Geldwäscherichtlinie, Kulturgutschutzgesetz, Artenschutzbestimmung: Welche Gesetze und Gesetzesprojekte sollten Händler und Sammler im Blick behalten?
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01.07.2020
Seit Inkrafttreten des vielfach diskutierten Kulturgutschutzgesetzes lässt sich auch auf europäischer Ebene eine verstärkte Aktivität auf diesem Gebiet ausmachen. Während das problematische Gesetz derzeit vom Bundesverfassungsgericht geprüft wird, nimmt es sich die Europäische Union zum Vorbild, um den Handel mit Drittländern in ähnlicher Weise zu regulieren. Die Verordnung der EU über das Verbringen und die Einfuhr von Kulturgut tritt in seinen wesentlichen Teilen spätestens am 28. Juni 2025 in Kraft und sieht ein strengeres Einfuhrverfahren vor. So wird für einige Objekte eine Einfuhrgenehmigung notwendig sein, die nur erteilt werden soll, wenn die legale Ausfuhr aus dem Herkunftsland belegt werden kann. Es ist also zu empfehlen, entsprechende Dokumente sorgfältig zu verwahren. Unglücklich ist, dass sich die Wert- und Altersgrenzen in den Anhängen der Verordnung von denen der nationalen Schutzgesetze unterscheiden. Bei einer Einfuhr aus einem Drittstaat müssen daher in Zukunft sowohl die deutschen als auch die europäischen Vorschriften genau im Auge behalten werden.
Auf völkerrechtlicher Ebene wurde – in Reaktion auf den Missbrauch an Kulturgut durch Terrororganisationen – am 3. Mai 2017 in Nicosia vom Europarat das Übereinkommen über Straftaten im Zusammenhang mit Kulturgut beschlossen. Ziel ist es, die ratifizierenden Staaten dazu zu verpflichten, Zerstörung und illegalen Handel mit Kulturgut zu verbieten und dieses Verbot strafrechtlich zu bewehren. Problematisch ist aus praktischer Sicht vor allem die Intransparenz des Begriffs „Kulturgut“. Die im Nicosia-Übereinkommen bemühte Definition fußt auf dem UNESCO-Übereinkommen von 1970, das seinerseits auf die Definitionen der Herkunftsstaaten rekurriert. Kulturgut ist somit sowohl von der UNESCO als auch von der EU und Deutschland jeweils unterschiedlich definiert. Da das Tatbestandsmerkmal „Kulturgut“ nach dem Nicosia-Übereinkommen in bestimmten Konstellationen Anknüpfungspunkt für Strafen sein soll, die exakte Definition von Kulturgut jedoch ungeklärt ist, ergibt sich zudem ein Konflikt zum strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz.
Für Aufruhr sorgt ebenso die Umsetzung der 4. beziehungsweise 5. Geldwäscherichtlinie der EU. Der Kunsthandel ist nach Umsetzung der Richtlinien dazu verpflichtet, auch bei Überweisungen unter bestimmten Voraussetzungen die Beteiligten der Transaktion zu identifizieren. Das bedeutet, dass persönliche Daten erhoben werden müssen. Verdachtsfälle sind den Behörden zu melden. Die Datenschutzgrundverordnung tritt in diesem Fall hinter dem Geldwäschegesetz zurück. Wer die anstehende Flut von Verdachtsmeldungen in der Praxis bearbeiten soll, ist ungeklärt. Die theoretisch zuständigen Behörden sind noch heute mit der Bearbeitung von jahrealten Verdachtsmeldungen aus dem Bankensektor beschäftigt, für den bereits strengere Vorschriften gelten.
An den Konflikt „Geldwäschegesetz – DSGVO“ knüpft sich nahtlos der Konflikt „Archivgesetz – Provenienzforschungspflicht“ aus dem Kulturgutschutzgesetz an. Die Landesarchivgesetze schützen unter anderem persönliche Daten. De facto kann die lückenlose Provenienz von Kulturgut allein schon deshalb nicht ohne erheblichen Aufwand betrieben werden, weil die deutsche Archivlandschaft zum einen an Unübersichtlichkeit kaum zu überbieten ist und es zum anderen an brauchbaren Findmitteln und Archivaren fehlt. Rechtliche Hindernisse bestehen für Provenienzforscher nicht nur bei Privatarchiven durch einschränkende Benutzungsordnungen. Auch öffentliche Archive, zum Beispiel die jeweiligen Landesarchive, in denen die Akten zu in der Nachkriegszeit durchgeführten Restitutionen oder Ausgleichszahlungen lagern, sind aufgrund der Sperrfristen nicht immer einsehbar – ein Problem, das sich auf dem Gebiet und im Zeitraum der ehemaligen DDR noch verstärken wird.
Auch im Bereich des Handels mit aus Elfenbein gefertigten Kunstobjekten hat sich viel bewegt. Auf europäischer Ebene ist ein strengerer Artenschutz geplant. Derzeit bestehende Ausnahmen sollen eingeengt werden. Nach dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen ist der Handel mit Elfenbein aus der Zeit vor 1947 legal. Eine Datierung fragwürdiger Objekte ist mithilfe der Radiokarbonmethode gut möglich. Um Wilderei zu verhindern, reicht das derzeitige Verbot daher aus und ist auch praktisch umsetzbar, wenn die Einhaltung durch stärkere Kontrollen sichergestellt würde.
Nachdem das Vereinigte Königreich und Frankreich bereits strengere Verbotsgesetze erlassen haben, hat nun auch Belgien ein Gesetz verabschiedet, das den grenzüberschreitenden Handel mit Elfenbein bis auf wenige Ausnahmen verbietet. Das Gesetz ist am 1. Oktober 2019 in Kraft getreten, wurde aber noch nicht im Belgischen Staatsblatt veröffentlicht. Eine solche Veröffentlichung ist jedoch Voraussetzung für dessen Wirksamkeit. Man fragt sich daher, ob das Komplettverbot nun eigentlich schon gilt – oder nicht. Die absurde Antwort heißt – gar nicht unpassend für ein Land mit starker surrealistischer Tradition: jein. Denn im Zweifel gilt: Bis das Gesetz im Staatsblatt veröffentlicht ist, gilt es nicht, ab Veröffentlichung dafür aber rückwirkend. Zwar wurde unter dem Druck der Corona-Krise in Belgien mittlerweile eine Regierung gebildet, die sich jedoch nur auf eine kleine Minderheit im Parlament stützt und das Land mehr verwaltet als regiert. Da das Gesetz anscheinend nicht zu den dringenden Angelegenheiten des Tagesgeschäfts – den sogenannten Affaires courantes – gehört, dürfte mit einer Veröffentlichung erst dann zu rechnen sein, wenn Belgien wieder eine stabile Regierung gebildet hat, was bekanntermaßen eine zeitraubende Angelegenheit sein kann.
Zacharias Mawick, Justiziar im Kunsthaus Lempertz, Köln, Mitglied des Instituts für Kunst und Recht IFKUR e.V.
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