Die Art Basel Miami Beach ist auch in diesem Jahr wieder glamouröser Dreh- und Angelpunkt der Art Week. Unsere Autorin Christiane Meixner wirft einen Blick auf die Highlights der diesjährigen Ausgabe.
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30.11.2016
Einen Moment lang ist das System nervös geworden: als nämlich das Auswärtige Amt vor wenigen Wochen seine Reisewarnung für Miami bekannt gab. Grund ist das Zika-Virus, Schwangere sollten die Stadt meiden. Da kursierte plötzlich auch die Frage, ob die Art Basel Miami Beach überhaupt stattfinden könne. Doch die Stadt hat Maßnahmen ergriffen, und die Gruppe mit Risiko ist überschaubar. Dem großen Marktplatz Art Basel Miami Beach kann das Virus nichts anhaben – viel zu gut läuft das Geschäft mit der Kunst, als dass man sich von einer unsichtbaren Gefahr abschrecken ließe.
Die Messe ist gesetzt, ihre Anziehungskraft ungebrochen. Weit über 70.000 Besucher waren es 2015 im Convention Center, in dem vieles an die Achtzigerjahre erinnert. Die Hallen werden gerade renoviert und dem Geschmack von heute angepasst: Am Ende sollen sie ähnlich »contemporary« aussehen wie die Art Basel Miami Beach, die schon immer mehr auf die unmittelbare Gegenwart gesetzt hat als die Schweizer Muttermesse. Doch bleibt es auch dabei? Seit 2015 erweisen sich auf internationalen Auktionen einige der zuvor hoch gehandelten »emerging artists« als Wackelkandidaten, Malerei von Christian Rosa oder Fredrik Værslev steht auf den Listen der Sammler längst nicht mehr oben – und so wirkt die Auswahl für die aktuelle Messe überaus besonnen.
Eine Revision, wie man sie gerade überall beobachtet. Es beginnt im öffentlichen Teil der Schau: im Collins Park, wo die Sammler zur »Welcome Reception« zwischen Werken von Magdalena Abakanowicz, Ugo Rondinone, Alicja Kwade und Sol LeWitt stehen. Eine Schau, die die Generationen vereint und ihren Titel »Ground Control« als Widmung an David Bowie versteht. Der Song stammt von 1968 – und etliche Werke in den Kojen der 269 Teilnehmer aus 29 Ländern sind unwesentlich jünger. Sie stammen von der 90-jährigen Betye Saar (Galerie Roberts & Tilton), Giulio Paolini (Galerie Barbara Mathes) oder dem Brasilianer Paulo Roberto Leal, der schon 1991 verstarb (Galerie Bergamin & Gomide). Die Galerie Nara Roesler aus Rio de Janeiro zeigt eine monumentale Lichtinstallation von Julio Le Parc aus dem Jahr 1962. Jocelyn Wolff setzt mit Franz Erhard Walthers Stoffskulptur »Die Erinnerung untersockelt (Drei Zitate)« zwar auf die frühen Achtziger. Doch die Arbeit steht für alles, was den Künstler seit 1969 umtreibt. Damit ist man zeitlich bei Lynn Chadwicks Doppelskulptur »High Hat Man & High Hat Woman« (1968) angelangt, die in der Koje von Landau Fine Art steht.
Natürlich haben auch jüngere Künstler ihren Auftritt. Sanford Biggers erinnert mit seiner glänzenden Figur »BAM« (2015) an von US-Polizisten getötete Afroamerikaner: Biggers, selbst in Harlem zu Hause, hat die Skulpturen mit Kugeln beschossen (Galerie David Castillo). Dane Mitchell, Jahrgang 1976, füllt die Koje der Zürcher Galerie RaebervonStenglin mit einem artifiziellen Duft, den für gewöhnlich Jäger zur Tarnung verwenden. In der Koje der Galerie Nanzuka, ein Neuzugang aus Tokio, trifft man auf das Gemälde »Dazzling City«. Entstanden ist es 2016, gemalt aber hat es Keiichi Tanaami, 1936 geboren und ein Pionier der japanischen Pop-Art. Neunzig Prozent der Kunst auf der Art Basel Miami Beach sei, was der Sammler von einer Messe dieser Größenordnung erwarte, sagt Direktor Marc Spiegler. Die übrigen zehn Prozent brächten das »Salz in die Suppe«. Ein Rezept, das Spiegler minimal abwandelt, wenn es an die Mischung der Kojen geht: 21 von 269 Galerien sind neu. Der überwiegende Teil kommt aus New York, Los Angeles und Mexiko. Eine hat ihren Sitz in Zürich, aus Schanghai reisen Leo Xu Projects an.