Teppiche sind empfindlich, ihre Restaurierung gehört in fachkundige Hände. Bei Bagherpur hat man sich auf Problemfälle spezialisiert.
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25.04.2016
Welch hohen Wert Menschen schon immer Teppichen beimaßen, erkennt man zuweilen in der Kunst. Etwa auf der sogenannten Darmstädter Madonna, die Hans Holbein der Jüngere 1526 für den Basler Bürgermeister gemalt hat. Der Bürgermeister kniet darauf vor der Gottesmutter auf einem prächtigen Teppich mit geometrischen Mustern. Ein Sinnbild für Zeitlosigkeit, aber auch Vergänglichkeit des geknüpften Teppichs. Denn die Teppiche aus dem 16. Jahrhundert können wir fast nur noch in Fragmenten bewundern.
Teppiche bestehen aus organischen Materialien, die nach und nach verwittern. Auch bei guter Pflege werden sie selten älter als 400 Jahre. Und auf dem Weg dahin müssen etliche Schäden ausgebessert werden. Mit die beste Adresse dafür ist die Firma Bagherpur in Aschaffenburg. Der aus dem Iran stammende Ingenieur Kasem Bagherpur hatte sie 1971 zunächst als Teppichhandel gegründet, als er sah, wie stark das Interesse der Deutschen an Orienteppichen war. Bagherpur wurde aber auch eine Instanz für die Konservierung und Restaurierung von Teppichen. Es gibt kaum einen Schaden, der hier nicht behoben werden kann. Vorausgesetzt, man investiert das nötige Geld – und vor allem die nötige Zeit.
Ein antiker chinesischer Seidenteppich war ein besonders schwerer Fall. Das tragende Gewebe war brüchig geworden. Um das Teil zu retten, mussten die Knüpfer alle Kett- und Schussfäden austauschen. Kettfäden sind die längs verlaufenden Fäden. Dazwischen wird der Flor, der das eigentliche Motiv abbildet, geknüpft. Anderthalb Jahre wurde an der Wiederherstellung dieses Seidenteppichs gearbeitet.
Wird ein Teppich eingeliefert, ist zuerst die Frage, welcher der 50 Bagherpur-Knüpfer die Reparatur übernehmen soll. Denn je nachdem, ob der Teppich aus dem Kaukasus, aus Turkmenistan oder China kommt, sind die Knüpftechniken verschieden. Anschließend werden die Materialeigenschaften bestimmt: Welche Wolle muss verwendet werden, muss der Zwirn links- oder rechtsgedreht sein. Dann werden die Farben für die zu reparierende Stelle ausgesucht – zur Wahl stehen etwa 25 000 Farbtöne.
Häufig sind Teppiche an Stellen beschädigt, wo Abrieb durch Schuhe oder Möbel entstand. In diesen Fällen schneidet der Knüpfer das beschädigte Material heraus und spannt die zu reparierende Stelle in einen Webrahmen ein. Ist das neue Grundgewebe fertig, beginnt das Knüpfen der Knoten des Flors. Ein erfahrener Knüpfer schafft circa 6000 Knoten am Tag. Das klingt viel – ein fein gewebter Teppich kann jedoch bis zu einer Million Knoten pro Quadratmeter haben. Am Ende wird die Florhöhe mit dem Rest des Teppichs abgeglichen. Der Geschäftsführer Daniel Bagherpur empfiehlt, besonders schöne und schonungsbedürftige Teppiche auf einen Rahmen zu spannen und wie ein Bild an die Wand zu hängen. Das ist dann fast so schön wie die Holbein-Madonna.