Bereits die letzte Ausgabe der drei großen Events zu Asiatica (AAB), außereuropäischer Kunst (BRUNEAF) und Archäologie (BAAF) hat Aufbruchsstimmung signalisiert. Nun hat die an diversen Orten abgehaltene Veranstaltung einen neuen Namen bekommen: CULTURES.
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06.06.2016
„Aber nicht alles ist neu“, sagt Didier Claes, Vorsitzender der BRUNEAF. Der Spezialist für Kunst aus Zentralafrika will mit seinen Kollegen die Führungsrolle Brüssels als „Wiege des afrikanischen Kunsthandels“ stärken. Brüssel, bekannt für die kolonialgeschichtlich gefestigte Stellung im Markt für Stammeskunst, geschätzt als charmante Fundgrube, soll angesichts der Pariser Standards professionalisiert werden. „Ich habe bei den letzten Messen neue Sammler kennenlernen können, wichtige Museumsvertreter getroffen und das alles in einem ebenso professionellen wie persönlichen Rahmen“, begründet der Kunsthändler Martin Doustar (Ancient & Tribal Art, Paris) seine Teilnahme.
Noch aber scheinen nicht alle Teilnehmer die neue Kommunikationslinie verinnerlicht zu haben. So vermeldet „Archea Ancient Art“ (Amsterdam) seine Präsenz an der Place du Grand Sablon noch immer als Teilnahme an der BAAF. Carlo Cristi (Daverio / Nivelles) wirbt im Web weiter für die AAB. Und auch Olivier Castellano (Paris), Händler für afrikanische Kunst, kündigt das Event mit einem Doppellogo BRUNEAF / CULTURES an. Das Stammpublikum der vereinten Händler – 64 sind es insgesamt: 42 Spezialisten für afrikanische, ozeanische und indonesische Objekte, 14 für für asiatische und 11 für archäologische – soll nicht verwirrt werden.
Ansonsten bleibt es bei der gewohnten Qualität. Mit der Sonderausstellung „Masken“ präsentieren Joelle Fiess und Marc Felix für die Congo Gallery fünfzig Exponate aus allen Winkeln der demokratischen Republik Kongo. Dazu gibt es einen von Marc Leo Félix herausgegebenen, 352 Seiten und zwölf Textbeiträge starken Katalog. Sehenswert dürfte auch „Les Bois qui Murmurent“ („Flüsternde Hölzer“) sein, das die Galerie „Serge Schoffel – Art premier“ in den Räumen der Ancienne Nonciature an der Place du Grand Sablon veranstaltet. Im Wesentlichen aus Stücken der Sammlung des Ehepaars François und Marie Christiaens genährt, zeigt die Ausstellung die großen Holzstatuen der Lobi, die – sagen die Sammler – „viel zu lange vom Markt marginalisiert wurden“. Wenig patiniert, meist roh belassen, stellen die Statuen verschiedene Genien dar, Verbindungen zum Jenseits, zu den Ahnen, jedoch auch zur Erde oder zum Himmel. Die Figuren, so die Meinung des Stammes, der zwischen Burkina Faso, Ghana und der Elfenbeinküste von der Jagd und vom Ackerbau lebt, „flüstern unverständliche Worte“.
Ergänzend dazu gibt es eine Schau am gleichen Ort, die ganz allgemein afrikanischen Figuren aus Ton, Bronze und Holz gewidmet ist. Die anthropomorphe Statue wurde besonders zwischen 700 vor und 1700 nach Christus entwickelt, speziell im Niger-Delta und in Mali. Es sind „Figuren der Macht“, sie haben eine wichtige zivilisatorische und soziale Funktion. Die Ausstellung zeigt vor allem auch die bedeutende ästhetische Funktion der Arbeiten im Kontext europäischer Sammlungen. Weitere Highlights der Messe sind ein aus der Sammlung Perry Lewis stammender, aus Walross-Bein geformter Inuit-Kopf, der im ewigen Eis fossile Form angenommen hat, angeboten in der Galerie Delataille. Oder eine hölzerne Grabmaske der Chancay-Kultur aus Zentral-Peru aus der Sammlung Régine und Guy Dulon, zwischen 900 und 1450 gestaltet, zu sehen in der Galerie von Joaquin Pecci. Nicht verpassen sollte man auch die Teppiche aus dem frühen Tibet, die Michael Woerner unter dem Titel „Farbfeld-Minimalismus“ in der im Bauhaus-Stil errichteten „Maison des architectes“ ausstellt. Die 25 außergewöhnlichen Stücke stammen aus der Sammlung Robert P. & Alice Y. Piccus.
BRÜSSEL Cultures, Kunsthandlungen rund um die Place Sablon, 8.–12. Juni
Dieser Artikel erschien in der KUNST UND AUKTIONEN Nr. 9 / 2016