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Alte Meister, neu inszeniert

Frischer Messewind aus New York und München belebt die Sammlerszene für alte Kunst. Dabei schlägt das Kojendesign Brücken ins Heute

Von Susanne Schreiber
07.12.2016

Neue Händlerkonstellationen erfreuen seit Herbst 2016 in Bayerns Metropole die Messeflaneure, die nur mehr zwei statt drei Standorte ansteuern müssen. Die Veranstalter der Munich Highlights haben verstanden, dass auch im feinen Residenzhof das Bezahlbare die Leitschnur sein muss, nicht das hoch bewertete Museale. Und die vom Nockherberg-Festsaal in den kreisrunden Postpalast umgezogene und ansehnlich erweiterte Kunst & Antiquitäten hat gezeigt, wie attraktiv ihr Angebotsprofil ist. Originelle Volkskunst (Pachmann) ist hier genauso zu entdecken wie romantische Naturskizzen (Spindler) oder kühn geschwungene Stahlmöbel (Martini) – bei überschaubaren Preisen.

Als Trendsetter hat sich jedoch die Tefaf Fall New York erwiesen. Der kürzlich am Hudson gestartete Ableger der Nobelmesse in Maastricht ist zwar ein Nachzügler, was den Export eines zum Markenzeichen gewordenen Messekonzepts betrifft. Er ist aber wie die Muttermesse ein Vorreiter in Sachen Augenschulung und Vermittlung. Von etlichen einzigartigen Standarchitekturen in der Exerzierhalle der Park Avenue Armory seien hier nur zwei vorbildliche herausgegriffen. Beim Altmeisterhändler Otto Naumann aus New York waren Wand und Boden der Koje schwarz getüncht, eine organoide weiße Plastiksitzgruppe aus den 1970ern diente zum Verweilen. Damit war den alten Meistern eine (Guckkasten)-Bühne bereitet. Der entscheidende Kniff bestand nun bei Naumann darin, die geschnitzten Barockrahmen wegzulassen. Die großen wie kleinen Porträts, die Heiligen wie die Märtyrer wurden bei ihm auf Holzplatten mit eidottergelbem, wiesengrünem oder kirschrotem Samt gesetzt. So bekam jedes historische Gemälde noch vor seiner Entschlüsselung Objektcharakter und vermochte sich so selbstbewusst neben zeitgenössischer Kunst zu behaupten. Dem Porzellanexperten Röbbig aus München gelang es hingegen durch radikale Vereinfachung, sein vertikal an einer Wand präsentiertes Schwanenservice des Grafen Brühl zu betonen. Statt einer echten geschnitzten Wandvertäfelung hinterfing in New York nur die als Tapete ausgedruckte Schwarz-Weiß-Zeichnung einer Boiserie Röbbigs zart reliefierte Meissen-Raritäten. Weniger ist – seit dem Bauhaus – eben mehr.

Diese Beispiele zeigen: Wer ein neues, jüngeres Publikum ansprechen will, muss sich von alten Zöpfen trennen. Die curated sales der großen Auktionshäuser machen es erfolgreich vor. Der heutige Kontext für ein Einzelstück alter Kunst spielt dabei eine genauso große Rolle wie das Verkaufsgespräch. Nicht nur Neueinsteiger empfinden einen vom Händler heruntergeleierten Sermon von den, ach, so vorzüglichen Provenienzen als langweilig. Sie sind zweifellos wichtig, aber erst wenn es den Preis zu begründen gilt. Am Anfang des Gesprächs sollten Funken sprühen, die viel eher Begeisterung entfachen, wenn der Händler die Geschichte des Bildes packend erläutert und so ein überzeugendes Narrativ für die Geldausgabe liefert. The Story sells. Nicht nur Neueinsteiger begeistern sich für alte Geschichten von großen Gefühlen, von Liebe und Leid. Die hören wir alle gern. 

Nix für ungut, bleiben Sie den handelbaren Künsten gewogen. Ihre Marktfrau.

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