Kunsthandel

Moderne in allen Facetten

Die Art Cologne, Deutschlands wichtigste Kunstmesse, überrascht mit Neuerungen.

Von Alexandra Wach
16.04.2018

Die Art Cologne trennt sich von alten Zöpfen. Den gewichtigen Katalog gibt es nun online zum Herunterladen, gedruckt dafür ein Magazin. Auch die Kojen in den Messehallen gruppieren sich zur 52. Ausgabe neu: Das Zentrum bildet künftig ein großzügiger Platz, die Galerien ordnen sich darum.

Kommen und Gehen

Manch langjähriger Teilnehmer wie die belgische Axel Vervoordt Gallery kommt dennoch nicht wieder. Andererseits finden sich unter den 200 teilnehmenden Galerien der 52. Ausgabe prominente Rückkehrer wie die Lisson Gallery aus London, deren Künstlerliste ein halbes Jahrhundert erfolgreiche Galeriearbeit widerspiegelt. Unter den zahlreichen Newcomern im zeitgenössischen Bereich sorgt Gió Marconi für eine Überraschung. Der Mailänder hat Papierarbeiten der Malerin Kerstin Brätsch dabei, die mit Performances oder kollaborativen Projekten, etwa mit Alexander Kluge, aufgefallen ist. Erika Deák aus Budapest verspricht Einblicke in die ungarische Szene, und Nanzuka aus Tokio gibt mit den Skulpturen des Illustrators Hajime Sorayama einen Vorgeschmack auf chromglänzende Roboterfrauen der Zukunft.

 

Große Namen – bei Künstlern wie bei Galeristen

Unter den Platzhirschen des Segments, zu denen sich zum zweiten Mal Großgalerist Larry Gagosian gesellt, setzt Thaddaeus Ropac auf Synergieeffekte mit der Retrospektive des Pop-Art-Pioniers James Rosenquist im Kölner Museum Ludwig. Das Großformat „Hot Sauce“ (2005) dürfte nicht nur wegen des Verkaufspreises von 550 000 Dollar Aufsehen erregen. Die Galerie Sprüth Magers verlässt sich ebenfalls auf die parallele Bonner Retrospektive von Thomas Scheibitz: Mit dem abstrakten Gemälde „X1FN“ (2015) lässt sich für 150 000 Euro das Studium seines Werks im trauten Heim fortsetzen. Für Retro-Frauen wie Hildegard Knef begeistert sich Kollege Thomas Ruff. Das mit 85 000 Euro veranschlagte Diven-Foto stammt aus der Serie „press++“ mit Motiven, die in US-amerikanischen Zeitungen der 1920er- bis 1970er-Jahre erschienen sind. Dabei kombiniert Ruff die gescannte Vorder- und Rückseite digital samt handschriftlicher Notizen und Verschmutzungen. Eine andere Art der Fotografie pflegt Wim Wenders am Stand von Blain Southern. Die Berliner Dependance der Londoner Galerie konzentriert sich auf jene Jahre, in denen der Filmregisseur elegische Wüstenlandschaften auf Fotopapier bannte.

Moderne und Nachkriegskunst

Bei der Moderne und Nachkriegskunst fehlt es nicht an neuen Ausstellern. Dazu zählt neben Lelong (Zürich), Kanalidarte aus Brescia, Ernst Hilger aus Wien und Setareh (Düsseldorf) auch Julian Sander. Der Kölner kombiniert Fotografien seines Urgroßvaters August Sander und Lisette Models mit den politischen Statements von Aria Watson: Für ihre Serie „#SignedByTrump“ schrieb die 1998 geborene Künstlerin Zitate des Präsidenten auf nackte Frauenkörper. Die Galerie Henze & Ketterer, ein Stammgast, reist mit Ernst Ludwig Kirchner an und dürfte auch diesmal das Rennen um das teuerste Werk machen. Der Verkaufspreis von „Ruderer“ (1928/29) liegt bei 3,6 Mio. Euro.

Junge Galeristen

Junge Galeristen tummeln sich im Sektor „Neumarkt“. Neuzugang Polansky aus Prag bewegt sich mit der Underground-­Videoästhetik von Martin Kohout souverän in furchteinflößenden Zukunftsvisionen. Natürlich begegnet man auch der aktuellen Wolfgang-Hahn-Preisträgerin Haegue Yang, bevorzugt in den Gängen der „Collaborations“. Ob die Galerie Barbara Wien hinter ihren raumgreifenden Jalousien verschwindet? Der Art Cologne droht dieses Ungemach definitiv nicht. Sie glänzt auch unter der beruhigend stabilen Oberfläche in alle erdenklichen Richtungen.

Service

Anmerkungen

Art Cologne
19. bis 22. April 2018

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