Seit 40 Jahren spürt die Galerie Herold norddeutsche Maler der Moderne auf – zum Beispiel Franz Nölken, dessen Retrospektive derzeit im Hamburger Ernst Barlach Haus zu sehen ist
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03.12.2018
Zweifel hatte Franz Nölken keine – und wenn doch, dann verbarg er sie gut. „Ich male fabelhafte Sachen“, lässt der Künstler aus Hamburg 1910 die Welt wissen. Seine Messlatte heißt Henri Matisse, dessen private Pariser Malschule er ab 1909 besucht. Nölkens Selbstbewusstein resultiert jedoch auch aus seinem frühen Karrierestart: Schon als Zwanzigjähriger stellt er öffentlich aus, ist Mitglied des Hamburgischen Künstlerclubs und wird nach Auflösung der Vereinigung 1908 von den Expressionisten der „Brücke“ gefragt, ob er sich ihnen anschließen wolle. Was er für kurze Zeit tut, bevor der französische Impressionismus ruft.
Wer mehr über den famosen Maler wissen möchte, der als Naturalist beginnt und sich zunehmend von einer modernen, flächigen Bildauffassung, vor allem aber von der Farbe leiten lässt, hat im Ernst Barlach Haus zurzeit Gelegenheit: Die aktuelle Ausstellung „Paris im Sinn“ mit rund 70 Bildern versteht sich als Hommage an den 1918 im Krieg Verstorbenen (bis 17. Februar 2019). Ein anderer Ort, an dem man bereits vor Jahrzehnten Nölkens außerordentliches Talent erkannte, ist die Hamburger Galerie Herold. Sie hat eines der Hauptwerke für die Retrospektive zur Verfügung gestellt, die „Flusslandschaft in Frankreich (Brücke bei Meulan)“ von 1909. Ein relativ unspektakulärer Blick auf die Bögen der Brücke und das Wasser darunter. Wäre da nicht Nölkens Vermögen, die Szene souverän in leuchtende Farbfelder zu gliedern – mit dem Ergebnis einer ebenso spannungsvollen wie harmonischen Komposition.
Gleich zur Eröffnung vor 40 Jahren verstand es Rainer Herold als seine Aufgabe, „vergessene Künstler norddeutscher Prägung aufzuspüren“ und ihnen die angemessene Anerkennung zu verschaffen. Auch andere Galerien hatten ein Auge auf jene Generation geworfen. Doch Herold kam aus der Werbebranche. Er wusste, wie man ein Nischenprogramm planvoll in Szene setzt und „wie wichtig zum Beispiel das gedruckte Wort ist“. Das Buch zum Jubiläum der Galerie – ein Familienbetrieb, in dem auch Sohn Patrick mitwirkt und junge Künstler wie Max Frisinger ins Programm holte – erwähnt sämtliche Publikationen. Es ist eine eindrucksvolle Liste mit Katalogen für Stars wie Emil Nolde, aber auch frühen Veröffentlichungen etwa über den lange unterschätzten Genremaler Friedrich Kallmorgen oder 1984 über Nölken. „Er hatte etwas Geniales“, davon war Herold überzeugt. In solchen Momenten zögert er nicht, sondern vertraut seiner Intuition. Sie hat ihn zu Malern wie Thomas Herbst, Arthur Illies oder Paul Kayser und zum Sezessionisten Fritz Kronenberg geführt. Nicht wenige der Künstler aus dem Galerieprogramm sind heute erfolgreich am Markt etabliert. Zur Dependance auf Sylt, die 1996 eröffnet hat, kam Herold in nur einer Woche. Als Kind lebte er selbst auf der Insel – und als Freunde während eines Urlaubs meinten, die Galerie könne ihr Sommergeschäft doch ganz auf die Insel verlegen, entschied sich die Familie sofort. Nur eines ging noch schneller: Das erste Bild verkaufte sich dort innerhalb von drei Tagen.
Die Galerie Herold zeigt bis 22. Dezember die Jubiläumsausstellung „Best of 40“. Hamburg, Colonnaden 5, Di-Fr 11-18 Uhr
Im Ernst Barlach Haus ist bis 17. Februar die Ausstellung „Paris im Sinn – Hommage an den Hamburger Franz Nölken“ zu sehen. Hamburg, Jenischpark, Baron-Voght-Str. 50a, Di-So 11-18 Uhr.