Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen

Gotik, Gips und Gold

Bambergs Händler laden auch in diesem Sommer Kunst- und Antiquitätenfreunde mit offenen Türen ein. Das Angebot reicht von Newtons Taschenglobus bis zur Gegenwartskunst

Von Susanne Lux
14.07.2021
/ Erschienen in WELTKUNST Nr. 186

Globen waren schon in Epochen, in denen nur wenige die Welt erkunden konnten, wie ein Blick in die Ferne. In unserer Pandemiezeit erinnern sie an weite Reisen. Wer gerne davon träumen möchte, dem sei ein Besuch der nun schon 26. Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen empfohlen. Hier bietet der Kunsthandel Senger einen kleinen Taschenglobus mit Meridianring von James Newton von 1817. Das signierte Kunstwerk im Rochenhautetui ist für 11 800 Euro zu kaufen. Mit ihrem offenen Konzept, dass Händler herausragende Schätze in ihren Geschäftsräumen präsentieren, kann die traditionsreiche Veranstaltung leicht die Hygienevorgaben erfüllen. Man bewegt sich ohnehin viel an der frischen Luft und kann durch Schaufenster Kunst bestaunen. Bei Senger – der Kunsthandel feierte im vergangenen Jahr sein 50-jähriges Firmenjubiläum­ – sind das weitere Kunstkammerobjekte, gotische Skulpturen, Möbel und Gemälde.

Bamberg Kunst- und Antiquitätenwochen Senger James Newton Taschenglobus
Der Kunsthandel Senger bietet diesen schönen Taschenglobus von James Newton, London 1817, für 11.800 Euro an. © Senger Bamberg

 Zwischen Möbeln des Rokoko und Klassizismus und vielen anderen musealen Antiquitäten ist bei Christian Eduard Franke eine vergoldete klassizistische Lavabo-Garnitur zu entdecken. Das tiefe, ovale Becken und die Kanne mit Palmettenfries wurden zwischen 1819 und 1838 in Paris gefertigt. „Mit solchen Kannen wurde Gästen festlicher Bankette parfümiertes Wasser zum Benetzen der Hände gereicht“, erklärt der Firmeninhaber Franke-Landwers. Eine Rarität ist das Gamsweibchen aus der Frührenaissance, das Matthias Wenzel in seiner Kunsthandlung präsentiert: Das süddeutsche Stück, um 1520 in Eichenholz geschnitzt und polychrom gefasst, besticht durch seine Qualität (9000 Euro). „Früher hingen solche Gamsweibchen im Haus an der Wand, und der Fachliteratur nach dienten sie wohl zum Aufhängen von Schlüsseln“, sagt Wenzel, der zudem mit einer sehr schönen Madonnen aus dem Umkreis des Tiroler Bildschnitzers Hans Klocker aufwarten kann.

Bamberg Kunst- und Antiquitätenwochen Wenzel Madonna Hans Klocker
Ein Werkstattmitarbeiter oder selbständig gewordener Schüler des Südtiroler Bildschnitzers Hans Klocker schuf um 1500 diese anmutige Madonna. In der Kunsthandlung Wenzel ist sie für 168.000 Euro zu erwerben

Es sind die außergewöhnlichen Objekte, die in Bamberg begeistern. Mit originellen Fundstücken, aber auch einer neu entdeckten frühen Zeichnung Gustav Klimts wartet das Auktionshaus Schlosser im Angebot für seine Sommerauktion am 30. und 31. Juil auf. Julia Heiss widmet sich seit vielen Jahren dem dänischen Silber der Moderne, das Antiquariat Robert Lorang hat Bücher, Buchkunst und Druckgrafik in allen Preisklassen, Burkhard Hauptmann ein abwechslungsreiches Angebot an Möbeln. Erfreulicherweise nimmt der Kunsthandel Schmidt-Felderhoff mit Gemälden und Antiquitäten wieder teil. Blickfang ist dort ein Jagdporträt um 1669/70, das Johann Heinrich Roos zugeschrieben wird.

Bamberg Kunst- und Antiquitätenwochen Schmidt-Felderhofff Johann Heinrich Roos
Der Mann in Rot im Kunsthandel Schmidt-Felderhoff: Das barocke Jagdporträt wird dem kurpfälzischen Hofmaler Johann Heinrich Roos zugeschrieben, um 1660/70. Der Preis liegt im unteren fünfstelligen Bereich. @ Kunsthandel Schmidt-Felderhoff

Neu in jeder Hinsicht ist die Galerie AOA;87. Erst im November eröffnete Angela Kohlrusch ihre Galerie für Gegenwartskunst in der Austraße. Die 33-jährige Wirtschaftsingenieurin stammt aus einer Sammlerfamilie und machte ihre Leidenschaft zum Beruf. Mit der Malerin Cornelia Schleime fährt sie ein Schwergewicht der Gegenwartskunst auf. Den großformatigen Gemälden wie „Halt die Luft an“ (40.000 Euro) stellt sie fünf Arbeiten von Margarete Adler (ab 18.600 Euro) gegenüber. „Die Künstlerin verleiht ihren hyperrealistischen Skulpturen eine barocke Schönheit“, zieht Kohlrusch eine Verbindung zur alten Kunst. Doch der Liebreiz im Werk Adlers wirkt morbide: Risse sind mit goldenen Fäden genäht.

Goldene Elemente sind auch in der überlebensgroßen Gipsskulptur „Le chemin“ der Bildhauerin Gertrud Roselle zu entdecken: eine Frau, die in Stein gefangen scheint und in der kaum sichtbaren Hand Gold hält. Die 81-jährige Künstlerin zitiert damit Rodins Aussage über Camille Claudel und deren Werk: „Ich habe ihr gezeigt, wie sie Gold findet, aber das Gold, das sie findet, gehört allein ihr.“ In der Werkstatt neben dem Böttingerhaus gewährt Roselle einen Einblick in die Entstehung ihrer Arbeiten.

Bamberg Kunst- und Antiquitätenwochen Christian Eduard Franke
Prachtvolle klassizistische Lavabo-Garnitur, in Paris zwischen 1819 und 1838 gefertigt, 28.600 Euro bei Franke. © Kunsthandel Christian Eduard Franke

Service

Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen

22. Juli bis 22. August 2021

Öffnungszeiten:
Mo bis Fr 10–18 Uhr, Sa 10–16 Uhr
So und Feiertag 13–17 Uhr

In allen Kunsthandlungen werden die derzeit gültigen Abstands- und Hygieneregelungen eingehalten.

bamberger-antiquitaeten.de

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