Kunsthandel

Dem Glanz verfallen – Art Dubai 2017

Mit der elften Ausgabe der Art Dubai beweist die Golfmetropole aufs Neue, dass sie längst ihre Stellung auf dem Kunstmarkt der Region etabliert hat. Trotz Hitze und Staub zieht es immer mehr Sammler und Kunstinteressierte aus aller Welt in die Wüstenstadt. 

Von Verena Emke
15.03.2017

Dubai bietet alles, was der Kapitalismus hervorgebracht hat – vereint mit islamischer Tradition. Wie aus dem Nichts erblühte auf dem sandigen Wüstenboden am Persischen Golf in nur wenigen Jahrzehnten eine Oase für Banker, Ingenieure, Architekten und vermögende Touristen. Die luxuriösesten Hotelbauten, dekadentesten Shoppingmalls und spektakulärsten Themenparks verwandelten die glitzernde Metropole in einen Ort der Superlative. Doch um in dieser trockenen Region auf internationaler Ebene Fuß fassen zu können, fließen bis heute Millionen in den Immobilienmarkt, Tourismussektor und Ausbau der öffentlichen Transportsysteme. Noch in diesem Sommer sollen die ersten autonom fliegenden Drohnentaxis in Dubai ihren Gästen ein bequemeres Leben ermöglichen. Keine schlechte Idee, denn der Verkehr im Stadtzentrum und auf den zwei sechsspurigen Autobahnen entlang des Meeres ist dicht und längere Standphasen und Staus die Regel. Hinzu kommt der ambitionierte Plan, die Zahl der Touristen bis 2020 von 14,9 auf 20 Millionen zu erhöhen. Dementsprechend rücken attraktive Kulturangebote weiter in den Fokus. 

Zu den wichtigsten Kunstevents im Nahen Osten zählt heute schon die Kunstmesse Art Dubai. In diesem Jahr erhält sie Zuwachs durch die neue Direktorin Myrna Ayad. Vom 15. bis zum 18. März werden sich im Hotelkomplex Madinat Jumeirah insgesamt 94 Galerien aus 43 verschiedenen Ländern auf die zwei Sektionen „Modern“ und „Contemporary“ verteilen. Besonders stark vertreten sind dieses Mal Galerien aus dem Iran und Lateinamerika, allein aus Teheran reisen die Galerien Ab-Anbar, Mohsen, Dastan’s Basement, Khak und die noch junge O Gallery an. Verzichten will man hingegen zukünftig auf die geografisch definierte Sektion „Marker“, die bislang immer eine spezifische Region stärker in den Fokus gerückt hat. Nach zehn Jahren betrachten die Organisatoren das Projekt als abgeschlossen.

Eine besondere Würdigung soll dem im September letzten Jahres verstorbenen Künstler Hassan Sharif zuteil werden. Bekannt wurde er als Mitbegründer der Konzeptkunst in den Vereinigten Arabischen Emirate. Die in Dubai ansässige Galerie Isabelle Van Den Eynde wird eine sieben Meter hohe Skulptur aus Baumwollseilen des Künstlers präsentieren – das letzte vollendete Werk zu Lebzeiten. Und Christiana De Marchi kuratiert in der Julius Baer Lounge die Ausstellung „Homage without an Homage“, die die Einflüsse Sharifs auf seine Zeitgenossen aufzeigt. Unter anderem Papierarbeiten seines Bruders Hussein Sharif und Werke der Künstlerin Layla Juma und Ebtisam Abdulaziz, die stärk von seinem OEuvre geprägt wurden.

Für ihre multidimensionalen Wandarbeiten wurde Rana Begum mit dem Abraaj Group Art Prize 2017 ausgezeichnet 

Neben dem noblen Stadtviertel Downtown Dubai zentriert sich die ansässige Kunstszene auf den Industriekomplex Alserkal Avenue. Zwischen Autohändlern haben sich dort Galerien eingemietet und versuchen dort den Flair eines hippen Szenebezirks für Künstler aufleben zu lassen. So auch die Third Line Gallery, die auf der Messe die Preisträgerin des Abraaj Group Art Prize 2017, Rana Begum, präsentieren wird. Die in Bangladesch geborene Künstlerin konnte die Jury mit ihren multidimensionalen Wandarbeiten aus Stahl und Aluminium überzeugen.

Auch deutsche Galerien setzen auf solide Materialkonzepte: Aus Berlin reist die Galerie Carlier Gebauer an und bringt unter anderem handgewebte Objekte aus Stahl von Tarik Kiswanson mit. Die Stuttgarter Galerie Michael Sturm zeigt neben großformatigen Papierarbeiten von Thomas Müller und Henk Stallingas grafischen Lichtobjekten, minimalistische Stahlskulpturen von Wolfram Ulrich. Die Mainzer Galeristin Dorothea van der Koelen setzt hingegen auf Werke von festen Größen wie Daniel Buren, Francois Morellet oder Günther Uecker.

Nach dem Besuch der Messekojen sollte man auch den zahlreichen Events der Art Dubai Beachtung schenken. Neben dem Global Art Forum, das sich längst als Expertenforum für Kunsthändler im Nahen Osten etabliert hat, wird das Modern Symposium die Kunst von den Vierzigern bis in die Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts näher beleuchten. Und auch die zahlreichen Veranstaltungen rund um die Messe haben einiges zu bieten: Zeitgleich finden die Design Days Dubai statt (14.–17. März) sowie die Sikka Art Fair (11.-21. März), die in diesem Jahr zusätzlich im Programm über die gesamte Stadt verteilte Installationen lokaler Künstler bereithält.

Von dem schimmernden Glanz pompöser Bau- und Kulturprojekte geblendet, übersieht man dennoch leicht die Kehrseite des Wachstums. Aufgebaut wurde diese künstliche Märchenwelt für die Geldelite von den zahlreichen Gastarbeitern aus Pakistan und Indien, die außerhalb des Stadtzentrums wohnen, auf ein besseres Leben für sich und ihre Familien in der Heimat hoffen und die von all dem Reichtum ausgeklammert bleiben. Von dem langfristigen Plan, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Region durch wirtschaftliches Wachstum nachhaltig zu festigen, profitieren bislang leider noch zu wenige.

Service

Veranstaltung

Art Dubai, 15.-18. März, Madinat Jumeirah 

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