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Hans Ulrich Obrist in Hong Kong – Millennial-Künstler

 Ein Gespräch über Hacking von Währungen, Wolkenkratzern oder Städten

Von Christoph Amend
23.04.2016

Was haben Sie gesehen, Herr Obrist?

Hongkong! Dazu eine kleine Vorgeschichte: Vor 20 Jahren, im Frühjahr 1996, bin ich mit Hou Hanru nach Rotterdam gefahren, um dort Rem Koolhaas zu treffen. Wir wollten ihn davon überzeugen, mitzumachen bei einer Idee, aus der später die Ausstellung »Cities on the move« wurde.

Wie kamen Sie auf Koolhaas?

Er hatte kurz zuvor eine Studie über den Bauboom im Pearl River Delta veröffentlicht. Obwohl dort lange nicht so viel los war wie heute, wurde bereits 20-mal so viel gebaut wie in einer durchschnittlichen Stadt in Europa. Wir wollten eine Ausstellung machen über diese unglaubliche Energie, die Mutation der Städte.

Und wie lief das Treffen in Rotterdam?

Es kam nicht zustande. Koolhaas hatte zu viel zu tun, er kam nur kurz vorbei und sagte: »Es ist sowieso falsch, eine Ausstellung über Asien in Rotterdam zu planen. Lasst uns lieber morgen in Hongkong treffen.« So haben Hou Hanru und ich uns Tickets nach Hongkong gekauft. Die Kunstszene war dort damals klein, nur ein paar Galerien und das Hong Kong Arts Centre. Heute gibt es die Art Basel Hong kong oder das geplante Museum M+. Jetzt habe ich erstmals eine Ausstellung dort kuratiert. Die neue K11 Art Foundation von Adrian Cheng unterstützt die Generation der Millennials, also junge Künstler, die nach dem Jahr 2000 aufgetaucht sind. Sie haben mich gefragt, ob ich mit meiner Kollegin Amira Gad und Simon Denny …

… auch ein Millennial-Künstler, der sich intensiv mit der Start-up-Szene beschäftigt …

… seine Ausstellung »Hack Space« vor Ort weiterentwickeln will.

Wie soll das geschehen?

Mit jungen Künstlerinnen aus China. Also sind Simon und ich durch China gereist und haben Ateliers besucht. Am Ende haben wir elf Künstlerinnen eingeladen. Es geht sehr viel um Shan Zhai, das chinesische Silicon Valley, in dem Hardware wie Mobiltelefone entwickelt wird. In der neuen Ausgabe von Wired war jetzt zu lesen: Nicht ­China kopiert nur den Westen, der Westen kopiert mittlerweile auch China, weil in Shan Zhai oft so gut kopiert wird, dass die Kopie besser ist als das Original.

 

Was fasziniert Sie an dem Thema Hacking?

Walter Benjamin hat beschrieben, dass wir oft das vergessen, was gerade erst vorbei ist. Hacking gibt es erst seit ein paar Jahrzehnten, seine Geschichte dokumentiert ­Simon Denny und untersucht Firmen, die aus dieser Szene kommen. Wir haben Künstler gewonnen, die Ähnliches tun. Etwa ­aaajiao, der Gründer ist und kürzlich ein Bitcoin-Placebo erfunden hat. Oder Cao Fei, die gerade im MoMA PS1 in New York ausstellt. Dann gibt es Cui Jie, eine Malerin, die sich mit dem Hacking von Gebäuden beschäftigt, und Firenze Lai, eine Malerin aus Hongkong, die die Geschichte der Occupy-Central-Bewegung dokumentiert, also Menschen, die versuchen, eine Stadt zu hacken, wenn man so will. Und Xu Qu zeigt die Schirme von Occupy.

Auch eine Geschichte, die gerade erst passiert und schon fast vergessen ist.

Die Regenschirme waren ja das Symbol der Bewegung: Xu Qu hat sie verbrannt und stellt sie als Art Skelette aus. Besonders ist auch die Arbeit von Li Liao, er hat under­cover beim Hardwarehersteller Foxconn angeheuert, der für seine schlechten Arbeitsbedingungen berüchtigt ist – Li Liao ist der Wallraff der bildenden Kunst!

Und was beschäftigt Sie derzeit außerhalb der Kunstwelt?

Ich denke viel an die gerade verstorbene Zaha Hadid, die eine gute Freundin war. Sie war nicht nur eine geniale Architektin, sondern auch eine unglaublich einflussreiche Ausstellungsgestalterin. Wir lernten uns vor vielen Jahren in Rom kennen und sind uns immer nah geblieben.

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