Kunsthandel

Crossover in Parma

Ein Rückblick auf Italiens größte Antiquitätenmesse. Wer sich auskennt, kann im riesigen Angebot  in Parma Schätze entdecken.

Von Jan Kohlhaas
14.03.2016

Am Eingang zur Mercanteinfiera prunkt Parma mit den kulinarischen Highlights der Region: Die Parmesan-Laibe stapeln sich bis zur Decke und treffen dort auf unzählige herabhängende Schinken. Das ist beeindruckend, zum Glück aber nicht nur Show. Denn man sollte sich unbedingt stärken, will man das, was einem bevorsteht, gut überstehen: In vier riesigen Hallen erwarten den Besucher auf 45.000 Quadratmetern rund tausend Händler. Und die sind nicht fein sortiert nach eventuellen Schwerpunkten, sodass man gezielt auf die Suche gehen könnte, sondern präsentieren ihre Ware bunt gemischt durch alle Sparten, Zeiten und leider auch Qualitäten. Zwar versucht die Messe, die riesige Fläche in grobe Regionen zu gliedern, trennt zumindest den Bereich Vintage und Schmuck, summiert aber unter „Antiquitäten“ den gesamten Rest. So finden sich in direkter Nachbarschaft einzelne Porzellantassen für 5 Euro neben italienischen Majoliken des 17. Jahrhunderts im vier- bis fünfstelligen Bereich, Stilmöbel für 150 Euro neben Barockkommoden für 15.000 Euro. Und das nicht nur in benachbarten Kojen, sondern gerne auch in ein und derselben. Wer sich nicht auskennt, hat verloren. Wer es aber versteht, die Spreu vom Weizen zu trennen, kann durchaus interessante Entdeckungen machen.

Beloved Chester aus L’Aquila beispielsweise hat eine hölzerne Badewanne aus Venedig (18. Jh., 7000 Euro), die nicht nur mit ihrer rot-goldenen Fassung, sondern auch durch einen unverbastelten Originalzustand überzeugt. Das macht sie auch für andere Händler interessant, denen die Messe sogar einen exklusiven Einkaufsstag vor der offiziellen Eröffnung gewährt. Gerade im Bereich italienischer Antiquitäten finden sich seltene, zum Teil auch kuriose Stücke. Wie zwei komplett durchlöcherte Holzboote des 19. und frühen 20. Jahrhunderts bei Magistrati (Milano), die Fischer in Chioggia und Comaggio zur Aufbewahrung des Fangs verwendeten (6500 / 3000 Euro). Bei Piscopo Angelo aus Viterbo kann man für 11.000 Euro eine 6 mal 6 Meter messende bemalte Holzdecke aus einem neapolitanischen Palazzo des 18. Jahrhunderts erstehen. Benedetto Trionfante aus Palermo hat dazu die passenden Wandvertäfelungen parat: zwei riesige, beidseitig bemalte Türen für 28.000 Euro. Wer es nicht so harmonisch mag, der kann bei Massimo Paiola (Padova) zwei Jahrhunderte überspringen und einen mindestens 2,50 Meter hohen Spiegel erstehen, den der Mailänder Designer Guglielmo Ulrich (1904–1977) in den Fünfzigerjahren eigens für eine Bologneser Villa geschaffen hat.

Beeindruckend ist auch der Stand von Baroni William (Goito / Mantova), dessen Wände mit fein bemalten und vergoldeten Ledertapeten des 16. bis 18. Jahrhunderts geschmückt sind, die einst Schlösser und Paläste zierten. Gefertigt wurden sie in Italien, Frankreich und den Niederlanden. Die Preise pro Platte (ca. 1 m2) liegen zwischen 800 und 1500 Euro, das Prunkstück ist ein komplettes Zimmer mit 50 Quadratmetern.

Natürlich gibt es auch die „klassischen“ Antiquitäten. Becker (Vanves / Frankreich) hat einen französischen Helm von 1590 für 10.000 Euro. Preislich etwas darunter liegen ein komplettes Trepanationsbesteck im Kasten (Nancy, 18. Jh.) und ein Limoges-Christus aus dem 13. Jahrhundert. Masterart (Milano) kombiniert deutsche und japanische Kunstwerke. Im vier- bis fünfstelligen Bereich gibt es hier hochwertige Okimono und Netsuke, zum Beispiel einen hölzernen Tiger aus dem frühen 19. Jahrhundert (8500 Euro) sowie einen silbergefassten Elfenbeinhumpen von circa 1830 mit geschnitzten Schlachtenszenen (18.000 Euro). Für 45.000 Euro kann man bei Palazzo Torlo (Torre del Greco) ein exquisites Souvenir der Grand Tour erwerben, eine marmorne Tischplatte, die mit feinsten Mikromosaiken römischer Sehenswürdigkeiten eingelegt ist.

Es sind die außergewöhnlichen Stücke, die das besondere Flair der Verkaufsschau ausmachen, die einen schmalen Grat zwischen Antiquitätenmesse und Flohmarkt beschreitet. Im letzten Jahr kamen rund 50000 Besucher aus aller Welt, am jetzigen Eröffnungstag war der Andrang eher verhalten. Sich in das riesige Angebot zu stürzen, ist auf jeden Fall ein Erlebnis, das zu einem Erfolgserlebnis wird, wenn man die besonderen Stücke entdeckt. Dennoch würde die Messe gut daran tun, in Zukunft mehr auf Klasse statt auf Masse zu setzen. 

Parma, Mercanteinfiera, Fiere di Parma, 27. Februar bis 6. März www.mercanteinfiera.it

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