gehäuse großer Meerschnecken. Schnecken-Schnitzerei würde allerdings nicht so gut klingen.
Auch heute noch wird der legendäre Mantel mit dem Karo-Innenfutter teilweise noch in traditioneller Handarbeit in Nordengland gefertigt.
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Die an sich traurige Tatsache, dass Männer in den Krieg ziehen, ist für manches Teil der modernen Herrengarderobe verantwortlich. So auch für den Trenchcoat. Als „trench“ bezeichnete man einst den Schützengraben. Der war ein so unwirtlicher Ort, dass man die Offiziere entsprechend schützen wollte, zumindest vor Regen. Also ließ Englands Militär 1879 von Thomas Burberry den Schützengraben-Mantel entwerfen. Er verwendete dafür Gabardine, ein besonders dichtes, wasserundurchlässiges Tuch. Damit wurde es unnötig, den Stoff zu wachsen oder zu gummieren.
Noch heute wird der Trenchcoat bei Burberry in seiner historischen Grundform hergestellt, was man an vielen Details erkennt. Etwa den Epauletten, den Schulterklappen, die die Rangabzeichen tragen sollten. Oder dem vor der Brust knöpfbaren Latz, der den Oberkörper zusätzlich abschirmt, während das Sturmschild am Rücken den Regen besser ableitet. Am Taillen-Gürtel mit den eingestanzten Metallringen hing einst militärisches Gerät. Und die Rückenfalte sollte das Reiten erleichtern.
All diese Details erfordern Zeit und Könnerschaft. Die Burberry-Trenchcoats werden in Castleford, einer Stadt im Norden Englands gefertigt – zum Teil noch in traditioneller Handarbeit. Die Herstellung dauert etwa drei Wochen. Am kompliziertesten sind die Nähte des Kragens, die Näher werden hierfür ein Jahr angelernt. Fünf Stiche pro Zentimeter müssen sie setzen, um den Kragen im perfekten Bogen um den Hals zu führen. Die Manschettenriemen und der Gürtel müssen so genäht sein, dass ihre Kanten exakt und flach sind. Auch das Futter bedarf besonderer Aufmerksamkeit. Jeder Mantel ist mit dem typischen Burberry-Karo ausgekleidet, das seit 1920 verwendet wird. Das Futter wird sorgfältig geschnitten und platziert, damit das Muster symmetrisch und ohne Brüche an den Nähten ist. Am Kragenfutter müssen die Linien des Karos einen genauen 45-Grad-Winkel beschreiben.
Es braucht mehr als hundert Schritte, bis aus einer Lage Gabardine-Stoff ein Burberry-Trenchcoat geworden ist. Wobei das Allerschönste natürlich ist, dass man anschließend mit dem Schützengraben-Mantel nicht mehr in den Krieg ziehen muss. Vielmehr ist sein Schutz heute anderer Natur. Er bietet seinem Träger die Möglichkeit, im Regen zu stehen und dabei einigermaßen würdig auszusehen.
Der Uhrmacher Pierre Jaques-Droz entwickelte schon damals die innovativsten Ideen für Uhren und Automaten. Heutzutage sind kunstvoll bemalte Zifferblätter das Markenzeichen der Manufaktur Jaquet Droz.
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Heute wird Uhrmacherei oft mit nostalgischen Gefühlen verbunden. Ein Uhrwerk erscheint als Technik, die noch beherrschbar ist. Zahnräder, Anker und Spiralen, Kraftübertragung – das ist so viel verständlicher als Algorithmen und Pixel. Dabei vergisst man leicht, dass das Schweizer Uhrmachertal Vallée de Joux das Silicon Valley des 18. Jahrhunderts war. Die Handwerksmeister dort machten die ansonsten an Kirchtürme gebundene Zeit mobil. Man konnte Hightech in der Tasche tragen – es war eine ähnliche Revolution wie heute das Smartphone.
Der genialste Tüftler seiner Zeit war der Uhrmacher Pierre Jaquet-Droz aus La Chaux-de-Fonds. Er hatte eine international tätige Firma, entwickelte einen automatischen Aufzug für Taschenuhren – und war Spezialist für Automaten. Seine spektakulärsten Maschinen waren drei Androiden aus dem Jahr 1774: Ein Schreiber, ein Zeichner und eine Organistin. Sie sind heute im Museum von Neuenburg zu bewundern. Die mechanischen Puppen konnten Unglaubliches vorführen. Der Schreiber schrieb mit Tinte einen beliebigen Text mit 40 Zeichen. Die Organistin spielte fünf verschiedene Kompositionen und der Zeichner malte ein Porträt von König Louis XV. Doch nicht nur die Mechanik begeisterte die Menschen, sondern auch die Anmut der Figuren. Sie waren wunderschön, fast kindlich. Jaquet-Droz verstand schon damals, dass Hightech und Ästhetik zusammengehören.
Heute sind kunstvoll gestaltete Zifferblätter das Markenzeichen der Manufaktur. Die Maler von Jaquet Droz schaffen ganze Welten auf Emailzifferblättern, auf denen nicht mehr Platz ist als auf einer Münze. Jeder Meister hat sein eigenes Pinselset, das er hütet, als gehöre es zu seinem Körper. Es braucht mehrere Monate, bis die mikrofeinen Pinsel richtig an seine Hand angepasst sind. Diese Formung des Pinsels beim Malen kann nicht künstlich beschleunigt werden. Für bestimmte Details, etwa die Pupille eines Auges, müssen die Pinsel zusätzlich zurechtgeschnitten werden, um die erforderliche Breite zu haben. Ein Email-Bild ist ein langer Prozess: Beim Bemalen eines Zifferblatts müssen nacheinander mehrere Schichten aufgetragen werden, die immer wieder im Ofen gebrannt werden – etwa 20-mal. Anschließend trocknet die Farbe lange, damit sie möglichst gut hält. Zugegeben – der Zeichnerautomat von 1774 war da wohl schneller. Aber wer interessiert sich heute noch für ein Bildnis von Louis XV?
Kunstvoll gestaltetes Ziffernblatt (Foto: Jaquet Droz)