3 Tage, 16 Galerien und über 40 Künstler: Das Kunstwochenende München lädt zu Eröffnungen, Gesprächen und Führungen. Ein Rundgang von der Maxvorstadt bis ins Glockenbachviertel
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24.06.2016
Das Kunstwochenende München merken sich mittlerweile nicht nur die Münchner im Kalender vor. Neben der Saisoneröffnung im Herbst gehört das kleine Gallery-Weekend an der Isar mittlerweile zu den wichtigsten Terminen der bayerischen Kunstszene. Noch bis zum Sonntag zeigen 16 Galerien, die gemeinsam zum Kunstspaziergang einladen, ihr Programm.
Wir starten in der Georgenstraße 15, in den Galerieräumen von Klüser. Unter dem Titel „Just Black and White“ wird hier eine Gruppenausstellung gezeigt, deren Teilnehmerliste sich wie das „Who is Who“ der jüngeren Kunstgeschichte liest: Joseph Beuys und Andy Warhol, die Bernd Klüser schon in den Achtzigerjahren präsentierte, stehen neben Sean Scully, Jorinde Voigt und Gregor Hildebrandt. 20 unterschiedliche Positionen werden gezeigt; sie alle eint der Umgang mit den Nicht-Farben. Während die Arte Povera durch den Verzicht auf Farbe eine neue Materialästhetik kreieren wollte, sehnte sich Beuys nach einer farbigen Gegenwelt. Den Höhepunkt des Schwarzmalens erreichte der Bildhauer Anish Kapoor, als er sich die exklusiven Nutzungsrechte am „Vantablack“ sicherte – „der dunkelsten Substanz, die je von Menschenhand geschaffen wurde“. Fortgesetzt wird Klüsers Ausstellung in der Dependance an der Türkenstraße 23 – rund 10 Minuten braucht man zu Fuß von Tür zu Tür.
Gleich um die Ecke, gegenüber dem Museum Brandhorst, lädt die Galerie Jo van de Loo in der Theresienstraße 48 zur Eröffnung von Anouk Kruithof. Larry Sultans und Mike Mandels Fotoserie „Evidence“, für die beide in den Siebzigerjahren Archive durchforsteten und ihre Bildfundstücke anschließend dekontextualisiert abdruckten, übersetzt die Niederländerin in die digitale Gegenwart: #Evidence, die zentrale Werkgruppe der Ausstellung, baut auf der Analyse von Instagram-Feeds auf. Kruithof sammelte über 650 Bildschirmfotos von amerikanischen Konzernen, Regierungsagenturen und Institutionen, um sie später zum Ausgangsmaterial ihrer Montagen und Skulpturen zu machen.
Ein paar Hausnummern weiter, im Hinterhof der Theresienstraße 56, geben die drei Bildhauerinnen Leonor Antunes, Haris Epaminonda und Bethan Huws bei Barbara Gross eine Einführung in die Poetik des Alltags. Während Huws‘ Material die Sprache an sich ist, liegt Leonor Antunes‘ Fundament in der Architektur der Moderne. Epaminonda geht einen Schritt weiter: In ihren begehbaren Installationen greift Analoges und Digitales ineinander. Sie verbindet eigene Filme mit Skulpturen oder Artefakten nichteuropäischer Kulturen: „Ganz gleichgültig, ob diese Objekte aus Asien oder Afrika stammen, irgendwie sind sie alle miteinander verknüpft und verbinden so die Menschen, die sie vor tausenden Jahren geschaffen haben mit denen, die sie heute in den Händen halten.“ Mehr erfährt man am Freitag (24.6.) ab 17.30 Uhr, wenn die drei Künstlerinnen zum Gespräch einladen.
An der Alten Pinakothek und der Technischen Universität vorbei führt der Weg in die Augustenstraße 48 – in die Galerieräume von Karin Sachs. Anahita Razmi spürt hier ihren iranischen Wurzeln nach und verdient dafür auf jeden Fall den Preis für den besten Ausstellungstitel: „Bellydancing 12.000.000 views This Girl She is insane ! Subscribe !!!“ Anhand dieser Clickbait-Zeile, mit der YouTubes meist gesehenes Bauchtanzvideo angekündigt wird, untersucht Razmi die Rolle des Mittleren Ostens in Massenmedien und Popkultur.
Ein paar Blocks weiter, in der Türkenstraße 16, wird Farbe zum plastischen Material und die Leinwand zum dreidimensionalen Objekt. Bei Thomas Modern erweckt Pia Fries, die als Professorin an der Akademie der Bildenden Künste in München lehrt, das Öl zum Leben: Ihre Farbkleckse bearbeitet sie mit den Händen, mit Walzen und Instrumenten, selbst die Schleifmaschine kommt zum Einsatz. Was genau es mit dem Titel „oxiponton“ auf sich hat, erklärt Fries am Freitag (24.6.) ab 19 Uhr im Künstlergespräch.
Farbe spielt auch für Jack Pierson – dessen Werke gerade mal 500 Meter entfernt, in der Galerie Sabine Knust, gezeigt werden – eine wichtige Rolle. Egal in welchem Medium der Amerikaner arbeitet (Malerei, Fotografie, Skulptur), oft scheint es, als würde Sonnenlicht seine Werke in warme Farben tauchen. Melancholie, Sehnsucht und die Idee von Camp schwingen immer mit.
Weiter schwelgen kann man um die Ecke bei Arnoldi-Livie in der Galeriestraßen 2b, wo Gemälde, Filme, Zeichnungen, Fotografien und Installationen zum Thema Wolken gezeigt werden. Die Kuratoren Simon Elson und Christian Ganzenberg versammeln dazu Künstler aus drei Jahrhunderten: Benedikt Partenheimer taucht seine Szene in milchigen Nebel, Osmar Schindler lässt die Sonne hoffnungsvoll im Wolkenmeer strahlen und bei Wolfgang Tillmans braut sich ein Gewitter zusammen. Wer bis Dienstag (28.6.) in der Stadt bleibt, sollte sich das Galeriegespräch zwischen Verleger Lothar Schirmer und Florian Illies von der Villa Grisebach nicht entgehen lassen.
Nach einem Spaziergang durch die Münchner Innenstadt, vorbei an der Kunsthalle (in der man mit Joaquín Sorolla vom Sommer am Meer träumen kann), dem Marienplatz und dem Gärtnerplatz, gelangt man zur Reichenbachstraße 47, wo Karl Pfefferle im Rückgebäude Peter Schuyff präsentiert. Der Niederländer gehört nicht nur zu den bedeutendsten Vertretern der sogenannten „Second New York School“, sondern macht auch Musik mit seiner Band The Woodwards. Am Samstag (25.6.) hört man sie ab 22 Uhr im Baader Café spielen.
Das gesamte Programm aller teilnehmenden Galerien:
Kunstwochenende München 2016
24. bis 26. Juni, Freitag, 18-21 Uhr, Samstag & Sonntag 11-18 Uhr