Bambergs Kunst- und Antiquitätenwochen profitieren traditionell von den Festspielgästen in Bayreuth. In diesem Jahr ist alles anders. Doch die Händler in der Domstadt trotzen der Krise und zelebrieren bis 24. August ihren Sommer der offenen Türen
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23.07.2020
Eine Stadt, die von Kaisern und Bischöfen wie Rom auf sieben Hügeln erbaut wurde, seit tausend Jahren von der Kathedrale auf dem Domberg bewacht wird und durch keinen Krieg Zerstörungen in ihrer herrlichen Altstadt erleiden musste, eine solche Stadt ruht in sich und ist eigentlich so schnell nicht zu erschüttern. Doch natürlich wurde auch Bamberg vom Corona-Lockdown empfindlich getroffen, und alle wünschen sich nichts sehnlicher zurück als die gemütliche Lebenslust in den verwinkelten Gastwirtschaften und den dicht bevölkerten Biergärten. Genauso wie das quirlige Studentenleben und die strömenden Touristen, die vom Unesco-Welterbe des Domensembles und der Altstadt angezogen werden. Das wird aber noch dauern, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sind gravierend wie überall.
Das gilt auch für die Kunsthändler, die durch ihre beharrliche Arbeit Bamberg zur längst nicht mehr heimlichen Hauptstadt der Antiquitäten gemacht haben. Sie halten die alte Kunst hoch, glauben an die Schönheit der Tradition, und sie beweisen, dass dies kein Widerspruch zu moderner Lebensart ist. Eingebettet in die Kulisse der Barockhäuser mit ihren südlich anmutenden Sandsteinfassaden, zwischen mittelalterlichen Kirchen der imperial auftrumpfenden Bischofsresidenz ist hier das Generalistentum im Kunsthandel lebendig geblieben: das Nebeneinander von Gemälden, Skulpturen, Möbeln und kunsthandwerklichen Objekten, die selbstverständlichen Epochensprünge vom Mittelalter bis zum Historismus und der Moderne.
Die Ladengeschäfte von Christian Eduard Franke, Matthias Wenzel und der Familie Senger sind wahre Wunderkammern, in denen man in die facettenreiche Welt der Antiquitäten eintauchen, das Wissen erweitern und die Augen schulen kann. Hinzu kommen Julia Heiss als Anlaufstelle für dänisches Silber und das Antiquariat Lorang, wo Buchkunst in allen Preislagen zu finden ist. Selbst nachts, wenn man sich zwischen den alten Häusern in einer romantischen Zeitreise wähnt, darf man vor den beleuchteten Schaufenstern noch der Schaulust frönen. Das gibt es nirgendwo sonst in Deutschland.
Nach der anfänglichen Schockstarre in der Coronakrise nutzen die Bamberger die Lockerungen, um ihre traditionellen Kunst- und Antiquitätenwochen wenigstens im eingeschränkten Rahmen stattfinden zu lassen. Seit 1996 öffnen sie parallel zu den nahe gelegenen Bayreuther Festspielen vier Wochen lang ihre Türen, halten besondere Stücke für diese Zeit zurück und kümmern sich in familiärer Atmosphäre um die Sammler. Für die Kunst- und Antiquitätenfreunde unter den Richard-Wagner-Pilgern ist Bamberg längst ein fester Programmpunkt zwischen den Opernaufführungen geworden. Und jeder, der von Bayreuth herüberkommt oder nur für die Antiquitätenwochen anreist, erfreut sich an der zauberhaften Stadt, der Qualität und der Bandbreite der käuflichen Werke sowie an der persönlichen Atmosphäre der Händlergemeinschaft.
Zum Bamberger Kunstsommer gehört auch das Auktionshaus Schlosser, das in einem prachtvollen Barockpalais residiert. Am 24. und 25. Juli kommen dort Gemälde vom Mittelalter bis zur Moderne, viele Möbel von der Renaissance bis zum Designklassiker, Porzellan und Silber, eine Reihe sehr schöner französischer Glasvasen des Art nouveau und Art déco bis hin zu einem Asiatikakonvolut zum Aufruf. Von einem Mainzer Ebenisten stammt ein auffälliger Zylindersekretär, bemerkenswert sind eine spätgotische »Dornenkrönung« und eine »Venus mit Amor« von Antonio Pellegrini. Alles durchweg zu maßvoll angesetzten Taxen.
Die Wagner-Festspiele als wichtigstes Zugpferd fallen in diesem Jahr dem Coronavirus zum Opfer. Und doch entschlossen sich die Händler und Fiona Freifrau Loeffelholz von Colberg, die seit Jahren alles organisiert und Bambergs Antiquitäten wirkkräftig propagiert, den Kunstsommer trotzdem stattfinden zu lassen – natürlich den derzeitigen Standards zur Abstandswahrung angepasst. Die Eröffnungsfeier, die im Künstlerhaus in der Villa Concordia sonst charmant auf das Angebot in den Galerien einstimmt, fällt aus, ebenso das Programm aus Konzerten, Vorträgen und Gruppenführungen. Aber in den großzügigen Schauräumen der Kunsthandlungen ist es kein Problem, den derzeit gebotenen Abstand einzuhalten.
So bleibt die Kontinuität gewahrt, und die schöne Botschaft der Kunst- und Antiquitätenwochen im Jubiläumsjahr ihres 25-jährigen Bestehens lautet: Weiter geht’s, das Angebot ist qualitätvoll wie eh und je. Es ist ein Zeichen an die ganze Kunstwelt.
25. Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen
24. Juli bis 24. August 2020
Öffnungszeiten:
Mo bis Fr 10–18 Uhr, Sa 10–16 Uhr
So und Feiertag 13–17 Uhr
In allen Kunsthandlungen werden die derzeit gültigen Abstands- und Hygieneregelungen eingehalten.