Kunsthandel

Gut eingelebt

Nach ihrem Umzug in den Postpalast breitet die Münchner Kunst & Antiquitäten-Messe vom 18. bis 26. März hier ein zweites Mal ihre Schätze aus

Von Gloria Ehret
17.03.2017

Letzten Herbst legte die alteingesessene Münchner Veranstaltung einen räumlichen Neustart im Postpalast hin. Über die Hintergründe haben wir ausführlich berichtet. Der Wechsel vom Paulaner-Festsaal am Nockherberg in den denkmalgeschützten Rundbau an der Hackerbrücke ist gelungen! Wie bisher findet Kunst & Antiquitäten zweimal jährlich, im Frühjahr und Herbst statt – nun schon zum 95. Mal und mit 58 Teilnehmern.

Jede Saison hat ihr eigenes Gesicht

Regelmäßige Besucher wissen, dass sich Herbst- und Frühjahrsaussteller nie hundertprozentig decken. Veranstalter und Händler sind zuversichtlich, denn der Postpalast als neue Spielstätte wurde von Händlern wie Stammkunden begeistert aufgenommen. Auch von neuen Besuchern war viel Zuspruch zu hören. Hinzu kommt aktuell, dass ein paar Anfangsschwierigkeiten am neuen Messeschauplatz behoben werden konnten. Die Situation im schwierig zu bespielenden Querriegel wird deutlich verbessert. Den kleinen Durchgang werden Kohlhammer und Mahringer aus Wien beidseits bespielen. Dahinter gelangt man zum attraktiven Biedermeier-Ambiente von Dr. Tilman Roatzsch; daneben wird der Künstler Cuno Vollert eigene Werke präsentieren. Vor dem Käfer-Bistro breitet Jürgen Meisinger aus Dresden seine Schätze aus.

Die Spannbreite macht den besonderen Charme aus

Nach wie vor macht die Spannbreite von hochkarätiger Kunst über sammelwürdiges Kunsthandwerk und Antiquitäten bis zu „Liebenswertem aus alter Zeit“ (bei Traudel Horn) den besonderen Charme dieser Messe aus. Bei Allroundern wie Gregor von Seckendorff, Manfred Ehrl, Axel Wieland oder Richard Gilgenmann werden höchste Ansprüche erfüllt. Längst verwandeln die Generalisten ihre Stände nicht mehr nur in elegante Wohnwelten, sondern warten zusätzlich mit ausgefallenen Einzelstücken auf. Gregor von Seckendorff präsentiert einen außergewöhnlichen Wiener Empire-Secrétaire à abattant um 1810, der in Mahagoni, Ahorn, Rüster und teils ebonisierten Edelhölzern auf Eiche furniert ist und die idealen Maße 135 x 68,5 x 31,5 Zentimeter aufweist (16.800 Euro). Unter seinen Bronzen fällt eine signierte, 57,5 Zentimeter hohe Amazone von Fritz Richter-Elsner (1884–1970), dem künstlerischen Leiter der renommierten Hofbildgießerei Gladenbeck ins Auge, die zu dessen besten Werken der Zeit zwischen 1905 und 1916 zählt und für 7.800 Euro angeboten wird.

Breit gefächertes Programm

Auch Manfred Ehrls Programm ist breit gefächert: Bei den Gemälden konkurriert das Bildnis eines Mannes mit Barett aus dem 16. Jahrhundert mit François Galls (1912–1987) anmutiger Freilicht-Szene einer jungen Frau im Café. Für solch elegante Geschöpfe waren auch Sitzmöbel wie das Paar nordeuropäischer Klismos-Stühle im 19. Jahrhundert gedacht, das nun für 6.000 Euro zu haben ist. Angemessene 43.000 Euro soll die schwere, Silber vergoldete Schenkkanne von David Willaume I. kosten. 1658 in Metz geboren, gehörte er zu den hugenottischen Goldschmieden, die nach England übersiedelten, wo alsbald die reichsten und bedeutendsten Familien zu seinen Kunden zählten. Denn sein Einfallsreichtum und die untadelige Ausführung machten seine Silberobjekte zu wahren Meisterwerken. So auch die von Ehrl präsentierte, 1707/08 gefertigte Kanne mit plastisch ausgearbeitetem Henkel in Form eines wohlbeleibten Bärtigen, der an Bacchus erinnert. Zudem ziert sie das Allianzwappen von Philip Yorke (1690–1764) und Margaret Cocks (–1761), die am 16. Mai 1719 heirateten. Dank einer steilen Karriere stieg Yorke am 2. April 1754 zum 1. Earl of Hardwicke auf. Damit lässt sich die Anbringung des Wappens auf die Jahre zwischen 1733 und 1754 präzisieren.

Zu Gast aus Österreich

Unverzichtbar und prägend ist die Reihe österreichischer Teilnehmer mit Matthias Kindler und Rochus Probst aus Graz, Walter Moskat (Wolfurt) oder Ludwig E.Wimberger (Linz). Markus Strasser (Schärding) war schon im Herbst sehr erfolgreich mit Gemälden von Oskar Mulley. Wer damals nicht zum Zug gekommen ist, hat nun die Wahl zwischen fünf (!) dick gespachtelten Bildern aus Mulleys guter Kufsteiner Zeit zu Preisen zwischen 18.000 und 75.000 Euro. Die marmorne Renaissance-Dame mit Pferden, die Strasser für 52.000 Euro anbietet, war einst Zier eines Brunnens, der zu den 100 schönsten in Italien gekürt wurde. Sie stammt wie ein mit Elfenbein und Lapislazuli veredeltes Augsburger Kabinett mit Uhr sowie silbernen Figuren und Plaketten aus einer Privatsammlung (65.000 Euro).

Wohnkonzepte kombinieren Alt und Neu

Für Wohnkonzepte, die Alt und Neu verbinden, stehen der Neuaussteller Coloneum von Alwin Homeier aus Regensburg, dessen Schwerpunkt bei Mobiliar und Einrichtungsgegenständen des Biedermeier und Art déco liegt, und Ladrón de Guevara (Dresden). Dem klassischen Biedermeier-Interieur von musealer Qualität bleiben S. Hawari und Dr. Tilman Roatzsch treu. Roatzsch verweist auf eine zierliche, Mahagoni furnierte Berliner Chiffonière um 1825 mit Springschublade im Giebelbereich (11.500 Euro) sowie auf ein Paar Münchner Kommoden aus der Hofschreinerei Daniel in Nussbaum, Erlenholz, Ahorn und Mooreiche, auf Nadelholz furniert (7.500 Euro). Der Stand von Uwe Marbs aus Baden-Baden versetzt die Besucher wieder in das elegante Ambiente des französischen Art déco mit seinem auf Hochglanz polierten Mobiliar. Aus Belgien kommt Jan Dücker mit Schwerpunkt Skulpturen und frühem Kunsthandwerk aus Bronze, Messing, Zinn oder Fayence. Die gehobene museale Volkskunst, wie sie Herold Neupert, Karl-Heinz Hiermeier oder Peter Fink vertreten, ist nach wie vor eine Stärke der Messe.

Porzellan, Glas und Majolika

Porzellan mit Schwerpunkt auf Meißen ist die Domäne der Schweizer Contemp Art Gallery von Ewa und Rainer März, Nymphenburg steht bei Peter Fink im Mittelpunkt. Christopher Kende (Tübingen) steuert Tafelsilber aus drei Jahrhunderten bei. Seit Jahrzehnten ist der Münchner Heinz Grundner Anlaufstelle für Liebhaber von Uhren oder alten Barometern, die er in englischem Ambiente präsentiert. Beleuchtungskörper verschiedenster Epochen und Stile bietet The Lamp Gallery an. Unter „Brigantine 1900“ firmiert Monika Fahrenson mit Kunst des Jugendstils und Design mit Schwerpunkt auf den 1950ern bis in unsere Tage. Für die Farbenfabrik Pelikan entwarf Ludwig Vierthaler 1917 die beiden Gartenfiguren Flötenspieler und Dudelsackpfeifer der Karlsruher Majolika-Manufaktur, die nun für 13.500 Euro auf einen neuen Besitzer warten. Im selben Jahr hat Reni Schaschl für die Wiener Werkstätte ihre rund zehn Zentimeter kleinere, farbig glasierte und teils bemalte Keramikfigur „Wasser“ gestaltet (4.200 Euro). Franz von Stuck war nicht nur ein Münchner Malerfürst und stilbildender Interieurkünstler ,wie die von ihm entworfene und komplett eingerichtete Stuckvilla anschaulich vor Augen führt. Er war auch ein bedeutender Bildhauer. Frau Fahrenson bringt seine bezeichnete und 1893 von C. Leyrer in München gegossene Bronze „Verwundeter Kentaur“ auf hohem Sockel mit auf die Messe. Um 1900/02 ist die 35 Zentimeter hohe, zarte Lampe „Winterlandschaft“ von Daum in Nancy entstanden, deren Glas mit Pulvereinschmelzungen und Emailmalerei verziert ist (22.000 Euro).

Reise durch die Jahrhunderte

Vitrinenobjekte und Statuetten vergangener Jahrhunderte unterschiedlichster Art präsentieren Dr. Birbaumer & Eberhardt (Timmendorfer Strand) mit viel Elfenbein, der Münchner Kunsthandel Josip Kutnjak mit Schwerpunkt auf Wiener Bronzen und der auf höfische Dosen und museale Miniaturen spezialisierte Tom Tavcar (Pforzheim).Auch den Liebhabern exotischer Kunst wird einiges geboten: Peter Hardt aus Radevormwald entführt in asiatische Kulturen, Karl Jürgen Schlotter bringt Tibetica mit (Bad Kissingen), die Karlsruher Darya-Galerie Ethnographica. Matthias Ruetz mit seinem 2001 in München gegründeten „Le Cabinet Japonais“ und Andreas Wurzers Wiener Galerie bei der Oper zeigen japanische Farbholzschnitte und Bücher.Den Grafik- und Buch-Bereich vertreten die erstmals ausstellenden Antiquare Peter Bierl aus Eurasburg und dessen Tochter Franziska Bierl, die in München die Räume des legendären Antiquariats Wölfle übernommen hat. Michael Ewenstein kommt aus Berlin mit Ikonen; die Galerie Puch verbindet russische und griechische Ikonen mit Skulpturen und Kunsthandwerk von der Gotik bis zum Barock.

Textile Kostbarkeiten

Max Lerch engagiert sich wie schon der Vater gleichen Namens nicht nur für die Veranstaltung an sich, er präsentiert sammelwürdige Teppiche und Textilien des 16. bis 19. Jahrhunderts, aber auch dekorative Stücke jüngeren Datums. Heraus ragt etwa ein turkmenischer „Tekke Hauptteppich“ (244 x 188 cm) um 1800 in hervorragendem Zustand mit samtigem Flor aus einer englischen Privatsammlung (36.000 Euro). Die attraktive tibetische „Blumenwiese“-Satteldecke um 1900 war nie zum Gebrauch bestimmt und hat sich als Schmuckstück im Bestzustand erhalten. Im Ursprungsland 1920 erworben, überdauerte sie die Zeiten in einer italienischen Privatsammlung und könnte nur für 3.800 Euro in neue verständige Hände gelangen. Als weiterer Teppichspezialist und -restaurator empfiehlt sich Daniel Bagherpur aus Aschaffenburg.

Schmuck und Juwelen

Traditionell gut bestückt ist die Messe auch mit Schmuck und Juwelen. Unter „L.-T.-Medaillon“ firmiert der Schmuckhändler Laszlo Toth. Extravagante Pretiosen kombinieren Mutter und Tochter Nüdling aus Fulda mit dem heute besonders gefragten dänischen Silber des frühen 20. Jahrhunderts. Das Berliner Mutter-Tochter-Duo Brigitte und Saskia Seewald bereichert seine Schmuck-Offerte um Jugendstilglas. Hinzu kommen Ingeborg Bach aus Heidelberg sowie die beiden Münchner Schmuck-Expertinnen Sabine Füchter und Ortrud Müller-Heffter, bei der eigene Kreationen mit antiken Steinen im Vordergrund stehen.

Gemälde und Arbeiten auf Papier

Natürlich nehmen Gemälde auch auf dieser Messe bei Generalisten und Spezialisten breiten Raum ein. Das renommierte Stuttgarter Kunsthaus Bühler zählt zu den führenden deutschen Adressen für Malerei und Plastik des 19. bis 21. Jahrhunderts. Caspar David Friedrich führt die Parade mit der lavierten Federzeichnung „Die Kirche von Lyngby“ (um 1795-97) an, gefolgt von Carl Spitzwegs kleinformatigem Ölbild „Spaziergang im Park“ und „Älterer Herr in Rokokotracht, vor einer Dame im Park kniend“ (85.000 Euro). Für vergleichsweise günstige 32.000 Euro ist Otto Dills Parkszene mit Reitern „Am Monte Pincio in Rom“ (1946), „Die Frühlingsstraße in Garmisch“ mit den charakteristischen Bauernhäusern und typisch bayerischem, durchsonnten Regen-Matsch-Wetter (1896) von Albert Kappis für 28.000 Euro zu haben. Von Kappis stammt auch eine liebliche Ansicht vom Chiemsee mit der Fraueninsel, ebenfalls für 28.000 Euro. Die duftige französische Malerei spiegelt sich in Henri Lebasques „Kinder des Künstlers im Garten“ (1914). Christian Rohlfs und Curt Herrmann sind ebenfalls mit von der Partie. Die Malerei der Gegenwart vertreten der 1951 geborene Peter Harskamp mit „Badende mit Seerosen“ (18.500 Euro) und Johann Hendrix Jahrgang 1957 mit „Puigpunyent II“ aus dem Jahr 2007 für 5.800 Euro. Alle Bilder sind bei Bühler selbstverständlich signiert, datiert und /oder im jeweiligen Werkverzeichnis aufgeführt. Bei Nikolaus Fink fällt das kleinformatige signierte und 1908 datiert Ölbild „Im Isartal“ von Toni Stadler für 7.200 Euro ins Auge, zu dem die neue Pinakothek ein Gegenstück besitzt. Auch Stefan Decker aus Baden-Baden ist wieder dabei mit einer Auswahl Gemälde und Ölstudien des 19 .und frühen 20. Jahrhunderts, darunter eine Anzahl Werke von Franz Gräßels (1861–1948). Chiemseemaler wie Arnold Balwé, Wilhelm Demmel oder Erich Glette gehören seit rund 30 Jahren zum Repertoire der Inselgalerie Gailer nebst Bildern der Münchner Schule. Letztere treten bei der Nürnberger Galerie Jacobsa in Konkurrenz zur fränkischen Malerei, so beispielsweise von Helmut Wellenschmidt, dessen Nachlass die Galerie vertritt. Christoph Grubers Galerie Gabelsberg setzt auf die Münchner Schule; Michael Vogt aus Fürstenfeldbruck empfiehlt neben Gemälden, Aquarellen und Zeichnungen sich selbst als Kunstberater. Alexander Schmitz vertritt die moderne Kunst.

Service

Messe

Kunst & Antiquitäten, Postpalast München
18. bis 26. März

Weitere Informationen zur Messe finden Sie unter

www.kunst-antiquitaeten.de

Dieser Beitrag erschien in

WELTKUNST 126 / 2017

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