Die Berliner Galerie Barbara Thumm präsentiert ab 26. Oktober Werke von Carrie Mae Weems. In ihrer „Museums“-Serie setzt sich die schwarze Künstlerin kritisch mit der Macht der Institutionen auseinander
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25.10.2019
Die Kunstwelt schreibt sich die Förderung von diversity derzeit gerne medienwirksam auf die Fahnen, doch die schnöden Zahlen sprechen eine andere Sprache. Eine Studie der University of California und des Williams College in Massachusetts fand kürzlich heraus, dass in den 18 wichtigsten amerikanischen Museumssammlungen männliche weiße Künstler mit 74 Prozent noch immer den Löwenanteil stellen. Eine Künstlerin, die sich schon seit den Achtzigerjahren mit der Rolle der schwarzen Frau beschäftigt, ist Carrie Mae Weems. Absagen an Rassismus und Sexismus, Fragen nach Repräsentation halten ihr Werk zusammen, doch ihre Fotoserien, Bild-Text-Collagen und Video-Installationen weisen stets über postkoloniale und feministische Bildtheorien hinaus. Weems, 1953 in Portland geboren, nähert sich sozialer Ungleichheit universell, sie behandelt sie geschichtlich und popkulturell.
Wie women of color zu Museen stehen, thematisierte sie 2006 mit der „Museums“-Serie: Weems tritt hier im schwarzen Kleid selbst ins Bild. Aufrecht baut sie sich mit dem Rücken zur Kamera vor Institutionen wie dem Louvre, der Tate Modern und dem Dresdner Zwinger auf. Doch egal wie beharrlich sie ihren Platz beansprucht, als Betrachter sieht man nur den langen Weg, der sie von den Kultureinrichtungen trennt. Egal wie groß sie sich macht, am Ende wird ihr Körper von den Prachtbauten überragt: Weems stellt das Museum als Zentrum von Macht dar, in dessen Inneren über Fragen zu Inklusion und Exklusion entschieden wird, die weit über die Grenzen der Ausstellungssäle wirken.
Ihre Pose erscheint trotz dieses Machtgefälles nie unterwürfig. Sie nähert sich den Häusern standhaft, beinahe anklagend. Der institutionelle Ausschluss geht mit einer bewussten Selbstabgrenzung einher: Wie tritt man in eine Geschichtsschreibung ein, die die eigenen Vorfahren als Sklaven entmenschlicht und ausgelöscht hat? Auch wenn Weems in diesen Bildern als Fotografin und Modell agiert, sind ihre Werke keine Selbstporträts. Sie betrachtet ihren Körper als Alter Ego, als Identifikationsfigur für all jene, denen der Zugang zu den Institutionen verwehrt blieb.
Weems ist inzwischen im Kanon angekommen. 2013 wurde sie mit dem MacArthur Fellowship ausgezeichnet, ein Jahr später als erste schwarze Künstlerin mit einer Retrospektive im New Yorker Guggenheim Museum geehrt. Während man sie in den USA als Star feiert, wird sie hierzulande gerade erst entdeckt – zu verdanken ist das der Galerie Barbara Thumm, die ihr aktuell eine Einzelausstellung widmet. Auch außerhalb der Museumslandschaft hat Weems viele Fans: In Spike Lees Serie „Nola Darling“ hatte sie einen Gastauftritt, ihr wohl bekanntester Werkzyklus, die „Kitchen Table Series“ von 1990, inspirierte kürzlich den Rapper Kendrick Lamar. Auch Beyoncé und Jay-Z sind Bewunderer, sie nennen Weems Werke als Einfluss. Im viel beachteten Musikvideo „Apes**t“ übernimmt das Pop-Paar den Pariser Louvre, nicht ohne das Haus nach eigenen Vorstellungen umzudeuten. Ganz im Sinne ihrer Vordenkerin.
Carrie Mae Weems – Push
26. Oktober 2019 bis 1. Februar 2020
Galerie Barbara Thumm
Markgrafenstraße 68
10969 Berlin
Tel. 030 28390347